OLG Frankfurt a.M.

Online-Händler darf Original-Markennamen für eigenes Ersatzteil nutzen

Veröffentlicht: 29.08.2022 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 29.08.2022
Techniker wartet Auto

Der Umgang mit Marken kann für Unternehmer besonders dann kritisch sein, wenn es sich nicht um die eigenen handelt. Dabei landet auch immer wieder eine Kategorie von Fällen vor den Gerichten, in der das Markenrecht eigentlich nicht problematisch sein muss: Es geht um den Handel mit Fremd-Ersatzteilen. Hier spielt auch der Fall eine Rolle, den das Oberlandesgericht Frankfurt am Main kürzlich per Beschluss entschieden hat (Beschluss v. 3.5.2022, Az. 6 W 28/22). Ein Online-Händler hatte hier Ersatz-Scheraufsätze für einen Elektrorasierer beworben. Dagegen ging die Rechtsinhaberin der Marke des Rasierers vor – allerdings erfolglos. Solange es den anständigen Gepflogenheiten entspricht, kann die Nutzung der Marke in Ordnung sein. 

Fall: Online-Händler bietet Ersatzteil unter Verweis auf die Marke an

Der Online-Händler hatte sein Ersatzteil in Form eines Scherkopfes für einen Elektrorasierer auf ihrer Website beworben, unter anderem mit der Formulierung „Ersatzkopf für Philips RQ11“. Die Zeichenkombination steht dabei für den Originalscherkopf. Außerdem wurden in der Bezeichnung weitere Zeichen aufgezählt, die für die jeweiligen Rasierermodelle stehen. Die Markeninhaberin von der Wort-/Bildmarke „Philips“ sah darin nun eine Markenrechtsverletzung. Vor dem Landgericht scheiterte sie jedoch mit ihrem Eilantrag und ihre Beschwerde vor dem Oberlandesgericht hatte in der Sache ebenfalls keinen Erfolg. 

Grundsätzlich sei die Marke in der Anzeige des Online-Händlers durchaus rechtsverletzend benutzt worden. Das ist erstmal eigentlich auch klar, denn der Wortbestandteil der Marke wurde hier identisch für Zubehörteile von Elektrorasierern genutzt – und damit für eine Ware, für die die Marke eingetragen ist. Wenn man so will, ist die Lage so weit zunächst vergleichbar mit der Situation, in denen Plagiate unter einer Marke angeboten werden. 

Allerdings sei die Zeichenverwendung durch den Online-Händler hier privilegiert, heißt es im Urteil. Was hat das zu bedeuten? 

Zubehör: Rechte der Markeninhaber gelten unter Einschränkungen

Hier geht es jetzt um eine gesetzliche Regelung, von der etliche Anbieter von Drittersatzteilen und -zubehör profitieren. Die nämlich hätten es unter Umständen ganz schön schwer, könnten sie bei ihren Produkten nicht darauf verweisen, für welche Waren sie denn konkret gedacht sind. „Smartphonehülle für ein bestimmtes Handy“? „Eher hellblauer Kotflügel für bestimmten Kleinwagen eines deutschen Herstellers“? Mit solchen Produktbezeichnungen könnte man es gleich ganz lassen. 

Glücklicherweise haben Hersteller und Vertreiber solcher Produkte etwas mehr Spielraum. Für Unionsmarken wie hier gilt: Der Markeninhaber kann es einem Dritten nicht verbieten, die Marke zu verwenden, wenn das zu Zwecken der Identifizierung oder zum Verweis auf Waren/Dienstleistungen des Markeninhabers geschieht. Das gilt insbesondere, wenn die Markenbenutzung als Hinweis auf die Bestimmung der Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, erforderlich ist, wenn die Benutzung durch den Dritten den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. 

Kurzzusammenfassung: Die Nutzung einer (fremden) Marke ist insbesondere für Zubehör und Ersatzteile für die Markenprodukte zulässig, wenn sie erforderlich ist und soweit es den „anständigen Gepflogenheiten“ in Gewerbe und Handel entspricht. Das gilt durch eine Regelung im MarkenG vergleichbar auch für deutsche Marken. 

Nutzung der Marke beschränkt auf „anständige Gepflogenheiten“ 

Und was sind jetzt die anständigen Gepflogenheiten? Das Urteil lässt uns unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH zumindest wissen, dass die Benutzung einer Marke diesen nicht mehr entspricht, „wenn

  • sie in einer Weise erfolgt, die glauben machen kann, dass eine Handelsbeziehung zwischen dem Dritten und dem Markeninhaber versteht; 
  • sie den Wert der Marke dadurch beeinträchtigt, dass sie deren Unterscheidungskraft oder Wertschätzung in unlauterer Weise ausnutzt; 
  • durch sie diese Marke herabgesetzt oder schlechtgemacht wird; 
  • oder der Dritte seine Ware als Imitation oder Nachahmung der Ware mit der Marke darstellt, deren Inhaber er nicht ist“. 

Hier: Markennutzung sei erforderlich

In Bezug auf den konkreten Fall stellt das Gericht fest, dass die Verwendung der Marke „Philips“ erforderlich sei, um auf die Bestimmung des Scherkopfes als Ersatzteil für die von der Markeninhaberin hergestellten Elektrorasierer hinzuweisen. Zudem würde die Art der Verwendung der Marke auch den genannten anständigen Gepflogenheiten entsprechen. So werde durch die Formulierung „Ersatzkopf für Philips RQ11“ deutlich, dass es sich beim angebotenen Produkt um einen Ersatz für den Original-Ersatz-Scherkopf handele – es wird also nicht darüber getäuscht, dass es sich dabei um kein Originalprodukt handelt. In diese Wertung bezieht das Gericht unter anderem auch die Aufmachung der Internetseite im Übrigen ein, auf der der Wortbestandteil der Marke nur einmal kleingeschrieben verwendet werde. 

Die Nutzung des Zeichens „RQ 11“ führe auch nicht dazu, dass die Zeichennutzung nicht mehr den anständigen Gewohnheiten in Gewerbe und Handel entspreche. Das Gericht konnte nicht erkennen, dass dadurch die Wertschätzung der Marke ausgenutzt werden würde oder sie hierdurch herabgesetzt oder schlechtgemacht werde. 

Weitere Informationen zur Verwendung von Marken bei Ersatz- und Zubehörteilen gibt es übrigens auch in diesem Artikel

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