Urteil in der Pandemie

Bundesarbeitsgericht: Weniger Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit ist zulässig

Veröffentlicht: 01.12.2021 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 01.12.2021
Schild Kurzarbeit auf Tastatur

Während der Coronapandemie mussten zahlreiche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kurzarbeit gehen. Für einige bedeutete das sogar, dass die Arbeit zeitweise komplett stillstand. Damit einher ging die Frage, welche Auswirkungen diese Tage der sogenannten Kurzarbeit Null auf den Urlaubsanspruch haben. Darüber entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) und kam zu dem Schluss, dass bei der Berechnung des Jahresurlaubs die Kurzarbeitertage mit einberechnet werden müssen.

Kein Urlaub ohne Arbeit

Ursprünglich hatte eine Verkäuferin aus Essen geklagt, die sich von April bis Dezember 2020 in Kurzarbeit befand. In den Monaten April, Mai und Oktober war sie in Kurzarbeit Null und musste daher in diesem Zeitraum keine Arbeitsleistung erbringen. In den übrigen Monaten arbeitete sie in einem reduzierten Umfang. Ihr Arbeitgeber kürzte daraufhin für die Zeit der Kurzarbeit Null ihren Urlaubsanspruch anteilig, wogegen die Verkäuferin wiederum klagte und einen ungekürzten Urlaubsanspruch geltend machte. Als Begründung gab sie an, dass dafür schon keine Rechtsgrundlage bestehe und auch kein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung dafür vorliege. 

Das BAG (Urteil vom 30.11.2021, Az. 9 AZR 225/21) widersprach dieser Argumentation und bejahte die Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit Null. Schon die Vorinstanzen hatten die Klage als unbegründet abgewiesen. Da die Kurzarbeit einzelvertraglich vereinbart wurde, können die Tage ohne Arbeitsleistung nicht denen mit einer Arbeitspflicht gleichgestellt werden. Das gelte sowohl nach nationalem Recht als auch nach dem Unionsrecht. Ein Urlaubsanspruch entsteht schließlich nur für die Zeiten, in denen auch tatsächlich gearbeitet wird. Außerdem erkannte das BAG in einem weiteren Verfahren (Urteil vom 30.11.2021, Az. 9 AZR 234/21), dass dies auch gelte, wenn die Kurzarbeit wirksam durch eine Betriebsvereinbarung eingeführt worden ist.

Urteil schließt eine rechtliche Lücke

Die Entscheidung des BAG ist wegweisend für kommende Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Berechnung des Urlaubsanspruchs. Kürzungen sind somit rechtens und können vom Arbeitgeber vorgenommen werden. Allerdings stößt das Urteil auch auf Kritik, wie LTO berichtet. Nach dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) würden dadurch die Lasten der Pandemie auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgewälzt werden. Schließlich sei die Kurzarbeit Null keine planbare Freizeit für die Beschäftigten. 

Beachtet werden muss jedoch, dass eine Urlaubskürzung wegen Kurzarbeit nur möglich ist, wenn auch die Kurzarbeit zuvor rechtswirksam eingeführt worden ist. Und diese Anforderungen sind hoch. In der Vereinbarung enthalten sein muss unter anderem die Dauer und Regelungen zum Umfang der Kurzarbeit. Andererseits kann die Vereinbarung über die Kurzarbeit und die damit einhergehende Kürzung des Urlaubsanspruchs unwirksam sein.

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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