Oberlandesgericht Stuttgart zum Weiterverkauf von Hörbüchern über das Internet

Veröffentlicht: 07.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 07.03.2013

Mittlerweile existieren unzählige Websiten und Online-Shops, auf denen auch digitale Waren wie z.B. Software, Karten, Hörbücher etc. im Dateiformat zum Download angeboten werden. Allerdings ist die rechtliche Einordnung dieser digitalen Waren sowie der Verträge, deren Gegenstand die digitalen Waren darstellen, noch immer nicht abgeschlossen. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat sich nun in einem aktuellen Urteil (vom 3.11.2011, 2 U 49/11) mit dem Teilaspekt des Weiterverkaufs von Hörbüchern befasst.

Im Fall, den das OLG zu entscheiden hatte, bot ein Anbieter online Hörbücher zum Download an. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Anbieters enthielten die folgende Klausel:

„...§ 8 Urheberrecht, Nutzung

Unsere Ware sowie alle darin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt und mit unhörbaren digitalen Wasserzeichen versehen. Jede Verwertung und Weitergabe an Dritte, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen sind, bedürfen unserer vorherigen Zustimmung (gem. §§ 182, 183 BGB). Im Falle der Zuwiderhandlung behalten wir uns rechtliche Schritte vor, es sei denn, dass bei Vertragsschluss ausdrücklich eine anderweitige Vereinbarung erfolgt ist. Der Käufer der im Portal s. ... .de angebotenen Hörbücher und sonstigen Mediendateien erwirbt lediglich ein Nutzungsrecht, kein Eigentum. Der Weiterverkauf ist untersagt.“

Ein Interessenverband hielt diese Klausel für unzulässig mit der Begründung, der Kunde dürfe aufgrund der Wortwahl des Anbieters annehmen, er schließe einen Kaufvertrag mit dem Anbieter ab und erwerbe folglich das Eigentum am Hörbuch - und somit auch das Recht zum Weiterverkauf des Hörbuchs und nicht nur ein Nutzungsrecht. Schließlich lege der Kunde das Hörbuch im Shop des Anbieters in einen symbolischen Einkaufswagen und auch sonst werde im Shop des Anbieters das Wort „Kaufvertrag“ gebraucht. Das OLG Stuttgart entschied den Rechtsstreit zugunsten des Hörbuch-Anbieters. Nach Ansicht des OLG kam es auf die Frage, wie der Download- Vertrag rechtlich einzuordnen ist (also als Kaufvertrag oder Softwareüberlassungsvertrag oder Lizenzvertrag oder gar Mietvertrag) gar nicht entscheidend an, da die Festlegung auf einen Vertragstyp die eigentlich entscheidende Frage nach der urheberrechtlich zulässigen Nutzung nicht beantwortet.

Das OLG hierzu im Urteil:

„...Auch unter Beachtung dieser rechtlichen Ausgangspunkte kann eine Unwirksamkeit der beanstandeten Klausel nicht erkannt werden. Denn die Klausel enthält dem Kunden weder das vor, was er nach dem objektiven Gehalt des Rechtsgeschäftes an Rechtsmacht beanspruchen kann, noch das, was nach den konkreten Umständen des Geschäfts als Leistungsprogramm erwartbar wäre. ... Dabei kann trotz der lang andauernden und noch fortwährenden Abgrenzungsschwierigkeiten von Online-Verschaffungsvorgängen mit dem Kläger vorliegend der Abschluss eines Kaufvertrages unterstellt werden. Denn auch auf dieser Grundlage wird nicht zugleich damit nur wegen des Vertragstypus‘ ein schrankenloses Verwertungsrecht erworben. Vielmehr bestimmt auch der Vertragsgegenstand selbst zugleich seine Handelbarkeit. Insbesondere der (entgeltlichen) Beschaffung von urheberrechtlich geschützten Werken ist immanent, nämlich vorgegeben durch das Urhebergesetz, dass die weitere Verkehrsfähigkeit des bezogenen Vertragsgegenstandes Schranken unterliegen kann und unterliegt. Dies ist dem Durchschnittsverbraucher auch durchaus geläufig. Auch wer ein Buch kauft, entwickelt zumindest Bedenken, ob er es kopieren und die Kopien beliebig einsetzen darf. In besonderem Maße gilt dies für heruntergeladene Werkstücke. Der hier vorauszusetzende Verbraucher weiß, dass insoweit Schranken bestehen, dieses Produkt durch Kopien zu verkörperlichen und es so oder im Wege der digitalen Weiterleitung des Werks dieses ohne Geldausgleich im Wirtschaftskreislauf zu verdoppeln. Diese aus dem Vertragsgegenstand sich gesetzlich ergebende Verwertungsschranke und Pflichtigkeit, die dem Verkäufer im Übrigen auch im Ansatz geläufig ist, gibt die angegriffene Klausel genau wieder. Mangels Sachkaufs kann Eigentum nicht entstehen. Mangels Erschöpfung ist ein Weiterverkauf nicht erlaubt...“

Fazit

Ganz gleich, ob Online-Händler gegenständliche Waren wie Bücher, CDs, DVDs etc. oder eben digitale Inhalte handeln - es besteht jeweils urheberrechtlicher Schutz. Nach Ansicht des OLG obliegt es dem Anbieter von Werken auch nicht, die Kunden „...über alle Strukturen und Facetten des Urheberrechts aufzuklären“. Vorformulierte Vervielfältigungs- und Kopierverbote in AGB sind daher zulässig, soweit sie einer bestimmungsgemäßen Nutzung der Inhalte nicht entgegenstehen und dem Kunden nicht auch das Anfertigen einer Sicherungskopie (Archivkopie) untersagen.

Sofern der Kunde die Ware weiterverwerten möchte, muss er zunächst die Zustimmung des Urhebers hierzu einholen.

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