OLG Hamm

Ungenaue Lieferzeit „in der Regel” als zulässig erachtet

Veröffentlicht: 23.09.2021 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 23.09.2021
48 h vor Paketen

Immer wieder werden Werbeaussagen zum Versand und zu Lieferzeiten abgemahnt oder landen sogar vor Gericht, welches dann zu klären hat, ob die jeweils beanstandete Aussage in der Form verwendet werden darf. Allseits bekannt dürfte sein, dass eine Formulierung wie „Versand auf Nachfrage” unzulässig ist. Aber wie sieht es aus bei ungenauen Angaben zur Lieferzeit? Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte sich mit der Werbung eines Online-Shops auseinanderzusetzen, dass die Lieferzeit der Produkte mit „in der Regel 48 Stunden” angab. Wie das Gericht in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (vom 19.08.2021, Az.: 4 U 57/21) mitteilte, hält es diese Aussage für zulässig.

Das Bemühen zur schnellen Lieferung genügt

Das OLG hält die Angabe zur Lieferzeit „in der Regel 48 Stunden” für rechtlich nicht zu beanstanden, so berichtet es die Kanzlei Dr. Bahr. Zwar bedeute diese Aussage, dass die Lieferung für manche Produkte auch längere Zeit in Anspruch nehmen kann. Dennoch könne der Kunde die Aussage lediglich dahingehend auffassen, dass der Unternehmer sich um eine möglichst schnelle Lieferung bemühe, da sich auch aufgrund von unterschiedlichen Transportzeiten die Lieferung nicht genau vorhersagen lasse. Entscheidend sei dabei auch, dass eine Lieferung innerhalb von 48 Stunden in den überwiegenden Fällen erfolge.

Als die Verbraucherrechterichtlinie im Jahr 2014 in Kraft getreten ist, wurden Online-Händler dazu verpflichtet, den Termin zu nennen, bis zu dem die Ware beim Kunden eintreffen soll. Werden die Lieferzeiten nur mit ungenauen Angaben wie etwa „voraussichtlich” oder „in der Regel” angekündigt, genügte das bisher nicht aus (beispielsweise OLG Bremen, Beschluss vom 08.09.2009, Az.: 2 W 55/09). Im Hinblick darauf erscheint die aktuelle Rechtsprechung des OLG Hamm durchaus überraschend.

Unzulässige Aussagen zur Verfügbarkeit und in den AGB

Der klagende Produzent und Händler von Leuchten hatte aber noch mehr zu beanstanden. In diesem Punkt gab ihm das OLG recht: Die Werbeaussage "circa 1 Mio. Artikel sofort verfügbar" ist irreführend und stellt einen Wettbewerbsverstoß dar, wenn tatsächlich nur 2.000 Produkte angeboten werden. Der Verbraucher gehe bei einer solchen Werbeaussage hingegen davon aus, dass das Sortiment eine Million Produkte umfasse. Der von dem beklagten Unternehmen beworbene Umfang des Bestands ergibt sich lediglich aus einer entsprechenden Lagerhaltung und entspricht nicht der Vorstellung der Kunden.

Ebenso problematisch sah das Gericht folgende Klausel in den AGB an: „Die vereinbarte Beschaffenheit unserer Waren wird ausschließlich durch unsere Produktbeschreibungen bestimmt. Öffentliche Äußerungen, Anpreisungen und Werbungen stellen daneben keine vertragsgemäßen Beschaffenheitsangaben dar.” Eine solche Bestimmung benachteilige die Verbraucher jedoch unangemessen, da § 434 Abs. 1 BGB die Bestimmung der Beschaffenheit auch durch die Werbung zulässt. Der Händler bekomme sonst die Möglichkeit die Beschaffenheit in der Produktbeschreibung zu seinem eigenen Vorteil zu gestalten. Das ist auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht zulässig.

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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