BGH über Tutanota 

E-Mail-Anbieter müssen Überwachung ermöglichen

Veröffentlicht: 26.05.2021 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 26.05.2021
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E-Mail-Dienste, die versprechen, Nachrichten grundsätzlich verschlüsselt zu speichern, so dass wirklich nur der Inhaber der Zugangsdaten auf den Inhalt zugreifen kann, sind beliebt. Ein solcher Anbieter ist auch Tutonota: Über den Dienst können Nutzer Ende-zu-Ende verschlüsselte E-Mails versenden; Nachrichten an sich werden außerdem grundsätzlich verschlüsselt gespeichert, auch wenn deren Versand unverschlüsselt erfolgte. E-Mails zwischen zwei Tutanota-Nutzern werden sogar automatisch Ende-zu-Ende verschlüsselt.

Genau an dieser Stelle soll Tutonota nun ein Schlupfloch einbauen, um Strafverfolgungsbehörden den Zugriff auf E-Mails zu ermöglichen. 

Ein „absurdes“ Urteil

„Absurd“ lautet wiederum das Urteil, welches der E-Mail-Anbieter Golem zufolge dem BGH ausspricht. Gemeint ist damit das Spannungsfeld zwischen dem Telekommunikationsgesetz (TKG) und der Strafprozessordnung (StPO).

Das TKG schreibt Anbietern vor, Einrichtungen vorzuhalten, die es den Behörden ermöglichen, beispielsweise im Falle von strafrechtlichen Ermittlungen, Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Das TKG ist allerdings gar nicht auf E-Mail-Anbieter anwendbar, da es sich dabei um sogenannte Over-the-top-Dienste handelt. Unter Over-the-top-Diensten versteht man Angebote, die lediglich Inhalte übermitteln, ohne in die Kontrolle oder Verbreitung involviert zu sein. 

Dennoch müsse der Anbieter Tutanota Möglichkeiten der Überwachung schaffen, entschied der BGH und verwies dabei auf die StPO. Diese sieht in § 100a nun einmal die Telekommunikationsmittelüberwachung als Maßnahme vor und diese gelte gleichsam für Over-the-top-Dienste. 

„Wir halten diese Entscheidung für absurd, da sich die beiden Gesetze hier klar widersprechen. Denn faktisch sind wir aufgrund der Verpflichtung zur Umsetzung der Telekommunikationsüberwachung gleichwohl dazu verpflichtet, entsprechende Maßnahmen vorzuhalten, da andernfalls die angeordneten Maßnahmen gar nicht umzusetzen wären“, fasst die Pressesprecherin des Unternehmens das Urteil zusammen.

Weitere Schritte aufgrund der TKG-Novelle vermutlich zwecklos

Immerhin einen Wermutstropfen gibt es: Die Entscheidung betrifft lediglich E-Mails, die ohnehin unverschlüsselt gesendet wurde. Bei Nachrichten, für die eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verwendet wird, gäbe es ohnehin keine technische Möglichkeit, diese ohne Kenntnis des Schlüssels zu entschlüsseln.

Dennoch verursacht das Urteil einen bitteren Beigeschmack. Golem zufolge würden sich aber weitere Schritte, wie etwa eine Verfassungsbeschwerde, seitens Tutanota kaum lohnen: Die Novelle des TKGs sieht ohnehin vor, das dieses künftig auch auf Over-the-top-Dienste anwendbar sein soll.

Daher zeige das Urteil erneut, wie wichtig die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist, heißt es weiter vom Unternehmen. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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