Wahlomat, Laschomat und Co.

Diese Webseiten helfen bei der Wahl-Entscheidung

Veröffentlicht: 10.09.2021 | Geschrieben von: Markus Gärtner | Letzte Aktualisierung: 10.09.2021
Wahlplakate

Die Wahl zum neuen Bundestag steht am 26. September an und ein Großteil der deutschen Bevölkerung weiß schon, welchen Kandidaten und Parteien sie ihre Stimmen geben. Laut einer aktuellen Spiegel-Umfrage ist aber gut ein Fünftel noch unentschlossen. Für alle, die noch nicht wissen, an wen ihre Kreuze gehen sollen und alle, die ihre Tendenz prüfen möchten, haben wir verschiedene Webseiten zur Entscheidungshilfe unter die Lupe genommen und jede Menge Alternativen zum Klassiker Wahlomat gefunden. Das Grundprinzip ist bei den meisten gleich: Die Nutzer antworten auf Fragen aus verschiedenen Politfeldern, ihre Antworten werden mit den Aussagen der Parteien abgeglichen und am Ende erhalten sie eine individuelle Auswertung, wie groß die jeweilige Übereinstimmung mit den einzelnen Parteien ist. 

Klassiker Wahlomat: Beliebt, aber auch kritisiert

Der Wahlomat der Bundeszentrale für politische Bildung ist die Urmutter – quasi die Angela Merkel – derartiger Entscheidungshelfer und erfreut sich immer mehr Beliebtheit: Zum Start 2002 nutzten rund 3,6 Mio. Bürger das Tool, 2017 waren es schon 15,7 Mio., so eine Statista-Grafik. In 38 Thesen kann der Nutzer seine Positionen mit 39 von 40 Parteien mit einer Landesliste abgleichen, dabei wird betont, es sei „keine Wahlempfehlung, sondern ein Informationsangebot über Wahlen und Politik“. Allerdings stand und steht das Hilfsangebot auch immer wieder in der Kritik: 2019 musste der Wahlomat zur EU-Wahl sogar vom Netz, weil sich die Kleinpartei Volt benachteiligt sah. Auch die zur Auswahl stehenden Themen werden kritisiert: So kommt etwa Kulturpolitik gar nicht vor.

Dein Wal und Wahlometer: Wie haben die Parteien wirklich abgestimmt?

Besser machen als der Wahlomat wollen es Dienste wie Dein Wal und der Wahlometer von Democracy. Beide basieren nicht wie der Wahlomat auf den Plänen der Parteien in ihren Wahlprogrammen, sondern darauf wie sich SPD, CDU und Co. in echten Abstimmungen positioniert haben. Beide Services greifen dafür auf die Abstimmungen des vergangenen Bundestages von 2017 bis 2021 zurück, der Wahlometer verlinkt auch noch die Originaldokumente wie Gesetzesentwürfe und Beschlussempfehlungen. Dein Wal ist ein privates Projekt, der Wahlometer wird von dem Verein Democracy betrieben und durch Crowdfunding und Spenden finanziert.

Wen wählen bei Steuern, Arbeit, Klimaschutz, Gleichberechtigung, Digitalisierung?

Wer bei seiner Wahl besonderen Wert auf bestimmte Themengebiete legen will, kann spezifizierte Entscheidungshelfer zurate ziehen:

  • Wie viel Steuern kann ich mit welcher Partei einsparen – Antwort auf diese Frage verspricht der Steueromat des Unternehmens smartsteuer GmbH, das u.a. Hilfe bei der digitalen Steuererklärung bietet. Wenn man anonym persönliche Daten wie Jahresbruttolohn, Ehe- und Kinderstatus angegeben hat, liest man, wie viel Netto mehr man haben würde – wenn die Parteien ihre Angaben einlösen können/wollen. Denn die Berechnung stammt aus den Infos der Wahlprogramme und einigen Annahmen des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. Aufgelistet werden nur die aktuell im Parlament vertretenen Parteien. Stichwort Realisierbarkeit: Experten des Ifo-Institutes haben laut Welt die Partei-Steuerpläne analysiert. Ergebnis: Es sei „sehr unwahrscheinlich“, dass die versprochenen Reformen nach der Wahl tatsächlich umgesetzt werden bzw. werden können.

