Löwenbändiger & Beutetiere

Wie die „Höhle der Löwen“ das Leben von Gründern verändert

Veröffentlicht: 27.08.2019 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 26.08.2019
Sleeperoo in der Höhle der Löwen

Eine große, doppelflügige Tür, gefolgt von einem gehegeartigen Gang und dann schließlich der Raum mit der Empore und fünf Sesseln, in denen sie sitzen: Die Löwen. Fünf Investoren, die Woche für Woche von ambitionierten Jungunternehmern und selbstsicheren Gründern überzeugt werden wollen. In dieser „Höhle der Löwen“, deren nächste Staffel am 3. September startet, sind in den vergangenen fünf Jahren bereits einige Erfolgsgeschichten entstanden.

MeineSpielzeugkiste gehört beispielsweise zu den großen Gewinnern der Sendung: Seit seinem Auftritt im Jahr 2014 konnte sich das Unternehmen mit seinem Miet-Modell für Spielzeug am Markt etablieren. In der Sendung erhielt MeineSpielzeugkiste ein Investment von insgesamt 200.000 Euro von Frank Thelen und dem inzwischen Ex-Löwen Jochen Schweizer. Thelen verdoppelte nach der Aufzeichnung sein Investment nochmal und bescherte dem jungen Unternehmen damit ein Gesamtinvestment von 300.000 Euro aus dem DHDL-Auftritt.

Dieses Beispiel zeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen den Gründern und den Investoren nach der Sendung nicht endet, sondern gerade erst beginnt. „In den Wochen und Monaten von der Aufzeichnung bis zur Ausstrahlung arbeiten wir intensiv mit den Gründern am Produkt, der Produktion, dem Vertrieb, dem Online-Shop und dem Aufbau ihres Teams, um sie auf den Ansturm durch die DHDL-Ausstrahlung vorzubereiten“, erklärt Investor Frank Thelen. „Nach der Ausstrahlung konzentrieren wir uns dann zu 100 Prozent auf einen nachhaltigen Marken- und Unternehmensaufbau.“ Der MeineSpielzeugkiste-Gründer Florian Spathelf zeigte sich in einem Interview mit dem StartUp-Magazin Gründerszene von dem Engagement der Löwen überrascht: „Wir dachten, die Löwen haben nach der Show noch weniger Zeit als sonst – aber das Gegenteil war der Fall. Frank kniet sich mit seinem fünfköpfigen Team seit Monaten in die Entwicklung der neuen Webseite rein und hat unseren Auftritt fundamental verbessert.“

Der richtige Gründer mit der richtigen Idee

Thelen Frank Portrait 01

Nicht jeder Gründer überzeugt die Investoren aber von sich und seiner Geschäftsidee. Immer wieder werden auch die selbstsichersten Unternehmer von den Löwen links liegen gelassen. Frank Thelen sucht bei den Gründern und Ideen vor allem nach Innovationen, wie er im Interview verrät: „Ein herausstechendes Produkt, ein starkes, sich ergänzendes Gründerteam und einen ‚unfairen Vorteil‘, um sich am Markt durchzusetzen“ müsse ein StartUp mitbringen, um ihn zu überzeugen. „Das kann eine neue, disruptive Technologie sein, ein innovatives, neues Produkt oder ein Vorteil in der Produktion.“ Mit-Löwe Ralf Dümmel legt dagegen großen Wert auf die Persönlichkeit des Gründers. „Die Gründerpersönlichkeit ist entscheidend für die langfristige Zusammenarbeit. Jedes Produkt durchläuft einen Produktlebenszyklus, aber eine Geschäftspartnerschaft kann mit jedem Produkt stärker und besser werden“, so Dümmel. „Am Ende muss man aber auch sagen, dass die Kombination zwischen Produkt und Gründer einfach passen muss.“

Ralf Duemmel DS PRO by rieka anscheit 021 HR

Auch Dümmel, der aufgrund seiner Kontakte zum Einzelhandel als „Mr. Regal“ bezeichnet wird, betrachtet die Aufzeichnung der Sendung als Startschuss für die Zusammenarbeit mit den StartUps: Einen in der Sendung abgeschlossenen Deal vergleicht er mit einer Verlobung. „Denn wir müssen nach der Verlobung schnell heiraten“, erklärt der Investor. Innerhalb von einer Woche kommen die Gründer dann zu ihm und seinem Team nach Stapelfeld in Schleswig-Holstein. Dort werden dann „einen ganzen Tag lang die Ideen der Gründer“ besprochen und das Know-how von DS Produkte, dem Unternehmen von Ralf Dümmel, eingebracht. Letztendlich wird der Deal beim Notar besiegelt. 

