Wir blicken zurück

Das waren die 10 wichtigsten rechtlichen Entscheidungen im E-Commerce 2022

Veröffentlicht: 21.12.2022 | Geschrieben von: Hanna Hillnhütter | Letzte Aktualisierung: 21.12.2022
Würfel 2022 zu 2023

2022 hat sich nicht nur in der Gesetzgebung einiges getan, auch die Rechtssprechung hat viele wichtige Entscheidungen getroffen. Wir blicken auf zehn Urteile zurück, die für die E-Commerce-Branche wichtig sind. 

1. Amazon Kontensperrung war unzulässig

Anfang des Jahres hat Amazon gleich mehrere Niederlagen vor Gericht erlitten. Mehrere Händler klagten gegen Amazon wegen einer Sperrung der Verkaufskonten. Die Konten von zwei Händlern, die mit dem Handel auf Amazon erhebliche Gewinne erzielten, waren eingefroren worden. Amazon begründete diese Entscheidung, damit, dass die Händler gefälschte Bewertungen genutzt haben sollen. In einem Eilverfahren entschied das Landgericht Frankfurt allerdings, dass die Konten wieder freigegeben werden müssen. 

Im Juni scheiterte Amazon dann auch noch mit einer Verfassungsbeschwerde. Auch hier ging ein Streit gegen Amazon Kontensperrungen voraus. Amazon versuchte, vor dem Bundesverfassungsgericht geltend zu machen, dass ihm kein rechtliches Gehör verschafft wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde Amazons allerdings nicht zur Entscheidung angenommen. 

Amazon hat viele interne Regeln, an die sich Händler halten müssen, wenn sie auf dem Marktplatz verkaufen wollen. Wenn sich Händler nicht an die Vorgaben halten, müssen sie damit rechnen, dass Amazon eine Kontensperrung durchführt. 

2. Verbraucherzentrale darf gegen Facebook klagen

Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Jahr ein Grundsatzurteil gefällt. Er hat entschieden, dass Verbraucherverbände gegen Unternehmen wegen Datenschutzverstößen klagen dürfen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte gegen Meta geklagt, da hier auf Facebook bei der Nutzung von kostenlosen Spielen von Drittanbietern eine Datenweitergabe erfolgt ist. Der EuGH musste darüber entscheiden, ob ein Verbraucherschutzverband einen DSGVO-Verstoß abmahnen kann, auch wenn keine konkrete Person vertreten wird. 

3. Renate Künast gewinnt gegen Facebook 

Gleich mehrere Gerichtsentscheidungen gingen dieses Jahr zugunsten Renate Künast aus. 

Bereits im Jahr 2015 wurde Künast unter einem Facebook-Beitrag, der ein Falschzitat von ihr enthielt, scharf beleidigt. Die Grünen-Politikerin hatte daraufhin Facebook auf Herausgabe der Klarnamen verklagt, um strafrechtlich gegen die Kommentarschreiber vorzugehen. Das Landgericht Berlin hat 2019 entschieden, dass es sich bei den Kommentaren um Äußerungen handelt, die eine Politikerin aushalten müsse. 

Diese Entscheidung hatte für viel Unverständnis gesorgt und konnte den späteren Instanzen auch nicht standhalten. Der Fall landete letzten Endes vor dem Bundesverfassungsgericht. Dieses entschied, dass es sich bei den getätigten Äußerungen sehr wohl um Beleidigungen handele, und das Persönlichkeitsrecht der Politikerin geschützt werden müsse. Unter Maßgabe dieser Entscheidung, musste das Berliner Landgericht erneut entscheiden und verpflichtete Facebook dazu, die Nutzerdaten an Künast herauszugeben. 

In einem weiteren Verfahren, welches vor dem Landgericht Frankfurt am Main ansässig war, wurde Facebook dazu verpflichtet, gegen Falschaussagen intensiver vorzugehen. Facebook muss illegale Inhalte proaktiv finden und löschen. 

4. Abmahnfalle Google Fonts

Eine Entscheidung hat in diesem Jahr für eine regelrechte Abmahnwelle gesorgt. Das Landgericht München stellte im Februar fest, dass ein DSGVO-Verstoß vorliegt, wenn Google Fonts dynamisch auf Webseiten eingebunden wird. Denn dann wird beim Aufrufen der Seite eine Verbindung zum Google Server aufgebaut und die IP-Adresse wird an Google übermittelt. Dass es sich bei IP-Adressen in der Regel um personenbezogene Daten handelt, liegt ein DSGVO-Verstoß vor, wenn es keine Einwilligung gegeben hat. Das Landgericht München sprach dem Betroffenen daher einen Schadensersatz in Höhe von 100 Euro zu. 

Dieses Urteil wurde in vielen weiteren Abmahnungen als Grundlage gesehen und Schadensersatz von Webseitenbetreibern zu erwirken. Hunderte von Abmahnungen, teils von immer der gleichen Person, wurden ausgesprochen. 

5. Wann müssen Influencer Beiträge als Werbung kennzeichnen?

Um das Thema Influencer-Werbung wurde schon häufig gestritten. Die Gesetzeslage war lange nicht eindeutig, wann ein Beitrag als Werbung gekennzeichnet werden muss. Und auch die Rechtssprechung war sich nicht immer einig. Noch bevor die Omnibusrichtlinie in diesem Jahr für Klarheit sorgen konnte, gab es eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. 