  • Wer die Gebiete Arbeit, Gesundheit, Familie, Kinder und Migration besonders gewichten will, sollte den Sozialomat von der Diakonie Deutschland ansteuern. Der Kirchen-Wohlfahrtsverband fragt in seinem Angebot u.a. nach dem staatlich geförderten Arbeitsmarkt und liefert zu jedem Gebiet Hintergrundinformationen sowie ein kurzes Beispiel einer davon betroffenen Person – unklar dabei ist, ob es fiktive oder reale Fälle sind. In der Auswertung erhält man auch hier nur die Ergebnisse der derzeit im Bundestag sitzenden Parteien.

  • Der Umweltschutz wird durch den Klimawandel immer mehr zum entscheidenden Faktor. Wer wissen will, wie die Parteien das Problem angehen wollen, klickt sich durch den Klimawahlcheck der Klima-Allianz Deutschland, des Vereins German Zero und des Naturschutzbundes Deutschland. Der grüne Wahlhelfer ist unterteilt in die Bereiche Energie, Mobilität, Industrie, Gebäude, Klimagerechtigkeit & Klimaziele sowie Landwirtschaft & Artenvielfalt.

  • Wen die Gleichstellung der Geschlechter, Inklusion sowie die Rechte aller sexuellen Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten besonders interessiert, sollte sich Wahltraut ansehen. Das Portal stammt von der Kampagne #stattblumen, die in der Coronakrise gegründet wurde und vor allem die strukturelle Benachteiligung von Frauen kritisiert hat. Auch die progressomaschine deckt Themen rund um Klimaschutz, Diskriminierung und den Gender Pay Gap ab. Erstellt wurde das Tool von einem Bündnis aus über 30 zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter u.a. Pro Asyl, Sozialhelden und Verdi.

  • Deutschland ist bei der Digitalisierung immer noch sehr analog aufgestellt, wie Gutachten und Umfragen immer wieder zeigen. Auch beim TV-Triell zwischen Scholz, Baerbock und Laschet spielte das Thema unfassbarerweise keine Rolle. Wie die Parteien Deutschland digitaler machen wollen und wie man selbst dazu steht, kann man im Bitkomat des Branchenverbandes Bitkom abgleichen. 

Spaßige Wahltools: Laschomat, Postillomat und Musikomat

Raimond Spekking / Wikimedia Commons, CC-BY-SA 4.0,

Wer sich durch alle Wahlomaten geklickt hat, darf sich dann etwas Entspannung mit den heitereren Versionen gönnen.

Wer wissen will, mit welcher Partei er oder sie in Sachen Hits auf einer Wellenlänge liegt, sollte den Musikomat des Musikstreamingdienstes Deezer ausprobieren. Die Parteien haben auf Fragen mit Musik-Titeln geantwortet. Im Musikomat heißt es dann unter anderem: „Wenn der Klimawandel „Hot in Here“ von Nelly wäre, was wäre Dein Song für die Mobilitätswende?“ Am Ende kommt man als „Belohnung“ zu den offiziellen Deezer-Playlists der Parteien – die der SPD soll dabei von Kevin Kühnert stammen.

Das Satireportal Postillon hat ebenfalls eine eigene Version des Wahlomaten gestartet und fragt dabei unter anderem, ob der Staat verstaatlicht werden solle. Macht Spaß!

CDU-Fans dürfte es weniger erfreuen, alle anderen dürften beim Laschomat zumindest mal grinsen – oder sogar so lachen wie bei Laschets unseligem Auftritt bei der Flutkatastrophe. Die Seite fragt den Nutzer nach einem ihm wichtigen Thema und lässt dann reale zufällige Zitate von Armin Laschet erscheinen, die gemeinsam mit einem Bild des CDU-Kandidaten zu einer Grafik gemacht und via Social Media geteilt werden können. Das Projekt wurde von der Marketingagentur Visualtech umgesetzt – ob deren Geschäftsführer Linus Junginger und Michael Ziegler einer Partei nahestehen, ist unklar. Den beiden anderen KanzlerkandidatInnen Baerbock und Scholz dürfte der Laschomat aber sicher nützen. Apropos Scholz: Es gibt auch einen „Scholzomaten“ – das ist allerdings keine lustige Webseite, sondern ein wenig schmeichelhafter Spitzname für den SPD-Mann, der ihm wegen seiner teils inhaltsleeren Ausdrucksweise verliehen wurde.

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