EuGH

Müssen Suchmaschinen sensible Informationen löschen?

Veröffentlicht: 25.09.2019 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 25.09.2019
Suchmaschine auf Tablet

Ihrer Natur nach stellen Suchmaschinen eine ganze Menge an Informationen zur Verfügung. Manche davon können gerade im Bezug auf Personen besonders geschützt sein: Etwa solche, die politische, religiöse oder philosophische Überzeugungen betreffen, eine Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit, Sexualleben oder die Herkunft eines Menschen. Nicht ohne weiteres dürfen solche Daten verarbeitet werden.

Um die Verarbeitung solcher Daten durch einen Suchmaschinenbetreiber ging es nun vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH, Urteil. v. 24. September 2019 - C 136/17). Mehrere Personen hatten in Frankreich die Auslistung bestimmter Ergebnisse verlangt, die bei der Suche ihrer Namen angezeigt würden. Dabei ging es etwa um eine satirische Fotomontage, einen Artikel, in dem einer der Betroffenen als Verantwortlicher für die Öffentlichkeitsarbeit der Scientology-Kirche genannt wird, Berichte über die Anklageerhebung gegen einen im Bereich Politik tätigen Mann sowie Artikel über die Verurteilung eines weiteren Betroffenen wegen sexueller Übergriffe auf Jugendliche.

Verbot der Verarbeitung von Daten

Die Löschung war offenbar zunächst verweigert worden. Das Conseil d’État (Staatsrat), bei welchem die Betroffenen dann Klage eingereicht hatten, wandte sich an den EuGH, um Klärung einiger EU-rechtlicher Fragen zu erlangen. Geklärt werden sollte etwa, inwiefern das Verbot, bestimmte sensible Daten zu verarbeiten, auch für eine Suchmaschine gelte. 

Wie es in der Pressemitteilung des Gerichts heißt, sei die Verarbeitung solcher Daten grundsätzlich verboten, Ausnahmen gäbe es jedoch. Es trage prinzipiell derjenige die Verantwortung bei der Datenverarbeitung, der die Informationen etwa auf seiner Webseite herausgibt, die Suchmaschine trete aber zusätzlich hinzu: Durch sie könnten schließlich die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und der Schutz personenbezogener Daten beeinträchtigt werden. Deshalb müsse der Suchmaschinenbetreiber dafür sorgen, dass die „Tätigkeit der Suchmaschine“ den rechtlichen Anforderungen gerecht wird – innerhalb seines Verantwortungsbereichs, seiner Befugnisse und Möglichkeiten.

Damit ist der Betreiber einer Suchmaschine dafür verantwortlich, was diese bei Suchen anzeigt. Nicht aber dafür, dass diese Daten auf Webseiten von Dritten vorhanden sind.

Interesse der Öffentlichkeit müsste überwiegen

Der Betreiber müsse bei einem Löschungsantrag deshalb zwischen den Rechten der betroffenen Person und dem Recht der Internetnutzer auf freien Zugang zu Informationen abwägen, wobei die Betroffenenrechte im Allgemeinen überwiegen würden. Das Interesse der Öffentlichkeit könnte aber herausstechen, wenn der Betroffene beispielsweise eine wichtige Rolle im öffentlichen Leben spielt.

Zu den Pflichten des Suchmaschinenbetreibers hält das Gericht damit fest, dass er „auf der Grundlage aller relevanten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Grundrechte der betroffenen Person auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten prüfen muss, ob sich die Aufnahme dieses Links in die [...] Ergebnisliste als unbedingt erforderlich erweist, um die Informationsfreiheit von Internetnutzern zu schützen, die potenziell daran interessiert sind, mittels einer solchen Suche Zugang zu der betreffenden Website zu erhalten.“

Jeder Fall muss also einzeln entschieden werden. Werden derartig besonders sensible Daten erhoben, muss das Interesse der Öffentlichkeit hoch genug sein, um die Datenverarbeitung und damit die Anzeige der Suchergebnisse zu rechtfertigen – mithin höher, als die Rechte der dadurch betroffenen Person.

Über die Fälle selbst entschied der EuGH nicht, dies ist nun wieder die Aufgabe der zuständigen Stelle in Frankreich.

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