Eine Influencerin hatte für ein Posting keine unmittelbar finanzielle Gegenleistung bekommen, stattdessen hat sie allerdings E-Books im Wert von 1.300 Euro zur Verfügung gestellt bekommen. Das dazugehörige Posting hat die Influencer allerdings nicht als Werbung gekennzeichnet. Dagegen klagte eine Mitbewerberin, weil sie hierin einen Wettbewerbsverstoß sah. Das OLG Frankfurt sah das genauso und stellte fest, dass der Post als Werbung hätte gekennzeichnet werden müssen.

6. Versandkostenvorschuss bei mangelhafter Ware

Wenn die Kaufsache einen Mangel zeigt, haben Verbraucher in der Regel das Recht auf Nacherfüllung. Muss die Ware dafür zurückgeschickt werden, muss der Verkäufer die Kosten dafür tragen. Immerhin sollen dem Käufer ja keine zusätzlichen Kosten entstehen, weil er mangelhafte Ware geliefert bekommen hat. 

Doch in einem Fall, der vor dem BGH landete, sah die Sache etwas anders aus. Die Käuferin hatte ein Pferd im Wert von 12.000 Euro gekauft. Es handelte sich um ein Dressurpferd und dieses hatte den sogenannten Zungenfehler. Die Verkäuferin bot an, das Pferd abzuholen, um es zu untersuchen. Das lehnte die Käuferin allerdings ab und verlangte stattdessen einen Transportkostenvorschuss in Höhe von 1.200 Euro. Gibts nicht, sagte der BGH. Denn dort, wo keine Kosten entstehen, müssen auch keine erstattet werden, so der BGH. 

7. Bewertung mit „Versandkosten: Wucher!“ ist erlaubt

Bewertungen sind für viele Käufer ein entscheidendes Kaufkriterium. Und so ist es für Händler um so ärgerlicher, wenn diese nicht ganz so gut ausfallen. Ein Händler auf Ebay bekam nach einem Verkauf die Bewertung „Versandkosten Wucher!!“. Dies hielt er für unzulässig. Denn laut dem Verkäufer handle es sich um keine sachliche Kritik mehr. Und so verlangte er, dass die Bewertung entfernt werde und das wollte er auch vor Gericht durchsetzen. Der BGH sah das allerdings anders. Die Grenzen zur Schmähkritik seien hier nicht überschritten und die Bewertung ist von der Meinungsfreiheit gedeckt. 

8. Händler müssen umfangreich über die Herstellergarantie informieren

Wieder einmal musste der Europäische Gerichtshof über einen deutschen Rechtsstreit entscheiden. In diesem Falle darüber, in welchem Umfang Online-Händler über die Herstellergarantie informieren müssen. Ob Händler weitreichend über die Herstellergarantie informieren müssen, beantwortete der EuGH mit einem klaren „Es kommt darauf an“. Informationspflichten bestehen immer dann, wenn der Händler die Herstellergarantie zu einem zentralen Punkt seines Angebots macht. Wenn er also groß damit wirbt, dass es sich um ein tolles Angebot handelt, weil es neben den gesetzlichen Pflichten von Gewährleistungsrecht und Widerrufsrecht auch noch eine Herstellergarantie gibt, dann muss er Kunden auch die Informationen liefern, die er braucht, um die Garantie in Anspruch zu nehmen. Also die konkreten Bedingungen über die Dauer und den Geltungsbereich der Garantie, sowie mögliche Beschränkungen und unter Umständen auch Name und Anschrift des Garantiegebers. 

9. Lindt gewinnt den Markenrechtsstreit um den Goldhasen

Lindt versuchte über mehrere Jahre hinweg, seinen Goldhasen markenrechtlich schützen zu lassen. Doch Gerichte zweifelten immer wieder daran, dass der Goldhase genug Unterscheidungskraft zu anderen Schokofiguren in ähnlicher Verpackung habe. Lindt klagte sowohl gegen den Schokoladenhersteller Riegelein, als auch gegen Heilemann. Gegen Heilemann konnte Lindt vor dem BGH dann endlich einen Sieg verzeichnen. Der BGH nahm an, dass der Hase sehr wohl markenrechtlichen Schutz erlangte. Das Oberlandesgericht München bestätigte dann auch noch, dass der Heilemann Hase gegen diesen Markenschutz verstößt.

10. Markenlöschung „Black Friday“

Der Black Friday ist für viele Händler bereits ein kleiner Vorgeschmack auf das Weihnachtsgeschäft. Doch das Werben war nicht immer einfach, da der Begriff „Black Friday“ markenrechtlich geschützt war. Seit Jahren wurde versucht, die Marke löschen zu lassen, da die markenmäßige Bedeutung des Zeichens nicht erkennbar war. Das hat das OLG Berlin nun bestätigt und geurteilt, dass die Marke aus dem Markenregister gelöscht werden muss. Händler müssen sich allerdings nicht etwas gedulden, bis sie die Bezeichnung komplett sorglos nutzen können: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und die Gegenseite, also die Markeninhaberin, hat bereits Beschwerde eingelegt. 

Über die Autorin

Hanna Hillnhütter
Hanna Hillnhütter Expertin für: Verbraucherschutz- und Strafrecht

Hanna verschlug es 2012 für ihr Jurastudium vom Ruhrgebiet nach Leipzig. Neben dem Studium mit dem Schwerpunkt Strafrecht, spielte auch das Lesen und Schreiben eine große Rolle in ihrem Leben. Nach einem kurzen Ausflug in das Anwaltsleben, freut Hanna sich nun, ihre beiden Leidenschaften als Redakteurin verbinden zu können.

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