Landgericht Köln

Influencer müssen Beiträge auch ohne Gegenleistung als Werbung kennzeichnen

Veröffentlicht: 04.08.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 10.08.2022
Frau fotografiert den Sonnenuntergang

Immer wieder wird von Influencern und Influencerinnen die mangelnde Rechtssicherheit in Sachen Werbekennzeichnung bemängelt. „Lieber alles kennzeichnen“, lautet der oft gelesene Rat. Dabei ist das Thema Werbung und Kennzeichnung recht klar im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geregelt. Allerdings scheinen Gerichte hier Probleme mit der Auslegung zu haben, was vielleicht nicht zuletzt auch an dem relativ neuen Berufszweig liegt.

Ein neues Urteil des Landgerichts Köln (Urteil vom 21.07.2020, Aktenzeichen: 33 O 138/19) dürfte dieser Rechtsunsicherheit weiter Nahrung bieten. 

Klage wegen Tagging

Geklagt hatte laut Beck-Aktuell ein Wettbewerbsverein: Dieser monierte drei Bilder eine Influencerin, die in den Beiträgen auf Instagram die Namen von verschiedenen Unternehmen getaggt, sprich verlinkt hatte. Auf dem ersten Bild ist sie im Wald zu sehen und fragt die Betrachter, welches Outfit sie tragen soll. Beim zweiten Beitrag hat sie den Fotografen, den Stylisten und eine Kosmetikfirma verlinkt. Dazu gesellt sich noch die Nennung eines Lifestyle-Magazins, von dem sie ausgezeichnet wurde. Auf dem dritten Foto trägt sie ein Dirndl. Dieses habe sie samt der Handtasche kostenlos und ungefragt zugesandt bekommen; sei aber nicht zur Werbung verpflichtet worden.

Die übrige Kleidung habe sie selbst erworben und die Unternehmen nur aus redaktionellen beziehungsweise urheberrechtlichen Gründen genannt. 

Auch eigener Werbezweck muss gekennzeichnet werden

Das Gericht schloss sich im Ergebnis der Argumentation des klagenden Wettbewerbsvereines an. Als Begründung führte es an, dass es sich um Aufmerksamkeitswerbung handeln würde. Auch, wenn keine Verträge zwischen den Unternehmen und der Influencerin bestünden, werde mit dem Tagging ein kommerzieller Zweck verfolgt. Sie würde damit zum einen ihre eigene Unternehmertätigkeit fördern, da sie sich durch die Verlinkung als potentielle Werbepartnerin darstelle; zum anderen aber auch zur Förderung des Absatzes der verlinkten Unternehmen beitragen. Der Text, den die Influencerin zu den Bildern geschrieben hat, reicht nicht aus, um zur Information und Meinungsbildung beizutragen. Daher handelt es sich nicht um rein redaktionelle Verlinkungen.

Auf das Argument, dass eine inflationäre Kennzeichnung als Werbung dazu führen würde, dass die Kennzeichnung nicht mehr ernst genommen werden würde, gab das Gericht zu bedenken, dass die Art der Kennzeichnung der Influencerin überlassen bleibt. Sie könne Beiträge schließlich auch als Eigenwerbung oder unbezahlte Werbung kennzeichnen.

Rechtliche Einordnung 

Mit diesem Urteil trägt das Landgericht Köln nicht gerade zur Rechtssicherheit bei. Dem Gericht kann man in einem Punkt zustimmen: Der Beitrag mit dem Dirndl müsste tatsächlich als Werbung gekennzeichnet werden, da sie das Kleidungsstück als Geschenk des Unternehmens erhalten hat. Dass das Unternehmen dafür keine Gegenleistung erwartet, ist belanglos. Es kommt einzig und allein darauf an, dass die Influencerin durch dieses Geschenk eben möglicherweise nicht mehr objektiv ist und Betrachter den Post mit diesem Hintergrund kritischer bewerten, als ohne dieses Wissen.

