If you copy, copy right(ly)! – Artikelserie zu Produktfotos, Teil 4

Veröffentlicht: 07.03.2013 | Geschrieben von: Jan Witzmann | Letzte Aktualisierung: 30.05.2016

Abmahnungen wegen der unberechtigten Verwendung von Produktfotos im Onlineshop sind vor allem deshalb ärgerlich, weil entsprechende Verletzungen selten Beträge unter 1.000 € kosten. Im Rahmen unserer Serie zum Thema Produktfotos und Urheberrecht erläutern wir Ihnen die urheberrechtlichen Rahmenbedingungen für die rechtssichere Nutzung von eigenen oder fremden Produktfotos.

Teil 4: Anhängen und abmahnen lassen - Verwendung von Produktfotos bei Amazon

Angehangen - angegangen

Amazon erfreut sich nicht zuletzt deshalb großer Beliebtheit als Verkäuferplattform für Onlinehändler, weil man sich im Verhältnis zu anderen Plattformen keine großen Gedanken um den für eine anspruchsvolle Präsentation des Produktes benötigten Content machen muss. Durch die Möglichkeit des sog. „Anhängens“ kann man sowohl die Produktfotos als auch die Beschreibung des Ersteinstellers mitverwenden. Des einen Freud‘, des anderen Leid, denn diejenigen Onlinehändler, welche sich die Mühe machen, hochwertige Produktbilder und einen ebenso informativen wie ansprechenden Text zur Beschreibung zu entwerfen, fühlen sich ausgenutzt. Der sich anhängende Konkurrent muss für beides weder Zeit noch Geld aufwenden und kann wegen der hierdurch ersparten Kosten auch anders kalkulieren - und deswegen eben auch mitunter billiger sein.

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!

Wie ist der Vorgang des Anhängens jedoch urheberrechtlich einzuordnen? Gibt es eine Handhabe gegen den sich anhängenden Konkurrenten? Oder handelt dieser berechtigt?

Der Ausgangspunkt ist wie immer der folgende: Nahezu jedes Foto, das sich im Internet finden lässt, ist durch das Urheberrechtsgesetz geschützt. Das gilt natürlich auch für das Produktfoto, welches vom Ersteinsteller eingefügt wurde. Und wie üblich benötigt derjenige, der dieses Foto im urheberrechtlichen Sinne verwertet, auch die Zustimmung des Rechteinhabers.

Bevor wir uns der Frage zuwenden, was dieses ominöse „im urheberrechtlichen Sinne verwertet“ bedeuten soll, möchte ich zunächst klären, ob sich der anhängende Händler auf eine Zustimmung des Ersteinstellers berufen kann. Dazu müssen wir uns die vertragsrechtlichen Grundlagen einmal näher anschauen.

Lizenz zum Anhängen

Bisher habe ich vereinfacht vom Anhängen gesprochen. Genau genommen gibt es jedoch zwei Wege, ein Produkt im Rahmen des Amazon-marketplace einzustellen.

Stellt man dieses mittels der „Diesen Artikel verkaufen“-Schaltfläche beim jeweiligen Artikel ein, akzeptiert man die Teilnahmebedingungen für Verkäufer (Stand 5. Oktober 2011). Diese enthalten die folgende Klausel:

„XIII. Urheberrecht, Lizenz, Nutzungsrechte

Die Teilnehmer übertragen Amazon ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes, umfassendes Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung an allen Werken oder Werkteilen sowie Datenbanken oder jedem anderen Katalog oder jeder anderen Produktinformation, die Teilnehmer im Rahmen des Online-Angebotes von Amazon an Amazon übermitteln (mit Ausnahme jedes Firmenzeichens, jeder Schutzmarke oder anderen ähnlichen Brandings),einschließlich des Rechts, diese Inhalte in Printmedien, online, auf CD-ROM etc. zu publizieren, auch zu Werbezwecken.“

Meldet man sich als Power-Anbieter mit dem Programm seller central an, akzeptiert man derzeit die folgende Klausel in den entsprechenden Bedingungen des sog. „Amazon Services Europe Business Solutions Vertrag“ (Stand 3. November 2011).

