Urteil des OLG Rostock

Fruchtnektar darf nicht als Saft beworben werden

Veröffentlicht: 18.11.2019 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 18.11.2019
Verschiedene Säfte neben Obst

Dass auch Produkte korrekt bezeichnet werden müssen, wenn es sich dabei möglicherweise um eine Gratis-Zugabe zu einem anderen Produkt handelt, zeigt ein kürzlich vom Oberlandesgericht Rostock entschiedenes Verfahren (Urteil v. 25.09.2019 – AZ. 2 U 22/18). Streitpunkt war die Werbung in einem Prospekt der Beklagten: Angeboten wurde ein Kokoslikör zum Preis von 7,99 Euro inkl. MwSt. In der Werbung fand sich außerdem der grafisch abgesetzte Zusatz „inkl. 1 Liter Maracujasaft“. Beide Produkte waren zudem abgebildet (Foto s. Urteilstext). 

Der Kläger störte sich daran, dass es sich bei dem Fruchtgetränk hier gar nicht um Saft handelte, sondern vielmehr um Fruchtnektar. Verbraucher könnten damit über das Produkt getäuscht und entsprechend in ihrer Kaufentscheidung beeinträchtigt werden, weshalb die Werbung wettbewerbswidrig sei. 

Was ist Fruchtsaft? Und wissen Verbraucher davon?

Zwischen Saft und Nektar gibt es einen entscheidenden Unterschied: Bei Maracujasaft handelt es sich um ein Getränk, das lediglich aus Maracujas hergestellt ist. Erlaubt ist auch die Zugabe von Wasser – etwa wenn als Zutat Fruchtsaftkonzentrat verwendet wird und der „natürliche“ Wassergehalt wiederhergestellt werden soll. Fruchtnektare hingegen sind Mischgetränke, die aus einem Fruchtsaftanteil bestehen und denen auch größere Mengen Wasser, Zucker oder Honig zugesetzt werden können, stellt das Urteil fest.

Nach Ansicht des beklagten Unternehmens könne hier von einem Wettbewerbsverstoß aber nicht die Rede sein. Durchschnittliche Verbraucher wüssten gar nicht von den näheren Unterschieden zwischen Fruchtsäften, Direktsäften, Säften aus Konzentrat, Nektaren und so weiter. Saft sei insofern im allgemeinen Sprachgebrauch ein Oberbegriff. Außerdem sei der Saft bzw. Nektar eine kostenfreie bloße Drauf- oder Zugabe, die keinen nennenswerten Einfluss auf die Kaufentscheidung des Käufers hätte. 

Bezeichnung beeinflusst die Kaufentscheidung

Letzteres ist kein schlechtes Argument: Das in erster Instanz urteilende Landgericht hatte deswegen nämlich die Unzulässigkeit der Werbung verneint und so zugunsten der Beklagten entschieden. Das Oberlandesgericht Rostock sieht die Sache nun aber anders. Die Werbung ist unzulässig, weil sie unwahre Angaben über die Beschaffenheit der Ware enthält, sagen die Richter. Diese wird durch die wesentlichen Merkmale des Produkts geprägt. Und bei Fruchtsaftgetränken sei der Fruchtsaftgehalt unzweifelhaft ein wesentliches Merkmal. Davon würde auch der durchschnittliche Verbraucher ausgehen, wenn er sich mit Fruchtgetränken auseinandersetzt – zumindest wegen der unterschiedlichen Preise für die unterschiedlichen Produkte und der Regalsortierung in Supermärkten und Discountern. 

Schließlich könne die unzutreffende Bezeichnung als „Maracujasaft“ hier auch die Kaufentscheidung von Verbrauchern beeinflussen. Es komme nicht darauf an, ob Likör und Nektar als kalkuliertes Gesamtprodukt angeboten würden, oder ob rechtlich betrachtet nur ein Kaufvertrag über den Likör zustande komme, zu dem es den Nektar oben drauf gibt. Auch im Falle einer kostenlosen Zugabe könne eine solche Werbung wettbewerbswidrig sein – nämlich wenn eine „relevante Irreführung bei zumindest einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher“ ausgelöst werde. Und hier komme dem Saft bzw. Nektar eine entsprechende Bedeutung zu, da sein Preisanteil an den fiktiven Gesamtkosten des Gesamtpakets eben nicht marginal sei.

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