Im übrigen ist das Urteil nur schwer nachzuvollziehen: Verlinkungen sind im redaktionellen Bereich zulässig, ohne das diese als Werbung gekennzeichnet werden müssen. Auf die Länge oder den Informationsgehalt kommt es bei der Beurteilung, ob etwas rein redaktionell oder werblich ist nicht an. 

Auch der Verweis auf die Möglichkeit, Beiträge als Eigenwerbung kennzeichnen zu können, hinkt, da Eigenwerbung per Definition schon nicht gekennzeichnet werden muss. Die pauschale Unterstellung, dass die Verlinkung von Unternehmen dazu dienen soll, künftige Werbepartnerschaften anzuregen, wirkt ohne konkrete Anhaltspunkte wie aus der Luft gegriffen. 

Folgt man dieser Auslegung, so müsste sehr wahrscheinlich auch dieser Beitrag als Werbung gekennzeichnet werden. Schließlich wird hier der Name Instagram genannt. 

Update vom 12. März 2021

Mittlerweile hat das OLG Köln über die Berufung entschieden. Auch in zweiter Instanz muss die Influencerin Diana zur Löwen eine Niederlage einstecken. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Sandra May

Kommentare  

#5 Isabella 2020-08-10 10:25
Wie verhält es sich, wenn ich als Markeninhaber auf meinem Firmen-Instagra m-Account zB. meinen Grafikdesigner oder Fotographen im Bild tagge? Muss ich das dann auch im Text als Werbung kennzeichnen?

Liebe Grüße,
Isabella

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Antwort der Redaktion

Hallo Isabella,

wenn du kenntlich machst, warum du sie verlinkst, sollte das kein Problem sein.

Mit besten Grüßen
die Redaktion
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#4 Jess 2020-08-07 09:50
Guter Artikel,
Frage: müsste man denn dann nicht davon ausgehen das alle Instagramprofil e die nicht privat sind gefährdet sind? Man kann doch nie wissen, ob man später einmal bekannt wird und außerdem handelt es sich doch auch oft um eine persönliche Empfehlung.
Oder gelten all die Vorschriften nur für große Accounts und ab wann ist man ein großer Account? Es ist unglaublich wie diese Abmahn"Unterneh men" Unsicherheit stiften und dafür sorgen das man dann lieber nichts postet als etwas "falsches".

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Antwort der Redaktion

Hallo Jess,

jeder, der nicht rein privat Inhalte im Netz veröffentlicht, ist zur Kennzeichnung von Werbung verpflichtet. Auf die Menge der Follower kommt es dabei nicht an.

Beste Grüße
die Redaktion
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#3 Torsten 2020-08-06 09:38
Hallo Redaktion,

zeigt man aber Marken und äußert vielleicht sogar, dass dieses Produkt gut ist, kommt man ganz schnell in die Schleichwerbung . Es bleibt schwammig und schlussendlich scheint man nie auf der sicheren Seite zu sein, sofern man kein Jurist ist.

Viele Grüße
Torsten
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#2 Peter 2020-08-05 16:57
Den Schluss finde ich sehr gut definiert.
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#1 Torsten 2020-08-05 14:22
Dann bleibt der Ratschlag alles zu kennzeichnen, scheinbar der rechtlich sicherste? Gilt das auch für Blogger? Hier markiere ich meist schneller als nötig.

Viele Grüße
Torsten

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Antwort der Redaktion

Hallo Torsten,

das aktuelle Urteil schätzen wir als Fehlurteil ein, da es am Gesetz vorbei geht.

Alles zu kennzeichnen ist allerdings keine gute Lösung. Werden Marken in einem als werblich gekennzeichnete n Beitrag genannt, könnten die Markeninhaber das als Rechtsverletzun g beurteilen, da der Blogger suggeriert, eine Geschäftsbezieh ung zu dem Unternehmen zu unterhalten.

Daher sollten wirklich nur die Beiträge gekennzeichnet werden, mit denen ein kommerzieller Zweck verfolgt wird.

Die Regelung gilt für alle, die öffentlich Inhalte bereitstellen, also auch für die klassischen Blogger.

Mit besten Grüßen
die Redaktion
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