„4. Lizenz

Sie gewähren uns für die Vertragslaufzeit sowie solange darüber hinaus, wie Sie im Rahmen von anwendbaren Rechtsvorschriften zur Einräumung berechtigt sind, ein unentgeltliches, nicht ausschließliches, unwiderrufliches, weltweites Nutzungsrecht und Lizenz zur Verwendung, Vervielfältigung, Vorführung, Darstellung (öffentliche Kommunikation), Verbreitung, Anpassung, Änderung, Neuformatierung, Erstellung und Nutzung von neuen Materialien durch die Bearbeitung und zur anderweitigen kommerziellen oder nichtkommerziellen Nutzung jeglicher Art aller Ihrer Materialien (wobei wir dieses Nutzungsrecht bzw. diese Lizenz an unsere Verbundenen Unternehmen und Betreiber des Amazon-Internetauftritts unterlizenzieren dürfen); …“

Auch wenn man beide Vertragsbestimmungen noch so aufmerksam liest, wird sich darin nur eine Zustimmung zugunsten von Amazon für die Verwendung des Contents erblicken lassen. Amazon hat demgemäß jedoch weder eine Berechtigung durch den Rechteinhaber, die Nutzungsrechte (außer an „verbundene Unternehmen“ wie Tochter- bzw. Schwestergesellschaften) zu unterlizenzieren, noch die Rechtsmacht die an Amazon eingeräumten Nutzungsrechte ohne Zustimmung des Rechteinhabers zu übertragen. Zumindest ergibt sich dies nicht in der nötigen Bestimmtheit aus einer der beiden oben stehenden Klauseln. Rechtssicherheit sieht anders aus.

Allerdings hat das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 04.02.2011, Aktenzeichen: 4 HK O 9301/10) für den Fall anders entschieden, dass der den Content einstellende Onlinehändler den sog. Vertrag zur Einstellung von Bildern oder Inhalten bei Amazon abgeschlossen hat. Dieser enthält u.a. die nachfolgend wiedergegebene Bedingung:

„3. Lizenzgewährung für Material

Hiermit gewähren Sie Amazon und seinen Verbundenen Unternehmen weltweit, nicht-exklusiv, gebührenfrei und unbefristet das Recht und die Lizenz, (a) Material ganz oder teilweise auf beliebige Art und auf beliebigen Medien zu reproduzieren, zu verteilen, zu übertragen, öffentlich bereitzustellen und öffentlich anzuzeigen, (b) Material ganz oder teilweise auf beliebige Art und auf beliebigen Medien zu ändern, anzupassen, zu übersetzen und abgeleitete Arbeiten aus diesem Material zu erstellen und (c) eine Unterlizenz der vorhergehenden Rechte ganz oder teilweise an einen Dritten zu übergeben, mit oder ohne Zahlung einer entsprechenden Gebühr.“

Zwar ist hier tatsächlich die Berechtigung von Amazon zur Vergabe von Unterlizenzen enthalten, welche theoretisch auch dem sich anhängenden Onlinehändler eingeräumt werden könnten. Man kann auch - wie das Landgericht Nürnberg-Fürth - gut vertreten, dass durch den Akt des Anhängens eine solche Nutzungsrechtseinräumung von Seiten Amazons an den sich anhängenden Onlinehändler erfolgt.

Man soll den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen …

Genau genommen benötigt der sich anhängende Onlinehändler jedoch gar keine Lizenz zur Verwendung der Fotos. Denn er begeht ja gar keine urheberrechtliche Verwertungshandlung (Sie erinnern sich: „im urheberrechtlichen Sinne verwertet“). Darunter versteht man die unterschiedlichen Handlungen im Zusammenhang mit einem urheberrechtlich geschützten Werk bzw. Lichtbild, die nur Rechteinhabern vorbehalten sind. Dieser kann nämlich nicht jede Handlung in Bezug auf sein Werk – wie zum Beispiel das bloße Betrachten einer Skulptur – verbieten. Ihm stehen stattdessen nur die im Gesetz festgelegten Handlungen zu, welche in der Regel wirtschaftlich relevant sind. Diese sind in den §§ 15 ff. des Urheberrechtsgesetzes aufgezählt. Einschlägig könnten hier allein die Vervielfältigung und das öffentliche Zugänglichmachen sein. Der sich anhängende Onlinehändler vervielfältigt (zu deutsch: kopiert) jedoch das Foto genau so wenig wie er dieses öffentlich zugänglich (zu deutsch: im Netz abrufbar) macht. Denn beides hat der einstellende Onlinehändler bzw. Amazon schon gemacht. Die bloße Platzierung eines (weiteren) Angebotes neben einem Foto ist urheberrechtlich irrelevant, weil sie keinen (weiteren) Eingriff in die Rechte des Urhebers darstellt. Diesen Rechtsstandpunkt teilt auch das Landgericht Bremen in einer kürzlich verkündeten Entscheidung (Urteil vom 10. Januar 2012, Aktenzeichen: 7 O 1983/11) zugunsten eines Händlerbund-Mitgliedes, welches von der Leipziger Kanzlei Arlt Rechtsanwälte vertreten wurde.

