Urteil aus Karlsruhe

BGH: Gewerbemiete im Lockdown kann angepasst werden

Veröffentlicht: 13.01.2022 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 13.01.2022
Schild Schließung an Geschäft

Viele Geschäfte mussten während der Coronapandemie im Jahr 2020 ihre Läden für einen bestimmten Zeitraum schließen. Das bedeutete für zahlreiche Unternehmen: keine Einnahmen. Doch trotz ausbleibenden Umsätze liefen die Mietverträge für die Ladengeschäfte weiter und die Vermieter forderten die Mietzahlungen ein. Zur Sicherung ihrer Existenz sahen sich viel Händler dazu gezwungen, mit den Vermietern über die zu zahlenden Mieten zu verhandeln. Viele Fälle landeten anschließend vor Gericht. Nun entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem wegweisenden Urteil, dass die Mieten angepasst werden können.

Keine pauschalen Halbe/Halbe-Lösungen

Mit dem Fall einer Textilhandelskette aus Sachsen setzte sich zuletzt das Oberlandesgericht (OLG) Dresden auseinander. Das Gericht sprach der Händlerin in etwa die Hälfte der Miete als Erlass zu. Der Sachverhalt beschäftigte im Anschluss nun auch den BGH, der mit seinem Urteil von gestern (Az. XII ZR 8/21) die vorläufige Einschätzung des Vorsitzenden Richters aus dem Dezember bestätigte: Die volle Miete muss nicht gezahlt werden, aber Einzelhändler können auch nicht auf eine pauschale 50:50-Regelung hoffen.

Zwar können die Unternehmen einen Anspruch auf Anpassung der Gewerbemiete während eines Corona-Lockdowns haben, es müssten dabei aber immer sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, berichtet LTO. Einberechnet werden müssen beispielsweise die Umsatzeinbußen, Versicherungsleistungen oder auch staatliche Hilfen. 

Verteilung der Lasten auf beide Seiten

Der BGH betont in seiner Urteilsbegründung, dass die Lasten während der staatlichen Maßnahmen der Coronapandemie sowohl den Mieter als auch den Vermieter treffen und daher beide Seite die Verantwortung zu teilen haben. Eine hälftige Teilung sei aber wiederum nicht pauschal möglich und damit auch nicht angemessen. 

Gewerbliche Mieter dürfen eine Anpassung ihres Mietvertrages verlangen, wenn sie wegen der Corona-Maßnahmen schließen müssen oder nur unter starken Einschränkungen öffnen dürfen. Juristisch gesehen ist diese Regelung auf die Störung der Geschäftsgrundlage zurückzuführen, da Mieter und Vermieter den Vertrag wohl nicht oder zumindest nicht unter diesen Umständen geschlossen hätten, wenn die Änderungen in der Zukunft absehbar gewesen wäre. Allerdings ist es den Vermietern überlassen, beispielsweise statt einem Teilerlass der Miete auch nur einen Aufschub zu gewähren. Darüber haben die Gerichte bisher nicht eindeutig entschieden.

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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