LG Magdeburg

Neues Urteil zur Abmahnfähigkeit von DSGVO-Verstößen

Veröffentlicht: 29.01.2019 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 29.01.2019
Medikamente im Einkaufswagen

Der Handel mit Medikamenten im Internet ist ein kritisch beäugtes Thema, besonders im internationalen Kontext – ausländische Konkurrenten können diese oftmals zu deutlich niedrigeren Preisen anbieten als ihre deutschen Pendants, die der Preisbindung unterliegen. Aber nicht nur die Kollegen außerhalb Deutschlands sorgen für einen härteren Wettbewerb, auch inländische Online-Apotheken buhlen um die Gunst der Kunden. So auch ein Apotheker, der rezeptfreie, aber apothekenpflichtige Medikamente auf Amazon vertreibt und aus diesem Grund von einem Mitbewerber vor dem Landgericht Magdeburg verklagt wurde (AZ.: 36 O 48/18).

Im Kern der Verhandlung ging es um mehrere wettbewerbsrechtliche Fragestellungen. Unter den Aspekten die den Kläger beschäftigten, befand sich insbesondere der Vorwurf, dass der beklagte Apotheker mit dem Verkauf von rezeptfreien apothekenpflichtigen Medikamenten gegen die Vorgaben der DSGVO verstoße: Kundendaten würden gespeichert und durch Amazon auch an Dritte weitergegeben werden, eine Genehmigung zur Speicherung und Verarbeitung von gesundheitsbezogenen Daten müssten die Kunden aber nicht abgeben.

Das Gericht hatte somit auch die Frage zu entscheiden, ob der Kläger dahingehende Ansprüche überhaupt geltend machen dürfe. Urteilen musste es so quasi auch über die Abmahnfähigkeit von DSGVO-Verstößen.

Kein Anspruch wegen Verstoß gegen DSGVO

Um sich als Mitbewerber wegen Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung gegen Kollegen richten zu können bleibt einzig der Weg über das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Ob dieser aber überhaupt existiert, daran hängt die auch in rechtlichen Fachkreisen vieldiskutierte Frage nach der Abmahnfähigkeit von DSGVO-Verstößen.

Grundsätzlich dürfen Mitbewerber nach dem UWG auf Unterlassung klagen. Nach Ansicht des Gerichts besteht diese Befugnis jedoch nicht, wenn es um das Nichteinhalten von Vorgaben der DSGVO geht – damit schließt es sich im Ergebnis an die Urteile der Landgerichte Bochum und Wiesbaden an. „Die DS-GVO enthält ein abschließendes Sanktionssystem, welches nur der Person, deren Rechte auf informationelle Selbstbestimmung verletzt worden sind, oder der Aufsichtsbehörde oder der Klage eines Verbandes eine Rechtsdurchsetzung erlaubt“, heißt es dazu im Urteil. Dritte, die die Rechte Betroffener durchsetzen sollen, dürfen zwar auch klagen, müssen aber einige Voraussetzungen erfüllen – etwa keine Gewinnerzielungsabsicht aufweisen.

Das Tor für weitere Dritte über das Wettbewerbsrecht zu öffnen verstoße insofern gegen den Wortlaut der DSGVO. Der klagende Konkurrent durfte deshalb vor Gericht keine Verstöße des Beklagten gegen die Datenschutz-Grundverordnung geltend machen.

Amazon sei nur Wegweiser des Kunden

Aber auch mit den anderen Kritikpunkten konnte sich der Kläger vor den Richtern nicht durchsetzen. Etwa brachte er an, dass Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) gegen das Inverkehrbringen von apothekenpflichtigen Medikamenten und Medizinprodukten im Wege der Selbstbedienung sprächen. Dies ist nicht falsch, allerdings sah das Gericht im Fall des Vertriebs über Amazon keine Selbstbedienung als gegeben an: Der Apotheker kontrolliere die Bestellung schließlich und könne so prüfen, ob eine Beratung notwendig sei. Überdies dürfen pharmazeutische Tätigkeiten nur von pharmazeutischem Personal ausgeführt werden, was sich angesichts der Beteiligung Amazons schwierig gestalte. Auch hier sah das Gericht aber keine Schwierigkeiten. Amazon werde zwar „quasi als Wegweiser“ tätig, die eigentliche pharmazeutische Tätigkeit werde aber nicht von der Plattform und deren Mitarbeitern bearbeitet. Außerdem besitze der Apotheker auch eine behördliche Erlaubnis zum Versandhandel.

Einen letzten Punkt behandelt das Urteil etwas ausführlicher, nämlich die Verwendung zusätzlicher Werbeelemente. Die einschlägigen Gesetze „verbieten dem Apotheker bestimmte Formen der Werbung, deren Einhaltung von der Handelsplattform jedoch nicht gewährleistet wird“ heißt es dazu. Amazon werbe etwa über Kundenrezensionen und bewerbe andere Medikamente, was einen Mehr- oder Fehlgebrauch begünstigen könne. Am Ende könnten diese Probleme aber nicht dem beklagten Apotheker angelastet werden, da sie diesem nicht zurechenbar seien.

Noch immer keine Sicherheit vor Abmahnungen

Im Ergebnis war dem Apotheker daher nichts von dem, was ihm vorgeworfen wurde, anzulasten. Die Klage wurde daher abgewiesen. Die Konsequenzen im Bereich der Abmahnfähigkeit von Verstößen gegen die DSGVO dürften zunächst eher gering sein. Die Rechtsprechnung geht derzeitig verschiedene Wege, sodass dieses Urteil nicht zwingend für mehr Rechtssicherheit sorgt. Wie sich die rechtliche Lage hinsichtlich des Verkaufs von Medikamenten über Online-Plattformen gestaltet, hängt hingegen auch vom Recht des entsprechenden Bundeslandes ab.

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