Europäischer Gerichtshof

Widerrufsrecht gilt auch bei ausgepackter Matratze

Veröffentlicht: 27.03.2019 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 13.07.2022
Hund testet Bett

Schon seit mehreren Jahren streitet sich ein Käufer mit einem Online-Einrichtungshändler über eine Matratze. Diese hatte er im Jahr 2014 online erworben, ausgepackt und getestet. Im Anschluss wollte er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen, was schließlich zu diesem Streit führte. Das Widerrufsrecht besteht nämlich mit einigen Ausnahmen – zu diesen zählen etwa auch versiegelte Waren, die wegen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Diese Ausnahme sah der Händler als gegeben an und verweigerte die Rückzahlung des Kaufpreises. Schlussendlich gelangte der Fall zum BGH, der sich wiederum an den EuGH (AZ.: C-681/17) gewandt hat: Die entsprechende nationale Verbraucherschutzvorschrift beruht auf der europäischen Verbraucherrechterichtlinie (VRRL). Wie diese ausgelegt werden muss, ist auch für den Ausgang des Verfahrens um die Matratze entscheidend. Und kommt es zu einer derartigen Auslegungsfrage, können bzw. müssen sich die nationalen Rechte mit ihren Fragen an den EuGH wenden.

Auslegung der Verbraucherrechterichtlinie entscheidend

So geschehen auch im Falle der Matratze. Man wollte zunächst wissen, ob zu den Waren, auf welche die in der VRRL genannte Ausnahme über versiegelte Waren anwendbar ist, auch Produkte wie Matratzen fallen – also generell auch Waren, die zwar bei bestimmungsgemäßem Gebrauch mit dem menschlichen Körper unmittelbar in Kontakt kommen, gegebenenfalls aber durch geeignete Reinigungsmaßnahmen wieder verkehrsfähig gemacht werden können.

Der EuGH verneint diese Frage klar, womit auch eine Matratze, deren Schutzfolie nach der Lieferung vom Verbraucher entfernt wurde, nicht durch die Ausnahme vom Widerrufsrecht ausgenommen ist.

„Zum einen ist nämlich nicht ersichtlich, dass eine solche Matratze, auch wenn sie möglicherweise schon benutzt wurde, allein deshalb nicht von einem Dritten wiederverwendet oder nicht erneut in den Verkehr gebracht werden kann“ führt die Presseerklärung des EuGH vom 27. März 2019 als einen Grund der Entscheidung an. Die Lage sei schließlich auch mit Matratzen in Hotels vergleichbar, außerdem bestünde grundsätzlich auch ein Markt für gebrauchte Matratzen und schließlich sei auch eine Reinigung bzw. Desinfektion möglich. Den Erfordernissen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene könne man damit nachkommen.

Jacke wie Hose wie Matratze

Gewissermaßen sei eine Matratze außerdem mit einem Kleidungsstück vergleichbar. Auch dieses dürfe anprobiert und auf seine Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise hin geprüft werden – auch wenn es möglicherweise direkt mit dem Körper in Berührung kommt und in der Praxis keine besonderen Schutzmaßnahmen dagegen getroffen werden.

Gleichzeitig hebt der Gerichtshof hervor, dass Verbraucher laut der VRRL für jeden Wertverlust haften müssen, der auf einen Umgang zurückzuführen ist, welcher nicht zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Ware notwendig ist.

Der konkrete Fall des Käufers ist damit vorerst nicht beendet. Der EuGH entscheidet hier zwar über die vorgelegten Fragen, jedoch nicht über den Rechtsstreit an sich. Dies ist Aufgabe der nationalen Gerichte. In wohl nicht allzu ferner Zukunft wird es insofern aber zu einem entsprechenden Urteil kommen, das im Einklang mit der Entscheidung des EuGH steht.

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.