Abmahnungen: Anwalt wegen Betrugs und Untreue verurteilt

Veröffentlicht: 02.12.2014 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 02.12.2014

Abmahnungen sind im Online-Handel ein gängiges Mittel, um sicherzustellen, dass alle Wettbewerber auf dem Markt die gleichen Chancen haben. Für einige Anwälte haben sich solche juristischen Schritte jedoch als Goldgrube erwiesen. – Mit fadem Beigeschmack – denn sie suchen gezielt nach Fehlern und Unstimmigkeiten und strapazieren dabei die Grenzen des Rechts. Einer dieser Abmahn-Anwälte wurde nun verurteilt.

Symbol des Gerichts: Waage

(Bildquelle Gericht: Waage: BrAt82 via Shutterstock)

Anfang 2014 erfasste eine enorme Welle von Abmahnungen deutsche Online-Händler (wir berichteten). Federführend war die US-amerikanische Firma Order Online USA Inc., die selbst Web-Shops wie restpostenverzeichnis.info oder usaproductsshop.com betrieb. In Zusammenarbeit mit der deutschen Rechtskanzlei Bode & Partner wurde viele hundert Händler abgemahnt.

Im Fokus der Abmahnungen standen zumeist die Informationspflichten der Anbieter (wie zum Beispiel die wesentlichen Merkmale der angebotenen Produkte). Auch Verstöße gegen die „Button-Lösung“ wurden beanstandet. Zusammen mit der Abmahnung erreichte die betroffenen Händler stets auch eine Unterlassungserklärung, zu deren Unterzeichnung die Unternehmer aufgefordert wurden.

Betrug und Untreue: Zwei Jahre auf Bewährung für Abmahnungen

Doch das rechtliche Vorgehen der Kanzlei gegen die Online-Händler wurde selbst zur Anzeige gebracht: Das Amtsgericht Hamburg befasste sich vor einigen Wochen mit dem Fall der massenweisen Abmahnungen und urteilte nun gegen Torsten Riebe, einen der Anwälte von „Bode & Partner“. Wie auf ratgeberrecht.eu zu lesen, wurde der Angeklagte wegen Untreue in 47 Fällen und Betrugs in 57 Fällen zu zwei Jahren Haft verurteilt. Die Freiheitsstrafe ist zur Bewährung ausgesetzt, das Urteil bereits rechtskräftig.

Im Urteil ist zu lesen: „Es wird festgestellt, dass der Angeklagte aus den Untreuetaten Geldbeträge in Höhe von insgesamt 183.689,38 EUR erlangt hat“. – Ein lukratives (und hinaus illegales) Geschäft mit seriellen Abmahnungen, das den Angeklagten nun seinen Titel als Anwalt gekostet haben dürfte. Denn zumindest findet sich unter „Torsten Riebe“ kein Eintrag mehr im Bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnis.

Kommentare  

#11 S. Pschera 2017-12-12 21:03
Wegen des einmaligen Verkaufs alter Kabel, Erlös 20 Euro, folgte eine Abmahnung mit der Streitwertfestl egung 20 000 Euro. Das Bußgeld entsprechend Tabelle ergibt 980 Euro, zu zahlen binnen einer Woche auf das Konto des Abmahners.
Der fliegender Gerichtsstand ermöglicht den Abmahner, das Gericht zu wählen. Die IHK rät, fristgerecht zu zahlen. Es kann noch viel teuerer werden.
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#10 Stefan Pschera 2017-12-12 20:56
Wegen einmaligen Verkauf alter Kabel, Erlös 20 Euro, folgte eine Abmahnung mit Streitwert 20 000 Euro, zu zahlen binnen einer Woche auf das Konto des Abmahners.
Gesetzlich möglich:
- Streitwertfestl egung im Ermessen des Abmahners,
- fliegender Gerichtsstand - der Abmahner legt das Gericht fest
- die IHK kennt dies und empfiehlt, fristgerecht zu zahlen. Es kann noch viel teuerer werden
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#9 atlfordhorni 2014-12-07 18:54
Genial, daß es den ersten Massenabmahner erwischt hat!
aber warum geht es nicht gleich weiter??
müssten sich doch in Deutschland mindestens 5 - 10 weitere finden, die viele tausende damit "verdienen"

