Sparkassen, Paydirekt & Komfortregistrierung: Gut gemeint, doch schlecht gelaufen

Veröffentlicht: 25.08.2017 | Geschrieben von: Julia Ptock | Letzte Aktualisierung: 25.08.2017

Über Paydirekt, bzw. die Sparkassen, liest man aktuell nicht viel Gutes. Von „Zwangsregistrierung“ und AGB-Änderungen ist die Rede. Wir haben mit Alexander von Schmettow, Pressesprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverband e.V. (DSGV), über die Problematik gesprochen.

Paydirekt auf Smartphone
© Paydirekt

Es ist gerade keine schöne Zeit für Paydirekt. Die Payment-Variante der deutschen Banken und Sparkassen feiert die Tage zwei jähriges Bestehen. Eigentlich sollte gefeiert werden, doch stattdessen hagelt es Kritik. Grund dafür ist eine Aktion der Sparkassen, die seit Anfang August ausgewählte Kunden anschreiben und ihnen mitteilen, dass „paydirekt ab Ende Oktober Bestandteil des Girokontos wird, wenn sie der AGB-Änderung nicht bis dahin widersprechen.“

Das Medien-Echo auf die Aktion ist enorm und nicht gerade gut. Von „Zwangsbeglückung“ und „Zwangsregistrierung“ ist die Rede. Solche Begriffe schlagen riesige Wellen, der Focus veröffentlichte erst vor Kurzem einen Artikel mit Leser-Reaktionen, die alles andere als positiv ausfallen. Die Frage, die sich da stellt: Wie viel Anteil haben die Medien daran, dass Sparkassen-Kunden und auch Nicht-Betroffene auf das Vorgehen der Sparkassen so reagieren? Wie viel hat das Wort „Zwang“ dazu beigetragen?

„Ich sehe hier keinen Zwang.“

Spricht man mit verantwortlichen bei Paydirekt, die sich offiziell nicht dazu äußern wollen, hört man schnell den Frust über die Begrifflichkeiten heraus. Die Darstellung, so heißt es immer wieder, ist faktisch falsch. Und so langsam beginnt eine umfassendere Berichterstattung der Medien – t3n hat zuletzt ihren Artikel um die Stellungnahme des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e.V. erweitert. Auch wir haben mit Alexander von Schmettow, Pressesprecher des DSGV, über die Problematik und die Vorwürfe gesprochen.

Auf die Frage hin, wie es sich mit der Registrierung der Sparkassenkunden verhält – ob wirklich von „Zwang“ die Rede sein kann oder ob es sich nicht, wie es der DSGV nennt, um eine „Komfort-Registrierung“ handelt, erklärt Schmettow wie folgt:

„Anfang August haben rund 2,7 Mio. Kunden der Sparkassen, die gewisse Kriterien erfüllen (Online-Konto/noch nicht für paydirekt registriert/Kunde einer Sparkasse mit elektronischem Postfach 2.0 usw.) eine Nachricht in ihrem elektronischen Postfach erhalten, dass paydirekt ab Ende Oktober Bestandteil des Girokontos wird, wenn sie der AGB-Änderung nicht bis dahin widersprechen. Neuer Nutzer von paydirekt werden die Kunden durch die AGB-Änderung jedoch nicht. Das ist erst dann der Fall, wenn die Kunden den Aktivierungslink in der Nachricht öffnen und sich selbst ein Passwort vergeben. Wir sprechen daher auch von "Komfortregistrierung", weil das Anmeldeformular für die Registrierung von paydirekt bereits von den Sparkassen vorausgefüllt wurde. Zu diesem Zweck werden die Stammdaten an die paydirekt GmbH übermittelt.

Insofern ist es auch abwegig, von einem Zwang zu sprechen. Wer kein paydirekt nutzen möchte, ignoriert die Nachricht schlicht und ergreifend. Wer nicht mal möchte, dass zwecks einer Vorregistrierung seine Stammdaten übermittelt werden, kann der AGB-Änderung jederzeit widersprechen. Ich sehe hier keinen Zwang.“

Aus dem Statement geht hervor, dass es sich bei dem Vorgehen der Banken kaum um eine Registrierung im Allgemeinen handelt. Es wird ein inaktives Paydirekt-Nutzerkonto angelegt, das mit einem selbst gewählten Passwort und einem Klick vom Nutzer bestätigt und damit aktiviert werden muss.

