Interview mit Heidelpay-Chef Mirko Hüllemann

„Die PSD2 spielt uns in die Hände“

Veröffentlicht: 06.05.2019 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 06.05.2019
Payment am Laptop

Ziemlich genau 100 Tage sind seit der endgültigen Übernahme der Universum Group durch Heidelpay vergangen. Grund genug, mit Heidelpay-Gründer und -Geschäftsführer Mirko Hüllemann über den Stand des Übernahmeprozesses zu sprechen. Aber auch darüber, was im Payment-Bereich in den kommenden Monaten auf uns zu kommt. Weitere Neuerungen mit der EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 werfen ihre Schatten voraus und das Mobile Payment wird zusehends relevanter.

OnlinehändlerNews: 100 Tage Heidelpay und Universum: Wie läuft die Übernahme der Universum Group?

Mirko Hüllemann: Bisher sehr gut! Aber wie sollte es auch anders sein: Im Grunde arbeiten wir bereits mehrere Jahre eng zusammen. Unser Zeitplan geht insgesamt sehr gut auf, denn die Teams kannten sich ja auch schon. Marketing und Vertrieb sind so gut wie verheiratet und auch die IT arbeitet an der Umsetzung von ersten “offiziellen” gemeinsamen Projekten. Für unsere Kunden ist es selbstverständlich super, weil sie ohne Zutun mehr Angebot aus einer Hand bekommen.

Heidelpay und Universum sind keine Fremden, seit Jahren arbeiten die Unternehmen zusammen. Warum hat man sie zusammengeführt? Welche Vorteile bieten sich dadurch?

Das stimmt, unsere Unternehmen arbeiten seit Jahren sehr gut zusammen – die Zusammenführung war dann eine logische Konsequenz. Die Synergien bei einem Zusammenschluss waren sehr offensichtlich: Die Heidelpay will wachsen und sich breiter am Markt aufstellen. Die Universum Group hatte ein spannendes Portfolio mit begehrten Zahlungsarten, wie White-Label-Rechnungs- und Ratenkauf zu bieten – genau das, was wir gesucht hatten. Zusammen haben wir eine starke Position am Markt.

Sichere Arbeitsplätze

Wie viel Universum steckt denn nun in Heidelpay und wie viel Universum wird in einem Jahr in Heidelpay stecken? 

Mirko Hüllemann von Heidelpay

Das ist schwierig zu sagen, denn wir sehen das Ganze als Prozess und versuchen das Beste von beiden Seiten zu übernehmen. Es zeichnet sich aber ab, dass die Fachabteilungen an jeweils einem Standort einen „Hauptsitz” bekommen, damit die Steuerung optimal verläuft. Und das muss nicht immer zwingend Heidelberg sein. Was beispielsweise das äußere Erscheinungsbild betrifft, da geht unsere Präferenz Richtung Heidelpay Group Branding – es soll schon erkennbar sein, wer zur Heidelpay gehört und wer nicht.

Hatte bzw. hat der Prozess Einfluss auf Arbeitsplätze?

Nein, im Gegenteil: Wir brauchen bei unserem Wachstums-Vorhaben alle Mitarbeiter und freuen uns, dass wir so viel Know-how dazugekauft haben. In Zukunft können wir sogar Arbeitnehmer aus dem Großraum Frankfurt einstellen, das verschafft uns sogar einen Vorteil.

Was bedeutet die Übernahme für die strategische Ausrichtung? Wie stellt sich die Heidelpay Group dieses Jahr auf?

Die Zeichen stehen klar auf Wachstum! Wir wollen ein noch umfangreicheres Angebot an Zahlungsarten anbieten. Online-Händler wollen Rundum-Sorglos-Pakete und einen einzigen Anbieter, bei dem sie die lokal präferierten Zahlungsarten vorfinden. Wir definieren uns als All-In-One-Payment-Provider.

Universum ist Spezialist für den Rechnungskauf. Spielte bei den Überlegungen zur Übernahme auch die PSD2 eine Rolle? Sie sagen selbst, dass die Rechnung der große Gewinner der EU-Zahlungsdiensterichtlinie ist.

Natürlich ist die Berücksichtigung der PSD2 in unsere Entscheidung eingeflossen, die Universum zu übernehmen – die Direktive spielt uns quasi in die Hände. Wir gehören, so wie wir jetzt strategisch aufgestellt sind, zu den Gewinnern der PSD2. Allerdings reicht es meiner Meinung nach als Payment Service Provider nicht aus, „nur” den Rechnungskauf in das eigene Produktportfolio aufzunehmen. Vielmehr ist es wichtig, dass wir uns mit dem Ratenkauf und der gesicherten Lastschrift möglichst breit aufstellen.