Genau meine Meinung!! Warum kann der Anwalt nicht außenvor bleiben und e-bay erst zur Richtigkeit ertmahnen ohne daß die vielen kleinen Händler gleich in die Knie gezwungen werden

Ja, stimmt: der Ursprung des Problems ist wie so oft von ganz oben sprich der deutschen Gesetzgebung zu suchen! Keine Kosten bei der ersten Abmahnung - keine Massenabmahner
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#8 Steffen 2014-12-02 20:46
wunderbar, sowas wurde auch mal Zeit
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#7 Bohnacker 2014-12-02 11:33
Gut so für den Verurteilten, eine Information auf evt. Fehler würde eigentlich auch schon mal genügen, wenn jemanden was auffällt oder nicht passt, da bräuchte man eigentlich nicht gleich mit abzocke daher kommen, denn oftmals sinde es vielleicht Fehler, die einem ja nicht bewusst sind oder etwas an einem Artikel übersehen wurde.
Anstatt gleich drauf zu hauen und damit Geld zu machen sollte eigentlich jeder erst mal die Chance bekommen zum kostenloser Ausbesserung seiner Fehler. Was ist schon dabei, wenn es formliche Fehler gibt, solange der KUNDE letztendlich mit dem VERKÄUFER zufrieden war. Da braucht sich letztendlich doch auch kein DRITTER einzumischen. Ansonsten kann ja auch der Kunde eine Unzufriedenheit zur Anzeige bringen, und dass ja dann mit Recht wenn er sich nicht anderweitig mit dem Verkäufer einigen kann. Aber diese Tour gehört untersagt.
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#6 Gert Fröbe 2014-12-02 11:02
Man muss aber auch sehen, wer diesen Leuten Tür und Tor öffnet. Das ist nun einmal der Gesetzgeber, der auf diese Weise "bezahlte Kontrolleure rekrutiert", um so die Einhaltung der Wettbewerbsgese tze zu gewährleisten. Damit sich genügend "Kontrolleure" für diese Arbeit interessieren, ist die "Entlohnung" entsprechend hoch angesetzt. Allerdings wurden die Gebühren in jüngster Vergangenheit deutlich gesenkt. Würde der Gesetzgeber für eine erstmalige Beanstandung/Ab mahnung keine "Gebühren" zugestehen, wäre das Problem mit den "Profi-Abmahner n" wahrscheinlich schon weitestgehend gelöst
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#5 Gert Fröbe 2014-12-02 10:32
Es tut schon ein bisschen gut, dass es jetzt auch mal die "Bösen" getroffen hat. Die Machenschaften dieser Leute sind teilweise ja unglaublich. Ich wurde mit meiner Firma einmal abgemahnt, weil ich beim Verkauf von Druckpatronen das Haltbarkeitsdat um auf die Verpackung drucken ließ. "Dies sei ein Verstoß gegen das Wettbewerbsgese tz", hat mich dann locker 1.500,-- Euro gekostet...
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#4 Detlef Manthey 2014-12-02 10:00
Von dieser Sorte, gibt es viele mehr. Jeder einzelne hätte eine langjährige Haftstrafe verdient. Diese Leute pervertieren unser Rechts System auf das übelste. Hoffendlich ist diese Entscheidung ein deutliches Signal an dieses Klientel.
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#3 Kaffeemaschinenfritz 2014-12-02 09:25
Am besten gleich drinn lassen. Da kann er über die abgezockten Gelder anderer Händler nachdenken. Hoffentlich ist auch einer dabei im Knast, der von ihm auch abgemahnt wurde.
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#2 Matthias Ernst Holzm 2014-12-02 08:42
Ich laufe seit Jahren einem Profischuldner hinterher, der munter weiter Geschäfte betreibt, und ums Verrecken nicht zum Bezahlen zu bewegen ist.

Aber ohne Gerichtsverhand lung oder weitere Anhörung kann man bei einer Abmahnung wegen kleinsten Formfehlern zu hohen Geld-Strafen "verknackt" werden.

Ein solches "Rechtssystem" öffnet Schmarotzern wie diesen Tür und Tor!
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