Kommentar

Zum Aussterben verdammt? – Der Katalog ist der Dino des Marketings

Veröffentlicht: 17.08.2022 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 17.08.2022
Dinosaurier vor brennendem Himmel

Kataloge sind für mich eine Kindheitserinnerung: Zuhause gehörten sie Ende der 80er und in den 90er Jahren quasi zur heimischen Standard-Deko. Es gab keinen Zeitpunkt, zu dem man nicht unter irgendwelchen Tischen, auf Ablagen oder Fensterbrettern irgendwelche Mode-, Spielzeuge- oder Einrichtungskataloge fand. Richtige Klopper waren das, die zum Teil Hunderte Seiten umfassten und damit nicht nur als Inspirationsquelle, sondern auch als Unterlage, Schreibhilfe oder Notizblock dienten.

Doch die Zeit der Kataloge ist vorbei. Sie sind die Dinosaurier, die Boomer der Marketing-Instrumente. 

Das Massensterben von Katalogen und Print-Werbung hat wohl spätestes das Aus des Otto-Katalogs im Jahr 2018 eingeläutet. Seither haben sich zahlreiche Unternehmen von ihren gedruckten Werbemitteln verabschiedet oder den Abschied angekündigt – zuletzt etwa die Baumarktkette Obi, der Lebensmittelhändler Rewe oder der Einrichtungsspezialist Manufactum.

Keine Zeit für Muße

Mal ganz davon abgesehen, dass die Preise der Rohstoffe zur Papierherstellung massiv gestiegen sind, ist es mit Blick auf die Klimakrise ein Unding geworden, mit Ressourcen um sich zu schmeißen, als gäbe es kein Morgen. Nachhaltigkeit wird vielerorts endlich zum Image-Aspekt, beeinflusst Kaufentscheidungen, hält Einzug in Lebens- und Unternehmensphilosophien.

Außerdem gibt es zwei weitere entscheidende Faktoren, die gegen Kataloge sprechen: die Schnelligkeit unserer Zeit und unsere Faulheit.

Um einen Katalog zu genießen, braucht man Ruhe, Gelassenheit und gaaaaanz viiiiiiieeeel Geduld. Wenn ich an Kataloge denke, denke ich an Menschen, die in einem bequemen Ohrensessel am Fenster sitzen, dem Zwitschern von Vögeln und dem Rascheln der Bäume lauschen, während sie gemächlich durch ein Papiermonster blättern. Einfach nur lachhaft, dieser Gedanke! Aber es zeigt die enge Verknüpfung zwischen Katalog-Marketing und langsamer Inspiration sowie Müßiggang. So viel Zeit hat doch keiner mehr?!

Geschwindigkeit als Norm der Zeit

Alles muss schnell gehen: die Suche nach Informationen, die Nahrungsaufnahme, Kommunikation oder Konsum. Wenn Sie früher auf 500, 800 oder gar 1.000 Seiten des Otto-Katalogs nach einer roten Vase gesucht haben, konnte das dauern und dauern. Heute spuckt Ihnen Google innerhalb von 0,2 Sekunden 3,4 Millionen Vorschläge aus. Über Google Shopping oder Amazon kann man innerhalb weniger Sekunden direkt kaufen. Fertig. Alles andere wäre viel zu anstrengend. Wozu also noch einen Katalog zur Hand nehmen, wenn das Handy die gleiche Arbeit, nur viel schneller und besser machen kann. So funktioniert Digitalisierung. Sie macht die Welt schneller.

Selbst Nostalgie kann den Katalog nicht retten

Natürlich hat das Katalogdurchblättern immer auch einen nostalgischen Faktor, was sich unschwer an meinen absurden Fenster-und-Ohrensessel-Gedanken zum Thema erkennen lässt. Allerdings wird das den Katalog in seiner ursprünglichen Form nicht retten. Denn der Zeitfaktor rammt den Nostalgiefaktor unangespitzt in den Boden.

Aber genau, wie Dinosaurier heutzutage ein Revival erleben und aus Kinderzimmern rund um den Globus nicht mehr wegzudenken sind, könnte das auch bei Kataloge oder Printprospekten der Fall sein, nur eben in anderer Form: Entweder als kurze und knackig eingedampfte Druck-Variante oder digital. Ein gutes Beispiel für eine solche Entwicklung liefert beispielsweise die Einkaufs-App Bring, die verschiedenste Supermarktprospekte in digitaler Variante in die App einbindet, sodass man Stöbern und das Einkaufszettel-Befüllen gleich in einem Rutsch hinter sich bringen kann. Mit dem Handy. Das ist hilfreich, immer griffbereit und tagesaktuell. Gänzlich aussterben werden Kataloge also womöglich nicht.

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Über die Autorin

Tina Plewinski
Tina Plewinski Expertin für: Amazon

Bereits Anfang 2013 verschlug es Tina eher zufällig in die Redaktion von OnlinehändlerNews und damit auch in die Welt des Online-Handels. Ein besonderes Faible hat sie nicht nur für Kaffee und Literatur, sondern auch für Amazon – egal ob neue Services, spannende Technologien oder kuriose Patente: Alles, was mit dem US-Riesen zu tun hat, lässt ihr Herz höherschlagen. Nicht umsonst zeigt sie sich als Redakteurin vom Dienst für den Amazon Watchblog verantwortlich.

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