Fehler bei der Rechnungslegung können abgemahnt werden

Veröffentlicht: 06.10.2017 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 06.10.2017

Die Ausbildung zum Buchhalter oder Steuerfachangestellten dauert Jahre und wird im Online-Handel mittlerweile meist kostengünstig und automatisiert durch entsprechende Software erleichtert. Fehler, die – egal ob durch Mensch oder Maschine - bei der Rechnungserstellung gemacht werden, werden dem Unternehmer jedoch zugerechnet und er muss für sie einstehen.

Rechnung
© Andrey_Popov / Shutterstock.com

Täuschung durch zu hohe Rechnungsbeträge

Fällt eine Rechnung ungewohnt niedrig aus, dürfte das die meisten Kunden freuen. Wehe aber, man muss mehr bezahlen als vereinbart, etwa, weil ein versprochener Rabatt nicht in Abzug gebracht wurde. Dann gehen Verbraucher sofort auf die Barrikaden und alarmieren Anwälte oder Verbraucherschützer. So auch in einem aktuellen Fall. 

Die Nichtberücksichtigung eines vereinbarten Rabattes in einer Rechnung kann den Rechnungsempfänger und damit den Verbraucher über den Preis täuschen. Die falsche – und zu hohe - Preisberechnung kann den Verbraucher zur Zahlung eines überhöhten Rechnungsbetrages veranlassen, die er bei richtiger Rechnung nicht getätigt hätte (OLG München, Urteil vom 16.03.2017, Az.: 29 U 3285/16). Eine Abmahnung wegen einer Irreführung kann die Quittung für Nachlässigkeiten bei der Rechnungslegung sein.

Kunden müssen Rechnungen nicht kontrollieren

Obwohl dem Kunden der Fehler aufgefallen war undspäter eine korrigierte – aber immer noch falsche – Rechnung zugesendet worden war, blieben die Richter standhaft und auf Seiten des Verbrauchers. Es sei unerheblich, dass sich der betroffene Verbraucher den richtigen Rechnungsbetrag hätte selbst ausrechnen können.

Auch wenn der Kunde den Fehler auf den Rechnungen schon erkannt hatte, ändere dies nichts daran, dass sich der Verbraucher im Vergleich zum Unternehmen „in einer unterlegenen Position“ befinde. 

Kein Nachsehen bei Ausreißern oder Systemfehlern

Auch wenn kein bewusstes oder systematisches Vorgehen vorlag, bleibt es bei der Irreführung. „Normale“ Bearbeitungsfehler lassen sich im Massengeschäft schlicht nicht vermeiden. Auch Einzelfälle und Ausreißer können eine Irreführung und damit Abmahnung nicht verhindern.

Vorsicht auch bei falschen Auskünften

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts greift auch die Richtung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) auf. Wir hatten schon 2015 berichtet, dass der EuGH die (einmalige) Erteilung einer falschen Auskunft zur Länge der Vertragslaufzeit als irreführende Geschäftspraxis angesehen hatte. Der EuGH hat ausdrücklich klargestellt, dass es völlig unbeachtlich sei, dass das Verhalten des betreffenden Gewerbetreibenden nur einmal vorkam und nur einen Verbraucher betraf. Weiter hat der EuGH ausgeführt, dass es gänzlich unbeachtlich sei, ob die falsche Auskunft absichtlich erteilt wurde. Jede zu hohe Rechnung ist damit wie eine falsche Auskunft ahndbar.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kommentare  

#10 H.K. 2017-10-14 09:22
Darf ich jetzt auch den Kunden sofort wegen Betrug vor den Kadi zerren, der sich beim Bezahlen mal eben ungerechtfertig t ein paar Prozente Skonto abzieht? Mir wäre dafür Zeit und Geld zu schade.

Das Problem sind doch mal wieder einzelne Mitmenschen, die zuviel Langeweile haben und anstatt mit dem Händler kurz über das Problem zu reden, Dank Rechtschutzvers icherung lieber mit einem Anwalt telefonieren.

Da wir in dem oben geschilderten Urteil ja nun auch nicht wissen, wie der Kommunikationsv erlauf gewesen ist, noch die Begleitumstände kennen, ist die Aufregung darüber dann auch wieder die Zeit nicht wert.
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#9 Händlerbund 2017-10-12 08:17
Hallo Jonas,

der Händlerbund hat hier (haendlerbund.de/.../...) noch einmal erklärt, das er sich mit eigenen konkreten Vorschlägen an der geplanten Überarbeitung der Verbraucherrech terichtlinie (VRRL) der Europäischen Union beteiligt.

