Urteil des Landgerichts Düsseldorf

Vodafone-Pass nicht EU-konform

Veröffentlicht: 21.06.2019 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 21.06.2019
Vodafone Schild

Einige Mobilfunkverträge bieten die Möglichkeit, dass die Nutzung bestimmter Internetdienste nicht auf das zur Verfügung gestellte Datenvolumen angerechnet wird. Bei Vodafone etwa ist bei manchen Tarifen ein sogenannter Pass enthalten: Dieser gilt für eine bestimmte Kategorie, etwa Chat, Social, Video oder Music – entsprechende, seitens Vodafone ausgewählte Apps sind dann ohne Konsequenzen für das vereinbarte Volumen des Grundtarifs nutzbar. Die Geschäftsbedingungen allerdings beschränkten diese Möglichkeit auf die Nutzung im Inland, außerhalb Deutschlands sollte der Pass insofern seine Wirkung nicht erzielen: Hier wird das vertragliche Datenvolumen in Anspruch genommen.

Ob dies zu Recht so sei, damit befasste sich nun im Zuge einer Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, VZBV e.V., das Landgericht Düsseldorf (AZ.: 12 O 158/18).

Roam like at Home

In der Folge wird Vodafone sein Angebot wohl anpassen müssen. Das Gericht kam unter anderem zu dem Schluss, dass die Geltung nur innerhalb Deutschlands gegen die sogenannte Telecommunication Single Market-Verordnung, kurz TSM-VO oder auch Roaming-Verordnung, verstoße. Demnach darf für die jeweiligen gesetzlich regulierten Dienste bei der Nutzung im EU-Ausland im Vergleich zu den Endkundenpreisen im Inland kein zusätzliches Entgelt verlangt werden. Genau dies geschehe aber laut Gericht hier, da es im Ausland zu einer Anrechnung auf das Datenvolumen käme, im Inland jedoch nicht – „Für die Nutzung der gleichen Datenmenge bezahlt der Endkunde somit im Ausland indirekt ein zusätzliches Entgelt“, heißt es im Urteil.

Gerechtfertigt werden könne dies durch die gesetzlichen Vorgaben aber nicht weiter, schließlich seien europäische Rechtsnormen auch so auszulegen, dass sie ihre praktische Wirksamkeit voll entfalten könnten. Die entsprechende vertragliche Regelung stelle somit eine unangemessene Benachteiligung dar und dürfe, auch als inhaltsgleiche Alternative, so nicht in die AGB einbezogen werden.

Teilnehmende Apps dürfen nicht einseitig festgelegt werden

Doch die Richter schlossen sich nicht nur in diesem Punkt der Ansicht der Verbraucherschützer an. Diese hatten weiterhin vorgebracht und Kritik daran geäußert, dass Vodafone sich vorbehalte, die teilnehmenden Apps nach Vertragsschluss ohne Abstimmung mit den Kunden zu ändern. Das Landgericht nimmt hier bei seiner Beurteilung neben der Vertragsklausel auch Bezug auf die Bewerbung des Passes: Demnach werde beim Durchschnittsverbraucher der Eindruck erweckt, „dass der Pass bestimmte Apps fest und dauerhaft erfasst, die aber nur beispielsweise aufgeführt sind“. Darüber hinaus sei die Leistungspflicht des Telekommunikationsanbieters auf die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses teilnehmenden Apps konkretisiert.

Das Gericht kommt zum Schluss: „Wenn später eine dieser Apps wegfällt, stellt dies eine Leistungsänderung dar, die sich die Beklagte einseitig vorbehält“ – was jedoch nach den deutschen Vorschriften nur zulässig ist, wenn es dem Nutzer unter Berücksichtigung der Interessen des Anbieters zumutbar ist. Und das sei es, so das Gericht, insbesondere angesichts der Mindestlaufzeit von 24 Monaten nicht. Vodafone hatte hier Bedenken wegen der gesetzlich geforderten Netzneutralität geltend gemacht, dieser könnte nach Ansinnen des Gerichts aber etwa durch eine möglichst hohe Zahl entsprechender Apps eher gerecht werden. Auch die Tatsache, dass die Nutzer monatlich zwischen den verschiedenen Kategorien des Passes wählen könnten, überzeugte offensichtlich nicht. Damit sei letztendlich auch die dies bestimmende Vertragsklausel rechtswidrig.

Auch Vorgaben zur Kündigung rechtswidrig

Außerdem werde der Kunde auch durch die Vorgaben zur Kündigung benachteiligt. Nach der Mindestvertragslaufzeit ist die Kündigung laut der entsprechenden Klausel mit einer Frist von 3 Monaten möglich. Erfolgt die Kündigung nicht rechtzeitig, soll sich der Vertrag über den Vodafone-Pass um ein weiteres Jahr verlängern. Was daraus aber nicht ergebe, so das Gericht, ist dass der Pass zugleich mit dem Grundtarif beendet wird – dementsprechend wäre es also möglich, dass ein Nutzer seinen Grundvertrag kündigt, der Vertrag über den Pass aber noch länger weiterläuft. Nur: Ohne den zugrunde liegenden Tarif ist der Pass gar nicht nutzbar.

Vodafone wendet zwar ein, dass aus den AGB auch hervorgehe, dass der Pass nicht ohne Grundtarif weiterbestehe, führt aber keine konkrete Norm an. Zumindest aber werde diese Klausel auf diese Weise „seit jeher so gelebt“, wie das Urteil Vodafone wiedergibt. Der Durchschnittsverbraucher könne aber kaum feststellen, wie eine Klausel „gelebt werde“, weshalb es darauf nicht ankomme. Auch hier habe der VZBV einen Unterlassungsanspruch.

Tethering-Regelung nicht beanstandet

Schließlich sei in der Werbung auch zu wenig auf Nutzungseinschränkungen hingewiesen worden – etwa, dass im Chat-Pass Sprach- und Videotelefonie ausgenommen ist. Entsprechende Angaben sollen sich nur in einer Fußnote der Preisliste und den FAQ befunden haben, was jedoch nicht hinreichend transparent sei. Auch hier sei angesichts dieses und weiterer Umstände zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen.

Der VZBV hatte letztlich noch moniert, dass das der Datenverbrauch auch beim sogenannten Tethering auf das Volumen angerechnet werde. Schließlich müsse es dem Endnutzer freistehen, sein Endgerät zu wählen. Beim Tethering dient das Gerät, in dem sich die Sim-Karte zum entsprechenden Vertrag befindet, als Hotspot für andere Geräte. Hier sah das Gericht keine Probleme in der Vertragsgestaltung: Unter anderem bestehe die Möglichkeit, die Sim-Karte in einem anderen Gerät zu nutzen.

Das Urteil ist ausgesprochen umfangreich und befasst sich noch mit weiteren Gesichtspunkten und Argumenten. Was es in der Praxis bedeuten wird, wird sich wohl noch herausstellen müssen. Vodafone ist nicht der alleinige Anbieter solcher Angebote, die sich um das sogenannte „Zero-Rating“ drehen. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht.

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