BGH zur Mithaftung von unwahren Tatsachenbehauptungen in Bewertungen

Veröffentlicht: 23.03.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 23.03.2015

Dass man für die eigenen Aussagen einstehen muss, ist klar. Das dürfte den meisten, die schon einmal eine Abmahnung erhalten haben, schmerzlich verdeutlicht worden sein. Auch für fremde Inhalte kann eine Haftung als Mitverursacher in Frage kommen, wenn man trotz Kenntnis nichts gegen sie unternimmt.

Trauriger Smiley

(Bildquelle Trauriger Smiley: Alex_Po via Shutterstock)

Der Bundesgerichtshof hat vergangene Woche entschieden, dass die Betreiberin eines Hotelbewertungsportals nicht auf Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen eines Nutzers auf ihrem Portal haftet (Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13 – Hotelbewertungsportal).

"Für 37,50 € pro Nacht und Kopf im DZ gabs Bettwanzen"

In dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall ging es um eine unwahre, von dem betroffenen Hostel als geschäftsschädigend eingestufte Tatsachenbehauptung in einem Hotelbewertungsportal.

Bei der Abgabe einer Bewertung durchliefen die Aussagen vor ihrer Veröffentlichung im konkreten Fall zwar eine Wortfiltersoftware, die u. a. Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelinhabern auffinden soll. Unauffällige Bewertungen werden jedoch automatisch veröffentlicht. Ausgefilterte Bewertungen werden von Portal-Mitarbeitern geprüft und dann ggf. manuell freigegeben.

Keine Vorabprüfung der Nutzerbewertungen zumutbar

Das Portal kann für die Negativbewertung im aktuellen Fall aber nicht mit in die Verantwortung genommen werden, so die Bundesrichter. Die beanstandete Nutzerbewertung sei keine eigene "Behauptung" der Betreiberin des Portals, weil sie sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht hat. Die Betreiberin des Portals hat die Behauptung auch nicht "verbreitet".

Die Haftung für unwahre Tatsachenbehauptungen eines Dritten beginnt erst dann, wenn spezifische Prüfungspflichten verletzt wurden. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert.

Die Betreiberin des Portals hat nach Meinung des Bundesgerichtshofes keine spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen ist ihr nicht zumutbar.

Haftung generell erst ab Kenntnis

Zwar besteht keine grundsätzliche Verpflichtung für den Inhaber eines Accounts, alle Kommentare etc. auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu überprüfen. Sind die rechtwidrigen Inhalte aber bekannt (und hat der Betreiber sie fahrlässig übersehen), ist er zur sofortigen Entfernung verpflichtet. Kenntnis erlangt man beispielsweise dadurch, dass sich der Rechteinhaber meldet und eine Entfernung der Bewertung verlangt.

Fremde Beiträge können auch dann zur Haftungsfalle werden, wenn man sie sich „zu Eigen“ macht. Beispiele für ein solches zu Eigen machen sind rechtsverletzende Kommentare, denen der Webseitenbetreiber zustimmt, indem er sie beispielsweise für eigene Werbezwecke bewusst hervorhebt.

Fazit

Auch für kleinere Online-Händler, die lediglich eine Kommentarfunktion auf ihren Webseiten verwenden, ist das Urteil relevant. Reagieren Sie in solchen Fällen umgehend auf entsprechende Hinweise und Aufforderungen zum Entfernen einer Bewertung. Wenn tatsächlich eine Verletzung (z. B. eine unwahre Tatsache) vorliegt und Sie nichts unternommen haben, können Sie ab diesem Zeitpunkt unter Umständen mit in die Haftung genommen werden.

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