Verbraucherstreitbeilegung

BGH fordert Informationspflichten auf der Webseite UND in den AGB

Veröffentlicht: 05.11.2020 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 06.11.2020
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Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern sollen, um die Gerichte zu entlasten, auch gerne außergerichtlich geschlichtet werden. An sich ist das eine gute Idee. Doch bisher sorgten die damit einhergehenden Informationspflichten für nichts als Abmahnungen, während die Verfahren, die tatsächlich über diesen Weg geklärt werden, zahlenmäßig kaum eine Rolle spielen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Informationspflichten nun noch einmal konkretisiert und damit erweitert.

Zur Erinnerung: Es gibt noch mehr Infopflichten

Die meisten Online-Händler können das Thema OS-Link nicht mehr hören – erst recht nicht die daraus resultierenden Informationspflichten und möglichen Abmahnungen. Den wenigsten ist bekannt, dass es neben dem OS-Link noch weitere Informationspflichten in puncto Streitbeilegung gibt, wie den Hinweisen zur alternativen Streitbeilegung, was oft in einen Topf geworfen wird. Von einer Hinweispflicht gemäß § 36 VSBG sind Online-Händler ausgenommen, wenn sie am 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben. 

Dann müssen sie angeben, ob sie bereit sind, an einem alternativen Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Betroffen sind also nur größere Händler. Während der OS-Link darauf abzielt, Verbraucher darüber zu informieren, dass die Möglichkeit grundsätzlich besteht, geht es hier also eher darum, die Bereitschaft des Unternehmers zu kommunizieren. Das kann sogar so weit gehen, dass die Informationspflicht schon besteht, auch wenn gar keine Verträge über die Webseite geschlossen werden können, so der EuGH.

Und wie informiert man richtig?

Der Hinweis auf diese Streitbeilegung muss jedoch auch irgendwie im geschäftlichen Verkehr untergebracht werden. Ob ein Hinweis in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (soweit vorhanden) gehört, oder ob eine Information im Impressum reicht, war aus dem Gesetz nicht eindeutig zu erkennen.

Verklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände deshalb eine Bank, um die Rechtsfrage zu klären. Diese unterhält eine Webseite, auf der sie u. a. ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen veröffentlicht. Diese enthielten keine Angaben zur Bereitschaft oder Verpflichtung zur Teilnahme an dem Streitbeilegungsverfahren, wie sie bei Banken stets erforderlich sind. Diese Angaben befanden sich lediglich im Impressum der Webseite sowie in einem separaten Informationsblatt.

Ohne Punkt und Komma?!

„Die Informationen [...] müssen

  1. auf der Webseite des Unternehmers erscheinen, wenn der Unternehmer eine Webseite unterhält,
  2. zusammen mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegeben werden, wenn der Unternehmer Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet.”

so der Gesetzeswortlaut. An der Begründung des BGH sieht man einmal ganz deutlich, wie Juristen denken und Gesetze auslegen, nämlich beispielsweise anhand des Wortlautes: Nummer 1 und 2 seien nicht durch ein „oder” getrennt, sondern durch ein Komma, wodurch eine Aufzählung von Pflichten begründet werde, die nebeneinander zu erfüllen seien (BGH, Urteil vom 22.09.2020, Aktenzeichen XI ZR 162/19). Basta. So einfach ist das.

Ergo: Wenn ein Unternehmer sowohl eine Webseite unterhält als auch Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, müssen die Informationen sowohl auf seiner Webseite, z.B. im Impressum, erscheinen, als auch in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen werden. 

Hinweis: Händlerbund-Mitglieder, die von dieser Informationspflicht betroffen sind, müssen nichts befürchten. Sie erhalten auf diese Rechtsprechung abgestimmte Rechtstexte. Es sind keine Änderungen notwendig.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Yvonne Bachmann

Kommentare  

#1 Mesut 2020-11-05 13:23
Hinweispflicht gemäß § 36 VSBG sind Online-Händler betroffen, wenn sie am 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben.
Müsste es nicht mehr heißen?
_____________________________________

Hallo Mesut,

hier nochmal der konkrete Gesetzeswortlaut:
"Von der Informationspfl icht ... ausgenommen ist ein Unternehmer, der am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt hat.".

Viele Grüße!
Die Redaktion
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