Teure Homepage durch Internet-System-Verträge

Veröffentlicht: 07.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 07.03.2013

Wer im Geschäftsverkehr erfolgreich sein will, benötigt heutzutage einen ansprechenden Auftritt im Internet. Doch der Weg dahin ist – wie eine ganze Reihe aktueller Gerichtsentscheidungen zeigt – nicht ohne Risiko.
Die Gerichte müssen sich immer wieder mit folgender Fallkonstellation beschäftigen: Unternehmer, Freiberufler und Existenzgründer werden unaufgefordert – meist telefonisch – von in der Branche einschlägig bekannten Firmen kontaktiert, welche die kostenlose Erstellung einer Website anbieten.

Zur Begründung der scheinbar so günstigen Offerte geben die speziell geschulten Vertriebsmitarbeiter vor, die Firma wolle sich in dieser Region ein neues Geschäft aufbauen und sei zu diesem Zweck auf der Suche nach Referenzkunden. Mit den Referenzkunden wolle man später bei der Akquise größerer Aufträge werben.

Beim anschließenden Besuch eines Firmenvertreters bei den angesprochenen Unternehmen werden dann gern Wendungen wie "besonderes Vertrauen", "eindrucksvolle unternehmerische Leistung" oder "Suchmaschinenoptimierung" gebraucht. Zudem wird der Unternehmer damit geworben, dass das angeblich besonders günstige Referenzkundenangebot nur dann gilt, wenn der Vertrag sofort abgeschlossen wird. Am Ende erfolgt allzu oft die Unterschrift.

Liest sich der Betreffende den Vertrag am nächsten Tag noch einmal gründlich  durch, kommt nicht selten das böse Erwachen. Denn die angeblich "kostenlose" Erstellung der Website entpuppt sich als so genannter "Internet-System-Vertrag", bei dem der Anbieter neben der Erstellung der Website auch deren Wartung und das Hosting – also die Bereitstellung von Server-Kapazitäten – übernimmt. Die Vertragslaufzeit beträgt zumeist 48 Monate. Nicht selten werden EUR 150 pro Monat und mehr verlangt, was dem vielfachen Preis eines seriösen Anbieters für vergleichbare Leistungen entspricht. Zudem verbleibt die Website im Eigentum des Anbieters.

Nach der Einsicht kommt dann oft die Reue. Doch wie kann man aus einem solchen ungünstigen Vertrag wieder herauskommen?

Zunächst ist eine Anfechtung des Vertrages aufgrund arglistiger Täuschung denkbar. Eine erfolgreiche Anfechtung hebt den Vertrag mit der Folge auf, dass keine der Parteien Ansprüche aus dem Vertrag geltend machen kann. Allerdings ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, ob in der Vorspiegelung der Referenzkundeneigenschaft eine zur Anfechtung berechtigende Täuschung zu sehen ist. Die Rechtsprechung der Landgerichte ist insoweit nicht einheitlich.

Doch auch ohne Anfechtung des Vertrages müssen nun nicht 48 Monate lang überteuerte Rechnungen bezahlt werden. Nachdem die rechtliche Einordnung von Internet-System-Verträgen lange Zeit ungeklärt war, entschied der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung (BGH, Urteil vom 4. März 2010 – III ZR 79/09), dass diese als Werkvertrag zu qualifizieren sind. Bei einem Werkvertrag besteht jederzeit ein Kündigungsrecht nach § 649 Satz 1 BGB. Das heißt, dass der Vertrag auch dann jederzeit gekündigt werden kann, wenn ein ordentliches Kündigungsrecht nicht vereinbart wurde. Ein Ausschluss des Kündigungsrechts durch allgemeine Geschäftsbedingungen des Internetseiten-Anbieters ist dabei nicht möglich.

Allerdings hat auch das Kündigungsrecht einen Haken. Denn nach § 649 S. 2 BGB bleibt der Vergütungsanspruch des Anbieters der Internet-System-Verträge trotz der Kündigung bestehen. Allerdings muss er sich das auf seinen Anspruch anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart. Damit der Anbieter seinen Vergütungsanspruch vor Gericht durchsetzen kann, muss er daher offenlegen, welche Aufwendungen er eingespart hat und welcher Teil der Vergütung auf den bereits erbrachten bzw. den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfällt. Bislang sind keine Entscheidungen bekannt, in denen die einschlägigen Anbieter diesen Anforderungen gerecht geworden sind.

Auch § 649 Satz 3 BGB hilft den Anbietern der Internet-System-Verträge nicht weiter. Nach dieser Norm wird vermutet, dass den Anbietern 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden Vergütung zustehen. Doch auch die Pauschale von 5 % bekommen die Anbieter nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 – VII ZR 45/11) nur dann, wenn sie vor Gericht detailliert darlegen, welcher Teil der vereinbarten Vergütung auf den erbrachten bzw. noch nicht erbrachten Teil der vereinbarten Leistung entfällt. Zu dieser Offenlegung ihrer kalkulatorischen Grundlagen waren die Anbieter bisher nicht bereit.

RA Daniel Fülling

SammlerUsinger ist eine Partnerschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern. SammlerUsinger berät Mandanten bundesweit. SammlerUsinger ist spezialisiert auf die Beratung von institutionellen und privaten Investoren, Finanzdienstleistern und mittelständisch geprägten Unternehmen; letztere vornehmlich aus den Bereichen IT, Vertrieb und webbasierter Handel. Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.sammlerusinger.com.

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