Hessischer Landesdatenschutzbeauftragter prüft das Verfahren

Natürlich wirft das Verfahren Fragen auf. Beispielsweise ist es fraglich, ob die Datenweitergabe der Kunden an die Paydirekt GmbH mit einer AGB-Änderung, die automatisch wirksam wird, wenn nicht widersprochen wird, so wirklich in Ordnung ist. Schließlich geht es hier um äußerst sensible Daten der Nutzer. Entsprechend ist es wenig verwunderlich, dass sich bereits die Landesdatenschutzbeauftragten von Hessen und Thüringen mit dem Fall befassen. Darauf angesprochen erklärt Schmettow:

„Wir können bestätigen, dass es sowohl bei der paydirekt GmbH als auch beim DSGV aufgrund einer Medienrecherche eine Anfrage des Hessischen Landesdatenschutzbeauftragten eingegangen ist. Den Prozess der Komfortregistrierung hat eine renommierte Anwaltskanzlei im Vorfeld umfassend in zivil-, aufsichts- und datenschutzrechtlicher Hinsicht geprüft. Die Kanzlei kam zu dem Ergebnis, dass die Umsetzung der Komfortregistrierung den rechtlichen Anforderungen entspricht.

Wir sind insofern überzeugt, dass der Prozess den geltenden Datenschutzbestimmungen entspricht und stehen mit dem Landesdatenschutzbeauftragten hierzu im Austausch.“

Man zeigt sich kämpferisch und selbstbewusst. Alles sei in bester Ordnung. Ob es das tatsächlich ist, werden die Landesdatenschutzbeauftragten beurteilen. Dennoch haben die Sparkassen Paydirekt keinen Gefallen getan. Kurz vor dem zweiten Geburtstag des Payment-Systems mit so vielen Negativ-Schlagzeilen konfrontiert zu sein, kann die Stimmung schon mal ordentlich verderben.

Sind 1,3 Millionen Kunden nach zwei Jahren genug?

Und doch gibt das Verhalten der Sparkassen ein Stück weit einen Blick auf den aktuellen Stand von Paydirekt wieder. Nach Angaben der Paydirekt GmbH gibt es bisher 1,3 Millionen Kunden (Stand August 2017). Paydirekt selbst zählt das als Erfolg. Dass man noch nicht da sein kann, wo sich aktuell beispielsweise Paypal befindet, ist logisch, schließlich ist Paypal auch seit mehr als zehn Jahren am deutschen Markt aktiv. Und dennoch wirkt das Vorgehen ein Stück weit verzweifelt. Warum geht man diesen Weg? Laut Schmettow ist folgendes der Grund:

„Bei der Analyse der Entwicklung von paydirekt ist aufgefallen, dass der bisherige Registrierungsprozess zu aufwändig war. Viele Kunden haben es offenbar als störend empfunden, dass sie bei einer Anmeldung für paydirekt Daten angeben müssen, die die Sparkasse doch ohnehin kennt. Genau das haben wir bei der Komfortregistrierung den Kunden nun abgenommen. Mit der Komfortregistrierung haben alle Institute der Sparkassen-Finanzgruppe ein Angebot erhalten, ihren Kunden den Zugang zu paydirekt als kostenlose Funktion des Girokontos noch einfacher zu ermöglichen.“

Die Grundidee, den Kunden die Registrierung so einfach wie möglich zu machen, ist eigentlich eine gute Sache. Das Anmelden über Facebook oder Google bei anderen Diensten hat sich schließlich auch etabliert und wird von vielen Nutzern bereitwillig angenommen. Datenweitergabe ist hier kein Problem. Und vielleicht wäre es das auch nicht bei den Sparkassen und Paydirekt – doch der Payment-Dienst wirbt mit Datensicherheit als Alleinstellungsmerkmal. Die Weitergabe von sensiblen Daten bzw. Stammdaten der Kunden durch die Sparkassen an Paydirekt beschädigt dies und dürfte den Vertrauensvorschuss, denn Paydirekt bei (potenziellen) Kunden genießt, erheblich dezimiert haben.

