Mitgliederstruktur & Finanzmodell

Gericht kassiert Ido-Vertragsstrafe wegen Rechtsmissbrauch

Veröffentlicht: 23.04.2021 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 23.04.2021
Chef wird auf Stein von Mitarbeitern gezogen

Mittlerweile gehören die Berichte über Gerichte, die dem Ido-Verband Rechtsmissbrauch bescheinigen, schon zur Routine. Es mag daher kaum überraschen, dass es nun ein neues Urteil des LG Hannovers (Az. 26 O 64/20) gibt. Auch die Begründung ist nichts Neues mehr.

Verstoß gegen das Demokratiegebot

Wie die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Graf auf ihrem Blog berichtet, ging es diesmal um eine Vertragsstrafenforderung, die der Ido-Verband gerichtlich gegen den Beklagten einfordern wollte. Das Gericht wies diese Forderung ab und verwies dabei auf die Mitgliederstruktur des Vereins.

Wie bereits Gerichte vorher, monierte es die unverhältnismäßige Verteilung zwischen passiven und aktiven Mitgliedern. Erst kürzlich stellte das Landgericht Potsdam (Urteil vom 02.02.2021, Aktenzeichen: 52 O 102/20) fest, dass in dem Verein lediglich zwei Prozent der Mitglieder aktiv sind. Der Rest scheint vor allem dafür da zu sein, die Mitgliederlisten als Beleg für die Abmahnlegitimation zu füllen. Anders, als in anderen Verfahren, begründete der Ido diesmal diese Aufteilung wie folgt: „Kostenträchtige Versammlungen und endlose Debatten mit juristischen Laien könnten vermieden werden.“ Salopp gesagt ist es dem Verein also scheinbar zu anstrengend, mit Rechtslaien einen Austausch zu betreiben.

Grundsätzlich ist die Unterscheidung zwischen passiven und aktiven Mitgliedern zwar kein Problem im Vereinsrecht; dennoch sieht das LG Hannover den Aufbau mit Blick auf das Demokratieprinzip kritisch: „Jedenfalls kann vorliegend durch die Organisation des Klägers effektiv verhindert werden, dass die Mitglieder wesentlichen Einfluss auf die Geschicke des Vereins nehmen. Der Vereinsvorstand des Klägers entscheidet über die Aufnahme von neuen Mitgliedern, so dass die Möglichkeit besteht, unliebsame Bewerber abzulehnen“, wird weiter aus der Entscheidung zitiert. 

Kritisch bemerkt wurden außerdem die Finanzflüsse innerhalb des Vereins; insbesondere die Verdienste einzelner Mitarbeiter. Dazu rechnete zuletzt das Landgericht Darmstadt (Urteil vom 21.01.2021, Az. 15 O 14/20) aus, dass man als Ido-Mitarbeiter einen Stundenlohn von 60 Euro verbucht

Erneut: Verschonen der eigenen Mitglieder

Als drittes Argument merkte der Beklagte an, dass der Verband seine eigenen Mitglieder verschont. Auch das sah das Gericht kritisch: „Insgesamt entsteht dadurch das Gesamtbild des Klägers, dass sich Gewerbetreibende auf dem Gebiet des Online-Handels mit einer passiven Mitgliedschaft von dem Risiko freikaufen, vom Kläger wegen wettbewerbswidrigen Handelns auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, ihnen Einflussmöglichkeiten auf die Geschicke des Klägers jedoch versagt bleiben.“

Spannend ist im übrigen, dass der Beklagte weder zum Verschonen der eigenen Mitglieder, noch zu der Finanzlage offenbar konkrete Beweise vorgelegt hat. Da der Ido den Argumenten an dieser Stelle nicht mit Substanz entgegengetreten ist, nahm das Gericht diese als gegeben hin. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#2 Walter Altenkirch 2021-04-29 13:10
Was nützt das all denen die bereits kräftig zahlen mussten?

Die Rücknahme rechtswidriger Entscheidungen sieht das deutsche Recht nicht vor, selbst wenn Jemand lebenslange Strafe mit anschliessender Sicherungsverwa hrung oder eine Einweisung in die Psychiatrie verfügt wird (siehe Gustl Mollath) bedarf jahrzehntelange r Klagen.

Hier weiß der Staat: das Handeln des IDO ist rechtswidrig, alle die trotzdem schon zahlen mussten, werden dadurch verhöhnt und zu Unrecht finanziell geschädigt und wer gar eine Unterlassungser klärung unterschrieb... .
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#1 Yolanda 2021-04-28 14:47
was muss passieren damit der Verein, Sandhage und Co. geschlossen werden?

Freie Fahrt für Abzocker statt Gerechtigkeit, Verhältnismäßig etc. Alles hunderte Male geschrieben
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