Ermittlungen auf den Philippinen

Wirecard-Geschäftspartner soll plötzlich gestorben sein

Veröffentlicht: 07.08.2020 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 07.08.2020
Wirecard-Zentrale

Ein mutmaßlicher Todesfall mit einer möglichen Verbindung zum Wirecard-Skandal wirft derzeit Fragen auf: Eine Traueranzeige in einer deutschen Regionalzeitung informierte über den Tod des 44-jährigen Christopher B., der plötzlich verstorben sein soll. B., so berichtet unter anderem die Süddeutsche Zeitung, war „eine der zentralen Figuren in der Wirecard-Affäre, einer der wichtigsten Helfer im dubiosen asiatischen Firmen- und Finanzgeflecht“ des inzwischen insolventen Unternehmens. 

Gestorben sein soll Christopher B. in der philippinischen Hauptstadt Manila. In dem Land betrieb B. ein Busunternehmen und war Eigentümer von Payeasy, einem der wichtigsten Geschäftspartner von Wirecard – zumindest auf dem Papier. Payeasy soll der Bilanz 2018 zufolge rund 300 Millionen Euro zum Wirecard-Konzernumsatz beigetragen haben. Ob dieses Geld tatsächlich existierte, ist heute mehr als ungewiss.

Handelt es sich bei dem Toten tatsächlich um Christopher B.?

Gegen B., der vor seiner Auswanderung in die Philippinen bei Wirecard gearbeitet hatte, und seine Frau ermittelten die philippinischen Behörden, nachdem der Wirecard-Schwindel aufflog. Die Rolle von Payeasy im Skandal um den deutschen Zahlungsdienstleister soll aufgeklärt werden. 

Doch nun gehe es auch erst einmal darum, sicherzustellen, dass es sich bei den Toten tatsächlich um Christopher B. handelt. Zudem frage man sich in Behördenkreisen, ob es sich um einen natürlich Tod gehandelt habe. Der philippinische Justizminister Menardo Guevarra erklärte gegenüber der Financial Times, er müsse „zuerst feststellen, ob die verstorbene Person dieselbe Person ist, die Gegenstand der laufenden Untersuchung ist“.

Grund zum Misstrauen hat Guevarra durchaus: Vor einigen Wochen hieß es, der untergetauchte Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek, der maßgeblich in dem Skandal verstrickt sein soll, halte sich auf den Philippinen auf. Tage später wurde bekannt: Beamte seien bestochen worden, um die Ein- und Ausreisedokumente zu fälschen.

Mitarbeiter wollen Betriebsräte gründen

In Deutschland sorgen sich die Mitarbeiter der Wirecard-Töchter derweil um ihre Arbeitsplätze. Wie der Spiegel berichtet, wollen sie nun Betriebsräte gründen – die Gewerkschaft Verdi habe die Geschäftsführungen aufgefordert, ihre Belegschaften zu entsprechenden Wahlversammlungen einzuladen. Konkret gehe es um die Wirecard Bank, sowie die Wirecard Service Technologies und Wirecard Acceptance Technologies, die zusammen einige hundert Menschen beschäftigen.

Sollte es um Betriebsschließungen infolge der Wirecard-Insolvenz kommen, könnten Betriebsräte Verhandlungen über Sozialpläne führen. Die Verdi hoffe, dass es beim insolventen Mutterkonzern zu einem „Nachahmungseffekt“ kommt und auch hier ein Betriebsrat gewählt werde. Der Konzern beschäftigt weltweit 5.800 Mitarbeiter, die in einer komplizierten Struktur von über 40 Tochtergesellschaften organisiert sind. Allein in der Aschheimer Konzernzentrale sind laut Jahresbilanz 2018 elf deutsche Tochterunternehmen ansässig.

Singapur verklagt Wirtschaftsprüfer

Der Wirecard-Skandal zieht unterdessen auch international weitere Kreise. Singapur hat nun einen Direktor einer lokalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verklagt, berichtet Bloomberg. Dem 54-jährigen R. Shanmugaratnam werde „vorsätzliche und mit Betrugsabsichten durchgeführte“ Dokumentenfälschung in vier Fällen vorgeworfen. In den Dokumenten habe Shanmugaratnam gegenüber Wirecard erklärt, dass seine Firma „mehrere Zehnmillionen Euro“ in Treuhandkonten halte. 

Es ist die erste Anklage in Singapur gegen eine mutmaßlich in den Skandal verwickelte Person. Bereits im letzten Jahr waren die örtlichen Büros von Wirecard durchsucht worden, nachdem ein Mitarbeiter Verstöße in der Buchhaltung gemeldet hatte. Shanmugaratnam befindet sich derzeit gegen Kaution in Höhe von 150.000 Singapur-Dollar (knapp 92.500 Euro) auf freiem Fuß. Sollte er schuldig gesprochen werden, drohen ihm Bloomberg zufolge 10 Jahre Haft – für jeden der vier gegen ihn erhobenen Anklagepunkte.

Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

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