Die PSD2 birgt Chancen für Händler

Apropos PSD2: Das Thema ist ja noch nicht vom Tisch, 2019 stehen weitere Änderungen wie die Strong Customer Authentification oder der geplante Free Access zum Bank Account an. Welche Vorteile, aber auch Nachteile kommen damit auf Online-Händler (und auch die Kunden) zu?

Die Strong Costumer Authentification soll den elektronischen Zahlungsverkehr insgesamt sicherer machen. Dieses Ziel wird zwar erreicht, doch ist fraglich, wie notwendig das war. Die Betrugsprävention bei elektronischen Zahlungen war schon sehr weit fortgeschritten und extrem effektiv. Die Auswirkungen auf den Komfort und die Geschwindigkeit könnten deutliche Nachteile für Händler in den Konversionsraten nach sich ziehen und die Marktmacht weiter zu den E-Commerce-Riesen wie Amazon, Zalando und Co verschieben. Diese haben über die „Trusted Beneficiary“-Ausnahmeregelung die Möglichkeit, die Strong Costumer Authentification für den Zahlungsprozess auf ihren Portalen zu umgehen, vorausgesetzt der Kunde hat eingewilligt.

Für kleinere Händler wird es deutlich schwieriger, seine Kunden für dieses Thema zu gewinnen. Abhilfe können hier die sogenannten Pay-Later-Methoden – Lastschrift, Rechnungs- und Ratenkauf – schaffen. Für den Rechnungskauf wird keine Strong Costumer Authentification benötigt und das Lastschriftverfahren (und damit auch der Ratenkauf) wurden erst kürzlich offiziell durch die BaFin von der Strong Costumer Authentification befreit. Über den Zugriff auf das Bankkonto kann für diese Verfahren auch das Risiko eines Zahlungsausfalls sehr effektiv abgeschätzt werden – womit die Verfahren für Händler plötzlich deutlich an Attraktivität gewinnen, den richtigen Dienstleister für die Abwicklung vorausgesetzt. Für Händler wird damit der angebotene Mix an Zahlungsarten noch wichtiger, weil er sich nun noch stärker als bisher auf die Konversionsrate auswirkt. Daneben wird sich der europäische Binnenmarkt ebenfalls weiter öffnen. Auch dies birgt für Händler in Deutschland enorme Chancen, sich zu internationalisieren. Mit dem SEPA-Raum und der nun einheitlichen Regelung für elektronische Zahlungen sind im Zahlungsverkehr die Weichen dafür gestellt.

Was bedeutet das für Sie bei Heidelpay? In welchem Umfang müssen Prozesse und Arbeitsabläufe angepasst und überdacht werden? Wie verändert die PSD2 die Arbeit und das Angebot von Heidelpay?

In erster Linie rechnen wir mit mehr Kunden, weil wir den Online-Händlern einen großen Teil der Arbeit abnehmen. Spätestens jetzt sollte man die Zahlungsabwicklung wirklich einem Fachmann überlassen. Natürlich müssen auch wir bei Heidelpay alle Neuerungen beachten, aber ehrlicherweise sind wir erstens so dynamisch aufgestellt, dass wir schnell Prozesse umstellen können und zweitens haben wir durch unsere Bafin-Lizenz jahrelange Erfahrung im Umgang mit den höchsten Datenschutz-Standards. Daher sehe ich auf unserer Seite keine großen Probleme.

Ein weiteres heißes Payment-Eisen ist aktuell Apple Pay und generell Mobile Payment. Gefühlt ist der Hype gerade aber wieder etwas abgeflaut. Wie verändert der Trend künftig die Branche? Kommt hier Bewegung in den Payment-Mix oder ist das ein Nischen-Ding für Digital Natives?

Die Erfolgswelle von Apple Pay ist in den vergangenen Wochen abgekühlt. Trotzdem ist das Thema Mobile Payment generell natürlich enorm zukunftsträchtig. Ich denke, dass es hier sogar noch einen Schritt weitergehen wird. Die Zukunft sehe ich bei dem Einsatz von biometrischen Kennzeichen beim Bezahlvorgang. Im Gegensatz zu den anderen Zahlverfahren wird hierbei keine extra Hardware benötigt um den Vorgang zu bestätigen. Vielmehr basiert die Erkennung auf biometrischen Kennzeichen, wie Fingerabdruck oder Gesichtserkennung. Das Zahlverfahren, mit den einmal gespeicherten Kennzeichen und Daten, ist besonders im Omnichannel eine zukünftige Variante. Einmalig hinterlegte Daten sind dann sowohl am Point of Sale als auch online verifiziert, auf diese kann jederzeit zugegriffen werden. Mit der Ergänzung von biometrischen Merkmalen erhöht sich die Sicherheit bei der Kundenauthentifizierung, und das wird für den Verbraucher das Einkaufserlebnis stark vereinfachen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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