Fazit:
Auch hier gilt wieder: Bisher sind gerichtliche Entscheidungen zu diesem Thema nur vereinzelt geblieben. Wegen der bestehenden Unsicherheiten kann es deshalb nach wie vor zu Abmahnungen kommen. Eine verbindliche Klärung können nur obergerichtliche Entscheidungen herbeiführen. Die vorstehend dargestellten Rechtsansichten sind jedoch gut vertretbar und werden wie aufgezeigt bereits von einigen Gerichten geteilt.

Sollten Sie noch Fragen oder Anregungen zu diesem Thema haben, können Sie uns gerne – auch als Nichtmitglied – kontaktieren.

Kommentare  

#5 Ludwig 2012-02-17 15:27
Hallo, wirklic h eine sehr interessante Artikelserie. Zur Bildrechteertei lung an Amazon stellt sich uns - aufgrund einer sehr aktuellen Entwicklung - noch die Frage, Wie es sich mit selbst fotografierten Produktfotos verhält. Konkret wurden wir gerade von einem Lieferanten mit Nachdruck aufgefordert, Artikel auf Amazon nicht mehr mit Bildern der Herstelleragent ur zu bewerben, uns auch nicht mehr an entsprechende Angebote anzuhängen. Gut, das ist noch verständlich und akzeptabel, aber zugleich wurden wir davor gewarnt, nun eigene Produktfotos von den Artikeln zu erstellen und diese stattdessen bei Amazon zu verwenden, verbunden mit einer unterschwellige n juristischen Drohgebärde. Dies würde auch die Bildrechte der Agentur und die Rechte des Herstellers am Produktdesign verletzen. Kann ein Hersteller bzw. die beauftrage Bildagentur überhaupt die Verwendung eigener Produktbilder verbieten? Vielleicht könnte diese Frage noch in einem weiteren Artikel geklärt werden. Vielen Dank!
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#4 Jan Witzmann 2012-02-14 13:19
Hallo spreewald-praes ente.de, diese s Thema ist leider nichts für den Kommentar-Berei ch. Ich habe Ihnen eine separate Email geschrieben.
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#3 spreewald-praesente.de 2012-02-02 22:31
Hallo und danke für den informativen Artikel bzw. die ganze Reihe! Derze it beobachten wir, dass viele neue Blogs entstehen, die scheinbar nur den Zweck haben Content zu aggregieren, wozu auch Amazon und eBay Angebote zählen. Oft erscheinen unsere Angebote nebst Texten und Bildern auch in einem Umfeld, welches uns eigentlich nicht passt. Heute, zum Beispiel, habe ich einen unserer Geschenkkörbe in einem "Blusen Blog" gefunden... Gibt es da eine Möglichkeit dagegen vorzugehen oder haben wir da auch über die Amazon AGB stillschweigend unser Einverständnis gegeben? Vie len Dank!
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#2 Jan Witzmann 2012-02-02 14:25
Hallo Baseline Toner, Ihr Dank ist uns Lohn genug! Ihre Befürchtungen können wir gut nachvollziehen. Der Händlerbund sucht derzeit zur Herstellung von mehr Rechtssicherhei t für seine Mitglieder den Dialog mit Amazon.
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#1 Baseline Toner 2012-02-02 14:04
Vielen Dank für den informativen Artikel. Er zeigt mir allerdings, dass das Handeln bei Amazon in viel zuviel Bereichen rechtlich ein Minenfeld ist.Wir verzichten bisher auf Geschäfte bei Amazon. Neben der Tatsache, dass die Preise dort häufig kaputter sind als bei ebay (zumindest in der Branche Lasertoner), liest man zu oft von rechtlich ungeklärten Fallstricken.
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