Abmahnmonitor

Entfernen der Original-Verpackung verletzt Markenrechte

Veröffentlicht: 11.10.2022 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 22.11.2022
Roter Pfeil zeigt auf das Wort Abmahnung

Über Online-Händlern von Markenwaren schwebt stets das Damoklesschwert der Abmahnung, sei es die aus dem Wettbewerbsrecht oder eine solche aus einer Markenrechtsverletzung. Unser ersters Beispiel thematisiert eine Abmahnung, die beides vereint.

Entfernen der Original-Verpackung

Wer mahnt ab? Emma Matratzen GmbH (vertreten durch Kanzlei Danckelmann und Kerst)
Wie viel? 2002,41 Euro
Wer ist betroffen? Händler, die Emma-Produkte ohne Original-Verpackung versenden

Im Markenrecht kollidieren zwei Interessen. Zum einen die des Inhabers an seiner Marke und zum anderen die des Händlers und letztlich des freien Warenverkehrs. Der Markeninhaber hat zwar umfassende Rechte, kann diese aber nicht unbeschränkt geltend machen, sie können „erschöpfen". Dieser sogenannte Erschöpfungsgrundsatz besagt, dass der Markeninhaber den Vertrieb der von ihm hergestellten und einmal mit seiner Billigung in den Verkehr gebrachten Produkte nicht weiter behindern oder steuern können soll. 

Dieser Grundsatz findet jedoch keine Anwendung mehr, wenn sich der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert hat oder verschlechtert wurde. Beispiel gefällig? Eine solche Veränderung ist das völlige oder teilweise Entfernen einer Umverpackung sowie die Entfernung des Kartons. Eine Veränderung oder Verschlechterung einer Markenware führt aber nicht stets zu einer Markenrechtsverletzung, sondern nur dann, wenn davon eine Gefahr für den Ruf der Marke oder die Funktionalität ausgeht. Das ist anzunehmen, wenn die Ware ohne Verpackung nicht mehr vorgeschriebene Kennzeichnungspflichten erfüllt oder durch den Weitervertrieb in veränderter Form das Prestige oder der Ruf der Marke beeinträchtigt wird.

So geschehen in einem Fall, in dem ein Kopfkissen der für Matratzen bekannten Emma Matratzen GmbH vertrieben wurde, nachdem zuvor die Verpackung entfernt wurde. Das Fehlen des Kartons komme einer Entfernung der Marke gleich, so die Begründung der Abmahnung. Dies wiederum würde den Absatz und die Werbebemühungen der Emma Matratzen GmbH beeinträchtigen. Eine gezielte Behinderung des Wettbewerbs sei dies, so das Fazit. Zudem lägen auch Kennzeichenverletzungen aus der eingetragenen Gemeinschaftsmarke Emma vor.

Weitere Abmahnungen

Verkauf von Lebensmitteln

Wer? Verband Sozialer Wettbewerb e.V.
Wie viel? 238,00 Euro 
Betroffene? Händler von Lebensmitteln

Nach der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) müssen dem Verbraucher zum Kauf angebotene Lebensmittel ordnungsgemäß deklariert werden. Die nach der LMIV beim Verkauf von Lebensmitteln notwendigen Pflichtangaben sind gemäß der Verordnung dem Kunden zwingend vor Abschluss des Kaufvertrages verfügbar zu machen. Verkauft ein Online-Händler Lebensmittel im Internet, sind die notwendigen Pflichtangaben, wie beispielsweise das Verzeichnis der Zutaten, die Aufstellung von Allergenen oder die Nährwertdeklaration daher unmittelbar in der jeweiligen Angebotsbeschreibung mit aufzunehmen. Fehlen diese Pflichtangaben, ist das Angebot wettbewerbswidrig und kann von einem Mitbewerber oder wie hier von einem Verband abgemahnt werden.

Verkauf ohne Grundpreisangabe

Wer? Verband Sozialer Wettbewerb e.V.
Wie viel? 238,00 Euro 
Betroffene? Händler von Lebensmitteln

Inzwischen ein Klassiker unter den Abmahngründen, aber immer oft wiederzufinden, sind Fehler in der Darstellung des Grundpreises. Daher müssen sie in unserem Abmahnmonitor regelmäßig erwähnt werden. 

