„Dämlich sind Verbraucher auch nicht.”

Das sagen unsere Leser zum Amazon-Check-out

Veröffentlicht: 13.02.2019 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 13.02.2019
Hände mit Sprechblasen.

Das Oberlandesgericht München hat kürzlich festgestellt, dass der Amazon-Check-out in seiner jetzigen Form nicht mit der seit 2014 bestehenden Gesetzeslage konform ist. Das Urteil wirkt sich auf den kompletten Online-Handel aus, da es eine gängige Praxis in Frage stellt: Der Käufer muss unmittelbar vor Beendigung der Bestellung über alle wesentliche Merkmale des Produktes in übersichtlicher Art und Weise informiert werden. Damit die Bestellübersicht nicht chaotisch wird, verlinken Händler häufig die Produktseite an dieser Stelle. Das stellt nach Meinung des Gerichts aber keine unmittelbare Darstellung der wesentliche Merkmale dar.

Folglich müssen alle wesentlichen Merkmale direkt in der Bestellübersicht stehen. Dieses Urteil hat bei unseren Leser durch die Bank weg für sehr kritische Reaktionen gesorgt.

Was sind wesentliche Merkmale?

Am häufigsten tauchte die Frage auf, was denn überhaupt wesentliche Merkmale eines Produktes seien. Bei Kleidung, oder im Allgemeinen Textilien, lässt sich die Frage noch recht einfach beantworten: Farbe, Material, Größe – Darauf kommt es wohl an. “Wie könnte ich als Anbieter von technischen Geräten nur ahnen, welche Daten für den jeweiligen Kunden relevant sind? Das ist doch sehr individuell und unterschiedlich . Selbst beim Aufführen der wichtigsten, technischen Daten ist der Checkout absolut unübersichtlich “, gibt ein Leser zu bedenken und hat damit nicht unrecht.

Bei einem Notebook beispielsweise können die wesentlichen Merkmale schnell zu einer Liste mit über einhundert Punkten ausarten. Hier gilt es für Händler, nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden, was relevant ist, und was nicht. Im Zweifel sind die Daten, die der Hersteller auf die Verpackung druckt die wesentlichen Merkmale. Auch Kennzeichnungsverordnungen, wie etwa das Textilkennzeichnungsgesetz, können hier weiter helfen. Zum Beispiel muss der Kunde in der Produktbeschreibung über die Textilzusammensetzung informiert werden. Es ist an dieser Stelle nur logisch, dass die Zusammensetzung dann auch als wesentlichen Merkmal in der Bestellübersicht bei dem Check-out landen muss.

Dem Verbraucher mehr zutrauen

Häufig wird über den Verbraucherschutz geschimpft. Dieser sei ausufernd und der Gesetzgeber würde den Verbraucher entmündigen. „Die Kunden treffen ihre Kaufentscheidung doch nicht erst beim Checkout, und dämlich sind sie auch nicht (naja manche vielleicht)”, meint ein Leser mit einem Augenzwinkern. Ein Kommentator hat eine recht kreative Lösung, wie der stationäre Handel in Zukunft aussehen könnte: „Bin ja dafür das offline Händler dem Kunden dann an der Kasse auch alle wesentlichen Eigenschaften von den gekauften Produkten vorlesen müssen.” Überhaupt ist es für die meisten ein Rätsel warum alle wesentlichen Merkmale noch einmal in der Bestellübersicht erscheinen müssen – schließlich hat der Kunde sich doch bereits der Produktseite hinreichend informieren können, bevor das Produkt im Warenkorb landete.

Typisch Deutsch?

„Das ist mal wieder typisch Deutsch. Der Verbraucher kann doch eh zurückschicken. Also für was der ganze Blödsinn?”, fasst ein Leser die Problemlage zusammen. Weiter heißt es, dass bei der Regelungswut in Deutschland kein Wunder sei, das nix voran geht.

Der boykottierte Online-Handel

Einem Leser vergeht bei solchen Urteilen die Lust: “Ich frag mich immer wie langweilig ein Leben sein muss, dass man auf sowas kommt. Mir kommts so langsam so vor, als wöllte die Welt den Onlinehandel boykottieren.”

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kontaktieren Sie Sandra May

Kommentare  

#1 MM 2019-02-13 14:55
Ein Land, das keine Probleme kennt und eine Juristerei, die nur noch sich selbst dient verursacht solch weltfremden Unsinn. Gepaart von geldgeilen Anwälten und unfähigen Richtern.
Je mehr sich der Gesetzgeber am dümmsten aller Verbraucher orientiert, anstatt am gesunden Menschenverstan d - selbst wenn dabei die Dümmsten manchmal auf der Strecke bleiben, aber dadurch für das Leben etwas lernen, desto schlimmer wird es werden. Die Umweltverschmut zung durch den Onlinehandel wird noch massiver werden. Zu guter Letzt wird die bunte Masse der kleinen und mittleren Onlinehändler durch eine kleine Hand voll Versandgiganten ersetzt. Danach ist das 'Geschrei' wieder groß, wie es auch jetzt in den glattgebügelten Zombieinnenstäd ten der Fall ist, wenn es nur noch Brandstores vom Reißbrett gibt. Was gewinnen wir dadurch, der Verbraucher übernimmt noch weniger Verantwortung für sich und seine Umwelt und die Angestellten im Onlinehandel verdienen ebenso schlecht wie die Angestellten im stationären Einzelhandel. Bravo
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