Nachhaltigkeit oder Diebstahl?

Streit ums Grillfleisch

Veröffentlicht: 29.03.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 31.03.2023
Mann steht an Grill

Über zwei Instanzen zog sich ein Rechtsstreit wegen Grillfleisch im Wert von höchstens 50 Euro, die ein Mitarbeiter nach einem Fest mit nach Hause nahm. 

Mit dem Grillfleisch kam die Kündigung

Jeder kennt es, wenn eine Feierlichkeit vorbereitet wird: Den Gästen soll es an nichts mangeln, wobei in der Konsequenz meist jede Menge Lebensmittel übrig bleiben. Nach Beendigung des Grillfestes, welches ein Aus- und Weiterbildungsunternehmen für die Examenskandidaten veranstaltete, blieben ebenfalls mindestens zwei eingeschweißte Packungen Grillgut (Schweinenackensteaks) im Wert von jeweils ca. 20 Euro bis 25 Euro übrig. Nach Absprache mit seinen Kollegen hinsichtlich der Verwendung des Grillguts nahm der Angestellte das Fleisch mit nach Hause und fror es dort ein. 

Zwei Tage später legte der Angestellte das Grillgut nach Aufforderung wieder (schuldbewusst) in den Betriebs-Gefrierschrank zurück und musste zum Rapport bei der Chefin. Eine Freistellung vom Dienst und eine anschließende fristlose Kündigung waren die Quittung. Wer hat hier überreagiert?

Fristlose Kündigung war überzogen

Ein Diebstahl eines Arbeitnehmers stellt einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar. Strafrecht hin oder her, wiegt ein Vertrauensbruch zu schwer, dass man so noch ein gutes Betriebsklima aufrechterhalten kann. Das zeigte schon der vor vielen Jahren in der Öffentlichkeit breitgetretene Fall einer Bäckereinangestellten, die wegen einer entwendeten Semmel im Pfennigbereich ihren Arbeitsplatz verlor. Darauf kommt das Gericht noch einmal zurück, hat aber ein Nachsehen. 

Dem Fleischliebhaber rechnete das Gericht an, dass er es nicht heimlich getan habe, sondern vorher Rücksprache mit den Kollegen nahm. Zudem wissen auch die Richter aus eigener Lebenserfahrung, dass man Fleisch vor dem Verderben retten muss und der Gekündigte somit in guter Absicht gehandelt habe. Eine Abmahnung hätte es auch getan, so das Fazit (Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 04.11.2022, Az.: 10 Sa 778/22). Nichtsdestotrotz muss er sich das Grillfleisch nun ohnehin wieder selbst kaufen, denn die fristlose Kündigung wurde in eine ordentliche Kündigung umgewandelt. Ob die Chefin das Fleisch eigentlich selbst aufessen wollte, ist nicht bekannt.

 

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kommentare  

#3 Andreas 2023-03-31 11:09
Zwei Instanzen müssen sich beschäftigen, mit einen Sachverhalt der mit normalen Umgang miteinander eigentlich zu lösen wäre.
Was hat den die erste Instanz als begründung geliefert, das es in die 2.Runde ging?
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#2 B.s. 2023-03-30 15:40
Was wäre mit dem Fleisch passiert, Müll?
Eine tolle Ausrede, um einen Mitarbeiter grundlos zu kündigen.

Die Mitarbeiter fanden die Mitnahme in Ordnung, wenn nicht wird geteilt, das muss reichen.

Es handelte sich schliesslich um einen verderblichen "Partygegenstan d", der auch hätte verzehrt werden können und nicht um Firmeninventar, das wäre dagegen Diebstahl. O.g. nicht. Wir schmeissen schon genug weg.

Auf der anderen Seite wird rumgeheult, wenn Lebensmittel weggeschmissen werden oder gar in bösr Plastikverpacku ng serviert. Eine vorgesehene typisch deutsche Denunziantenpla ttform wurde ja schon eingerichtet.

Solangsam muss man sich schämen, dass im eigenen Personalausweis die Staatsangehörig keit deutsch steht.
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#1 Caric 2023-03-30 09:51
Willkommen in Deutschland, das Land der endlosen idiotischen Möglichkeiten einen Mitarbeiter loszuwerden.

Hätte der Mitarbeiter das Kilo Fleisch am Abend gegessen wäre es kein Problem, aber einen Rest mitnehmen ist problematisch.

Die reine Wahllosigkeit, die dahinter steckt, ist schon widerlich. Das Gericht hätte es der Chefin verbieten müssen, diesen Mitarbeiter überhaupt auf reine Weise zu kündigen! Mich würde interessieren, welche Firma es war, damit ich der Chefin ein Kilo Fleisch (schon verarbeitet) zuschicken kann. Entschuldigung, normalerweise bin ich sachlich, aber bei sowas sehe ich zurück auf mein vor 10 Jahren beendetes Angestelltenver hältnis, das nun Gott sei, Dank vor 10 Jahren in meiner Selbständigkeit endete.
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