Händler, die Waren nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbieten, haben neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit anzugeben. Diese Pflicht ergibt sich aus der Preisangabenordnung (§ 2 PAngV) und ist stets bei der Darstellung von Angeboten zu beachten. In der Umsetzung müssen Händler daher den entsprechenden Grundpreis beispielsweise pro Gramm oder Kilogramm angeben. Ein Abmahngrund, der vor allem im Lebensmittelbereich immer wieder vorkommt.

Die für diese Abmahnung fälligen zweihundert Euro wären sicherlich besser in die nächste Weihnachtsfeier mit der Belegschaft investiert gewesen.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Yvonne Bachmann

Kommentare  

#5 Jana Knobloch 2022-10-16 23:18
Verband Sozialer Wettbewerb, ja das stimmt diese Verein kassiert 238 € es fehlen leider hier die weitere Kosten von mehreren Tausend € die sich dahinter noch verstecke und die Information dass man früh oder später gezwungen ist die Unterlassungser klärung zu unterschreiben. Man wird dadurch diesen Verein und vor allem seine Anwälte nicht los. Genau so wie der IDO Verein. Uns es ist in Deutschland tatsächlich erlaubt.
Zitieren
#4 Roland Bär 2022-10-13 11:27
Liebe Redaktion,
kein Mensch kauft wegen der Verpackung, sondern will den Inhalt.
Wen kennen Sie der nur wegen der Verpackung kauft. Jeder will den Inhalt.
Die ist nur lästig und verursacht Entsorgungsaufwand.
Hat der Verklagte bezahlt oder Widerspruch eingelegt?
Gibt es dazu ein Urteil?
_____________

Hallo Roland Bär,

wir können gut nachvollziehen, dass einige Rechtsgrundlage n für Ärger und Frust sorgen. Dazu muss sicherlich auch die angesprochene zählen. Dies sollte jedoch kein Grund für schlaflose Nächte sein, denn Abmahnungen wie diese von Emma haben absoluten Seltenheitswert . Urteile gibt es daher wenig. Was wir sagen können ist, dass beispielsweise das Entfernen der Softwareverpack ung ebenfalls nicht abmahnfähig war (vgl. Landgericht Hamburg, Urteil vom 21.01.2015, Az.: 408 HKO 41/14).

Wir können leider keine Details zum laufenden Verfahren veröffentlichen . Wir können jedoch mitteilen, dass bisher keine Unterlassungser klärung abgegeben wurde.

Beste Grüße
Die Redaktion
Zitieren
#3 oejendorfer 2022-10-12 17:55
Ichglaube nicht, das ich für ein fertig hergestelltes USB von 2,0 m einen Meter Grundpreis angeben muss
_______________

Hallo oejendorfer,

vollkommen richtig. Nach dem aktuellen Stand ist es so, dass USB-Kabel nicht nach Länge verkauft werden und kein Grundpreis nötig ist. Kabel ohne Anschlüsse (sowie Seile oder Schnüre) müssen jedoch schon mit einem Grundpreis versehen werden, weil sie nach Länge verkauft werden.

Viele Grüße
Die Redaktion
Zitieren
#2 Roland Bär 2022-10-12 15:56
Ergänzung zu entfernter Verpackung nach dem Lesen " Erschöpfungsgru ndsatz" wo soll da ein Nachteil für den Hersteller sein? Außer man ist Abzocker.

___________________________

Antwort der Redaktion

Hallo,

der Nachteil besteht darin, dass die Verpackung von Produkten oftmals zum Markenimage der Hersteller gehört. Wird diese entfernt, wird in der Theorie die Möglichkeit genommen, sich so beim Endkunden zu präsentieren, wie es beabsichtigt ist. So gibt es beispielsweise Marken, deren Darstellung von besonders hochwertigen, minimalistisch gestalteten Verpackungen geprägt ist - und ja, es gibt Kunden, für die auch solche Kriterien kaufentscheiden d sind.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
Zitieren
#1 Roland Bär 2022-10-12 15:45
Wie krank ist Justiz.
Welchen Schaden soll eine entfernte Verpackung verursachen, spart Transportkosten und ja Niemand nutzt Produkt mit Verpackung nutzt.
Hatz das tatsächlich gerichtlich Bestand?

Der "Verein für """Sozi Wettbewerb""" ist der neue IDO.

Darf Sandhage noch abmahnen?

_____________________________

Antwort der Redaktion

Hallo,

ja, RA Sandhage mahnt noch immer im Namen unterschiedlich er Unternehmen ab.

Inwiefern die Abmahnung vor Gericht Bestand hat oder hätte, können wir aktuell nicht beurteilen.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
Zitieren

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.