SugarShape profitiert noch heute vom TV-Auftritt

Diese Due-Diligence-Phase übersteht aber nicht jedes StartUp. Vermehrt kommen Deals, die in der Sendung geschlossen und mitunter für wahre Freudensprünge bei den Gründern sorgen, im Nachhinein doch nicht zustande. Zu den Unternehmen, die trotz der Zusage im Fernsehen doch keinen festen Deal mit den Investoren erreichen konnten, gehört auch SugarShape. Das Unternehmen wurde 2012 von den Schwestern Sabrina Schönborn und Laura Gollers gegründet und hat sich auf den Vertrieb von passgenauer Damen-Unterwäsche spezialisiert. Die Unternehmensgründung erfolgte „aus reiner Frustration“, wie die Gründerinnen erklären. „Wir haben einfach keine schönen BHs und Bademoden in unserer Größe – schmaler Unterbrustumfang, großes Körbchen – gefunden.“ 

SugarShape Gründerinnen

Im Jahr 2016 traten die beiden Schwestern in der Vox-Sendung auf und erhielten augenscheinlich ein Investment von Judith Williams und Frank Thelen. 500.000 Euro wollten die Investoren gemeinsam aufwenden, doch am Ende scheiterte der Deal. „Wir haben uns mit Judith und Frank sehr gut verstanden, aber dann einvernehmlich beschlossen, dass der Deal doch nicht zustande kommt. Wir haben uns schließlich für andere Investoren entschieden, die mit der Show nichts zu tun hatten“, erklären Schönborn und Gollers. Trotz des gescheiterten Deals bezeichnen sie den TV-Auftritt als ihren Durchbruch: Allein in den ersten 24 Stunden nach Ausstrahlung der Folge sei ihre Webseite von 500.000 Besuchern aufgerufen worden. Die beiden Schwestern konnten 17.000 Bestellungen in dieser Zeit verzeichnen – „eine wahre Bestellflut“, wie sie sagen. Auch heute gebe es immer noch Neukundinnen, die das Unternehmen aus der Sendung von 2016 kennen. Heute gehe es dem Unternehmen, das mittlerweile 40 Mitarbeiter beschäftigt und weiter wächst, hervorragend, betonen die Schwestern.

Popcornloop musste hart kämpfen

Popcornloop Akbulut

Von einem ähnlich Effekt auf das eigene Geschäft berichtet auch Murat Akbulut, Gründer von Popcornloop. „Durch diesen TV-Auftritt ist unser Bekanntheitsgrad enorm gestiegen“, erklärt er. Nach der Ausstrahlung wurde das Unternehmen vom Auftragsvolumen überrannt, wie der Gründer sich erinnert. Doch nach dem schnellen Erfolg erlebte das Unternehmen eine andere turbulente Zeit: Vural Öger, der nach der zweiten Staffel als Investor aus der Sendung ausschied, stieg bei Popcornloop aus. Das Unternehmen musste dann im Juli 2018 Insolvenz anmelden. Judith Williams hielt zu dem Zeitpunkt 80 Prozent an der Firma. Murat Akbulut kaufte das Unternehmen kurz vor der Insolvenzeröffnung selbst wieder auf und entschied sich dazu, weiterzumachen. „Die Vorteile durch die Investoren waren, dass die Marke Popcornloop und unsere anderen Produkte auf dem deutschen Markt sehr bekannt wurden und die Firma vom großen Netzwerk an Investoren-Stammkunden profitieren konnte, die online über die jeweiligen Kanäle einkaufen. Mittlerweile bin ich aber froh darüber, dass ich Popcornloop alleine habe“, gesteht Akbulut. Probleme mit Judith Williams, Vural Öger oder dessen Nachfolger Georg Kofler habe der Gründer aber nie gehabt, wie er bekräftigt.

Dass Akbulut seine Anteilsmehrheit verkauft hatte, machte dem Gründer das Leben in der Zwischenzeit schwer: Ein zweiter Geschäftsführer wurde eingestellt, der das operative Geschäft verwalten sollte. „Ich sollte nur das Gesicht des Unternehmens sein“, erinnert sich Murat Akbulut. Durch den Verkauf der Anteilsmehrheit habe er selbst „nur noch sehr wenig Mitspracherecht“ gehabt und habe nicht verhindern können, dass sein Schwager und seine Frau „aus dem Betrieb gedrängt wurden“. Die Insolvenz seines Unternehmens bezeichnet der Gründer als vermeidbar – Popcornloop sei kein Unternehmen gewesen, dass in Insolvenz gehen musste, sondern dahin gebracht wurde. „Bis zur letzten Minute sagte man mir, die Firma müsse wachsen und in neue Produkte investieren“, erklärt Akbulut, der sich zu dem Zeitpunkt schon auf neue Produkte konzentrierte. „Es lief eigentlich alles gut und uns wurde eine Investition von ca. 450.000 Euro versprochen. Deshalb haben wir auch viele neue Projekte angestoßen. Als HSE24 seine Aufträge zurückgezogen hat, wusste ich, dass etwas nicht stimmt.“ Eine Geschäftsbeziehung zu „Die Höhle der Löwen“ besteht für Popcornloop heute nicht mehr.

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OHM 2019 Q3 eb

Der vorliegende Text ist ein Auszug aus unserem aktuellen Onlinehändler Magazin Q3/2019. Im vollständigen Beitrag erfahren Sie mehr über die Zusammenarbeit zwischen den Löwen und den Gründern. Zudem berichten Frank Thelen und Ralf Dümmel, welches StartUp sie besonders beeindruckt hat.

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Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

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