Es bleibt demnach abzuwarten, wie stark Paydirekt am Ende von der „Komfort-Registrierung“ profitiert haben wird. Denn selbst wenn die Nutzer das Konto aktivieren, müssen sie es im besten Fall auch nutzen. Denn Nutzerzahlen sind das eine, Transaktionsvolumen und so weiter das andere. Zu letzterem hält man sich bei Paydirekt bisher bedeckt. Der Grund, so heißt es, liegt in den Etappen, die das Unternehmen geht. Stand zu Beginn vor allem die Händler-Anbindung im Vordergrund, hat sich der Fokus mittlerweile zur zweiten Etappe hin verschoben und die heißt Kundengewinnung. Wenn man dann sowohl auf Käufer- als auch Verkäufer-Seite gut aufgestellt ist und man genug Bandbreite besitzt, werden die Käuferaktivierung und damit transaktionsbezogene Maßnahmen hinzukommen – so zumindest der Plan. Ob dieser aufgehen wird, wird sich in naher Zukunft zeigen.

 


In der kommenden September-Ausgabe unseres Onlinehändler Magazins haben wir uns ausführlich mit Paydirekt und dem aktuellen Stand des Payment-Dienstes beschäftigt. Sobald das Magazin verfügbar ist, werden wir den entsprechenden Link dazu hier hinterlegen. Bis dahin können Sie sich die bisher erschienen Ausgaben hier ansehen und herunterladen.

Kommentare  

#4 Thomas Meyer 2017-08-28 10:59
Was passiert wenn man den Techniker auf die Kunden loslässt und versucht das Malheur mit PR-Gibberish zu überdecken? Siehe oben. ;)

Sorry, aber das ganze Paydirektdebake l ist für mich DAS aktuelle Beispiel, wenn es darum geht wie man ein Projekt bestmöglich in den Sand setzt. Die Einführung, die Umsetzung und das Ergebnis ist die ganze Zeit über zwischen einem (nach außen hin so wirkenden) Tauziehen zwischen Werbetreibenden (?) und der Führungsebene "die endlich mal Ergebnisse sehen will" geprägt. 'Ne Provinzbank macht Provinztheater - sorry, wenn man es so hart sagen muss.
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#3 Hans-Jürgen Heinicke 2017-08-28 08:52
Meine Erfahrung ist, das Paydirekt kein Interesse an Händlern hat. Ein Anfrage über die Kosten für Händler gleich beim Start von Paydirekt ist bis heut unbeantwortet.
Eine Alternative zu Paypal wäre aber nicht schlecht.
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#2 Markus Riedl 2017-08-28 08:48
Diese "Komfortregistr ierung" mit "Abmelden über Facebook zu vergleichen funktioniert nicht. Bei einer Anmeldung mit Facebook agiert der Nutzer aktiv und gibt Facebook seine Zustimmung, dass Daten weitergegeben werden.
Bei Paydirekt ist es umgekehrt. Die Daten des Users werden ohne Zustimmung weitergegeben. Im Gegenteil! Der User muss der Weitergabe der Daten widersprechen. Trotzdem sind die Daten erst einmal bei Paydirekt. Wer garantiert die Löschung, wenn widersprochen wird.
Ich finde das Vorgehen sehr fragwürdig.
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#1 Mario Braune 2017-08-28 08:18
Paydirekt sollte sich m.E. besser um vereinfachte Anmeldungen für Händler, und vor allem wettbewerbsfähi ge Konditionen kümmern. Wir betreiben einen Shop mit einigen tausend Bestellungen im Jahr, unsere Bank versucht regelmäßig uns für paydirekt zu gewinnen, der Anmeldeprozess ist allerdings eine Zumutung und die angebotenen Konditionen unterirdisch.
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