Übernahme von Ausfallrisiko

Wie Factoring Händlern helfen kann, die Liquidität zu steigern

Veröffentlicht: 30.01.2019 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 30.01.2019
Factoring-Symbolbild

Zahlungsausfälle sind für Online-Händler das größte Ärgernis. Gerade in Deutschland sind die Händler dabei einem besonderen Risiko ausgesetzt, da der Rechnungskauf hierzulande bei den Kunden zu den beliebtesten Zahlungsmitteln gehört. Doch gerade damit müssen die Händler in manchen Fällen länger auf ihr Geld warten.

Um das Risiko von Zahlungsausfällen zu minimieren, können Händler das sogenannte Factoring nutzen. Dabei handelt es sich um eine Methode der Absatzfinanzierung, bei der der Händler seine Forderungen an ein Finanzierungsinstitut, den sogenannten Factor, verkauft. Der Händler erhält damit in der Regel sofort sein Geld, das Factoring-Institut übernimmt das Risiko. 

Factoring macht Schule

Inzwischen wissen auch immer mehr mittelständische Unternehmen über das Factoring Bescheid. „Insbesondere der Mittelstand hat Factoring in den letzten Jahres als starkes und alternatives Finanzierungsinstrument erkannt“, bescheinigt Finanzierung.com. Die Anzahl der Unternehmen, die Factoring nutzen, sei „rapide gestiegen“. Das bestätigt auch eine Erhebung des Deutschen Factoring-Verbandes: Demnach gab es im Jahr 2017 in Deutschland 36.280 Factoring-Kunden. Im Jahr zuvor waren es nur 27.250, im Jahr 2015 sogar 20.360. Damit ist die Zahl der Factoring-Kunden in zwei Jahren um rund 78 Prozent gestiegen.

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Aber nicht nur die Zahl der Unternehmen, die Factoring anbieten, steigt: Es gibt auch immer mehr Anbieter für diese Finanzierung auf dem Markt. Laut Finanzierung.com sind es über 250 Institute, die Factoring anbieten. Die Anbieter unterscheiden sich dabei vor allem hinsichtlich Mindestumsatz, Zinssatz, Factoring-Kosten oder auch die Branche, die sie bedienen.

Factoring ist nicht gleich Factoring

Es gibt auf dem Markt nicht nur eine Art, wie Factoring durchgeführt wird. Die Finanzierungsmethode bietet verschiedene Ansätze, wie das Ausfallrisiko auf das Factoring-Institut übertragen wird, z. B.:

  • Echtes Factoring: Die laut Finanzierung.com in Deutschland beliebteste Facotring-Art. Der Factor übernimmt dabei das vollständige Ausfallrisiko der Forderungen. Für den Händler bedeutet das langfristige Sicherheit und pünktliche Zahlungen.
  • Unechtes Factoring: Hierbei handelt es sich um eine in Deutschland selten angewandte Factoring-Art. Der Factoring-Kunde genießt hier keinen Zahlungsausfallschutz und trägt das Risiko des Forderungsausfalls weiterhin.
  • Offenes Factoring: Die transparente Methode, denn der Debitor wird über den Verkauf der Forderung informiert. Die Zahlung geht damit direkt an den Factor und erleichtert den Vorgang. Die Kombination aus echtem und offenem Factoring ist laut Finanzierung.com die häufigste Factoring-Methode in Deutschland.
  • Stilles Factoring: Debitoren werden nicht über den Verkauf der Forderungen informiert. Das stille Factoring ist etwas teurer und wird in Deutschland seltener genutzt.
  • Full-Factoring: Hier wird die Debitorenbuchhaltung komplett an den Factor ausgelagert. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen nutzen diese Factoring-Art gerne, da die gesamte Debitorenbuchhaltung von Spezialisten übernommen wird. Der Händler kann sich somit stärker auf sein Geschäft konzentrieren.

232,4 Milliarden Euro Umsatz weltweit

Wie groß der Factoring-Markt in Deutschland ist, zeigt sich auch an den Umsatzzahlen. Im Jahr 2017 betrug das Umsatzvolumen der deutschen Factoring-Branche 232,4 Milliarden Euro, wie das FCI laut Statista ermittelt hat. Weltweit setzte die Branche 2017 sogar 2,59 Billionen Euro um. Im Vergleich zum Jahr 2016 waren das sogar 200 Milliarden Euro mehr.

Das Factoring kommt dabei vor allem bei B2B-Verkäufen zum Einsatz. Im B2C-Handel erfreut sich das Prinzip aber auch immer größerer Beliebtheit: 2017 betrug das Umsatzvolumen im B2C-Factoring in Deutschland 12,2 Milliarden Euro. Im Jahr zuvor waren es noch 6,3 Milliarden und im Jahr 2013 gerade einmal 1,7 Milliarden Euro.

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Von dieser Entwicklung will beispielsweise auch die Santander-Bank profitieren: Anfang des Jahres verkündete das Institut, dass man mit dem Rechnungskauf und dem Ratenkauf zwei neue Factoring-Produkte im Angebot habe. „Innerhalb kürzester Zeit wird das Geschäft ohne Legitimation und Unterschrift abgeschlossen“, erklärt Tobias Niederau, Bereichsleiter Consumer Finance Services der Santander Consumer Bank AG. „Damit können Konsumenten die bestellte Ware, wie von ihnen bevorzugt, vor der Zahlung prüfen und bewerten, während Shop-Betreiber durch die werktäglich garantierte Auszahlung ihre Liquidität erhöhen und ihr eigenes Risiko bei Ausfall oder Betrug minimieren.“

Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

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Kommentare  

#2 Heiko Walter 2019-02-16 20:11
Hallo Zusammen,

inhaltlich will ich nur noch eine Kleinigkeit hinzufügen. Besonders schwierig wird es wenn ein Protfolio aus BtoB und BtoC Forderungen verkauft werden soll. Hier gibt es leider nur sehr wenige Anbieter. Eine Lösung kann es sein, wenn man in den Prüfprozess des Onlineshops eine Kreditversicher ung implementiert. Vieles ist möglich.
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#1 sandra 2019-01-31 08:45
Und wenn der Kunde einmal nur widerspricht (ob berechtigt oder nicht), will der Factor sein Geld zurück.

Die Ausfallsichetun g, Garantie oder Risikoübernahme ist meiner Erfahrung nur Fake.

Der Factor übernimmt am Ende eh nur Kunden, die zuverlässig sind. Dafür brauch ich aber keinen Factor!
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