Mit freundlichen Grüßen
der Händlerbund
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#8 Heinz 2017-10-11 23:04
Was haben solche Urteile eigentlich mit "Im Namen des Volkes" zutun?
Richter haben ihr lebenslanges gesichertes Einkommen und müssen sich keine Gedanken wegen Umsatz und so machen. Sehr abgehoben diese Leute.
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#7 Jonas 2017-10-11 18:52
Das ist einfach nur noch erbärmlich was unsere Grichte hier veranstalten. Und im Händlerbund wird es weiter hoch gehyped damit auch schön alle weiterhin Angst haben anstatt einmal Front gegenüber der Politik zu bilden und sich für uns beitragzahlende n Händler einzusetzen.
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#6 Richard 2017-10-11 18:32
Es geht hier eigentlich nicht um Verbraucherschu tz sondern einzig und allein darum, wie Anwälte, die wenig oder kaum Mandanten haben, Geld verdienen können. Der Gesetzgeber sollte generell Abmahnungen verbieten, sei es von Anwälten oder Abmahnvereinen und nur professionelle Personen gestatten Abmahnungen durchzuführen, die im ersten Abmahnverfahren keine Strafen oder Kosten verursachen, damit der Händler eine Chance hat seinen Fehler zu korrigieren.
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#5 Heinrich Lang 2017-10-11 17:03
Das ist wahrlich ein Witz. Das sollte man mal ins Strafrecht übertragen: Jeder Staatsanwalt samt Richter, der aufgrund eines Irrtums eine Haftbefehl organisiert sollte dann entsprechend wegen Freiheitsberaub ung belangt werden; jeder Zeuge, der sich irrt, und jeder Polizist, der falsche Schlüsse zieht, müßten dann bei Haftbefehlen auf dieser Grundlage auch ohne der "Ausrede" eines Irttums gleich wegen Freiheitsberaub ung in mittelbarer Täterschaft bestraft werden!

Man braucht sich wahrlich nicht zu wundern, das keine und mittlere Unternehmen im Onlinegeschäft das Handtuch werfen!
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#4 Heidemann 2017-10-11 15:02
es ist ein Wunder das die bei der ganzen umverteilung von unten nach oben noch Zeit für soetwas haben !?
aber na klar ,solange es noch kleine und mittlere Händler gibt - ist natürlich die absolute Monopolisierung in Gefahr - also wird erbarmungslos auf sie eingedroschen bzw. soviel an Aktionismus /Gesetzgebung geschaffen - das es eigentlich gar keinen Ausweg mehr gibt ,als alles dicht zu machen. (dazu passend anderer Beitrag über den Datenschutz - wo sie selbst schreiben unverständlich ((wirklich nur für die Händler ??)) und man dann Hilfe benötige - wer soll das bezahlen ?) usw. usw.
also wenn noch paar Leute in Kreuzberg ein gemeinsames Ladengeschäft eröffnen wollen - dann lasst uns verhandeln !
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#3 Sandra 2017-10-11 14:06
Meine Güte - wir Gewerbetreibend en müssen wirklich zu 1000% fehlerfrei arbeiten? Mich würde ja mal brennend interessieren, ob dieser Rechtsanwälte und Richter noch nie in ihrem Leben einen Fehler gemacht haben und wenn sie Fehler machen, ob sie auch dafür sofort abgemahnt und zu Zahlungen verdonnert werden.....

Einfach nur noch dreist.
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#2 Nicki 2017-10-06 21:46
Und wie ist das im Supermarkt an der Kasse? Kann ich da dann zukünftig auch gleich den Anwalt einschalten und wird der Markt dann auch abgemahnt, wenn der Rabatt der ausgewiesen wird im Laden nicht auf dem Kassenbon abgezogen wird, weil es nicht korrekt in der Kasse eingepflegt ist? Ich finde diese Rechtssprechung sowas von einseitig. Der stationäre Handel hat ja mittlerweile fast Narrenfreiheit, aber die Onlinehändler dürfen für jeden noch so kleinen Fehler zum "Schutze" des Kunden bluten.
Wo sind die Abmahnanwälte die den stationären Handel seine Fehler vor die Nasde halten??? Komisch da ist keiner unterwegs und schaut ob da Grundpreisangab en etc. eingehalten werden, wäre ja auch mit deutlich mehr Aufwand verbunden...
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#1 markus 2017-10-06 13:43
Fehler sind menschlich und können passieren!
Keine Software ist 100%ig korrekt!

In gewissen seltenen Kombinationen sind Fehler unvermeidbar.

Von euch als Händlerbund erwarte ich, dass Ihr für die Händler Partei ergreift und gegen diese unmenschlichen Fehlentscheidun gen vorgeht! Setzt euch dafür ein, dass Abmachungen verboten werden.
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