Die wichtigsten Urteile und Gesetze 2017 – Der Jahresrückblick

Veröffentlicht: 21.12.2017 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 22.12.2017

Schon unser Ausblick ins neue Jahr zeigte, dass 2018 (mal wieder) kein Zuckerschlecken wird. Im kommenden Jahr wird die DSGVO alles andere in den Schatten stellen. Kein Grund, nicht zurückzublicken und die Meilensteine aus dem Jahr 2017 noch einmal Revue passieren zu lassen.

Rückblick Recht
© BrunoWeltmann / Shutterstock.com

Ab 01.02.2017 – Neue Hinweispflichten für Webseitenbetreiber 

Für viele Händler ist sie seit mittlerweile fast zwei Jahren nichts als eine lästige Pflicht – die Pflicht, auf die OS-Plattform hinzuweisen. Auch wenn der Gesetzgeber mit der Online-Streitschlichtung eine sinnvolle Alternative zu normalen Gerichtsverfahren schaffen wollte, erzeugten die neuen Informationspflichten in erster Linie eine Abmahngefahr. Auch wenn die OS-Plattform grandios gescheitert zu sein scheint: Spätestens seit dem 01.02.2017 müssen bei Händlern neue Rechtstexte auf der Webseite stehen. Mit dem Stichtag war aber wenigstens die größte Rechtsänderung für das Jahr 2017 bereits durchgestanden.

Im vergangenen Jahr ließ Abmahner und Gerichte die Streitschlichtung jedoch nicht los. Für viel Wirbel sorgte die Frage, ob der Link auch auf Plattformen notwendig ist und ob er anklickbar sein muss. Vermutlich wird man sich im kommenden Jahr darauf stürzen, ob er an der richtigen Stelle der Webseite platziert ist, um so den letzten Cent aus dem Abmahn-Kassenschlager herauszuschlagen.

Der Bundesgerichtshof und der Online-Handel... 

Dass auch die Bundesrichter in Karlsruhe immer häufiger mit dem E-Commerce zu tun haben, zeigte 2017 deutlich. Mit einer Fülle an aktuellen Entscheidungen sorgte das Gericht für Schlagzeilen und schaffte wieder ein Stück weit Rechtssicherheit – und Ärger – für den Online-Handel.

Zum einen nahm sich der BGH Preisvergleichsportale zur Brust. Der Kaufwillige nutzt Preisvergleichsportale, um einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, welche Anbieter es für ein bestimmtes Produkt gibt und welchen Preis der jeweilige Anbieter für das Produkt fordert. Der BGH hat Ende April entschieden, dass der Nutzer eines Preisvergleichsportals aber unbedingt darüber in Kenntnis gesetzt werden muss, für welche Angebote das Portal Provision erhält (Urteil vom 27.04.2017).

Auch das Thema Newsletter-Versand stand zur Debatte bei den Richtern in Karlsruhe. Versendet werden dürfen Newsletter nur mit Einwilligung des Empfängers, weil sie sonst eine Belästigung sein können. Das ist soweit klar. Besonders den massenhaft versendeten Newslettern von Dritten will der BGH aber an den Kragen: Bevor der Empfänger das Häkchen für eine Einwilligung setzt, muss er genau wissen, worin er einwilligt. Das bedeutet für den Newsletter-Versender, dass das werbende Unternehmen bzw. die werbenden Unternehmen genau aufgezählt werden müssen und über welche Waren und Dienstleistungen sie später E-Mail-Werbung zusenden wollen.

Um Cyber-Attacken abzuwehren, gibt es unzählige – mehr oder weniger effektive – Maßnahmen, die ergriffen werden können. Die Speicherung von dynamischen IP-Adressen ist eine Möglichkeit, um Hacker und Internet-Straftäter später zu finden. IP-Adressen dürfen jedoch nur unter strengen Voraussetzungen gespeichert werden, etwa wenn es dem Abwehren von Angriffen dient (z. B. vor Hacker-Angriffen). Damit griff der BGH die Richtung des EuGH auf.

Für den Käufer ist der PayPal-Käuferschutz Gold wert. Für den Verkäufer kann er jedoch ein Fluch sein. Immer mehr Händler beschweren sich, dass die Anträge der Kunden auf Käuferschutz zuungunsten der Händler entscheiden werden und sie auf ihren offenen Zahlungen sitzen bleiben. Zwei Gerichtsverfahren schafften es jedoch bis zum BGH und wollten sich mit den PayPal-Entscheidungen nicht abfinden. Die Mühe hat sich gelohnt, denn der BGH ist aufseiten der Händler. Sie verlieren ihre Ansprüche auf Zahlung des Kaufpreises nicht – egal wie PayPal entscheidet.

Rückgaberichtlinien, Kontrollpflichten und Dubletten bei Amazon

Ohne Vorwarnung wurden Amazon-Händler, die noch keinen Versand über Amazon (FBA) nutzen, am 22. März 2017 mit neuen Retourenrichtlinien überrascht. „Eine absolute Sauerei wie Amazon ständig mit den Händlern umspringt“, so die Kommentierung eines Lesers. Online-Händler, die ihre Produkte über Amazon verkaufen, sind verpflichtet, sich seit Mitte April 2017 an die von Amazon aufgestellten Grundsätze und Bedingungen zu halten und etwa in der Weihnachtszeit eine längere Widerrufsfrist zu garantieren. 

Damit nicht genüg für Amazon-Händler: Veränderungen durch Dritte in den gemeinsam genutzten Artikelbeschreibungen (Anhängen) fallen jedem einzelnen Händler zu. Sie müssen daher prüfen und überwachen, ob rechtswidrige Inhalte vorhanden sind. Um einer Haftung zu entgehen, müssen die Angebote regelmäßig einmal pro Wochenarbeitstag (Montag bis Freitag) kontrolliert werden.

Für einen ähnlichen Aufreger sorgte ein Urteil zum Anlegen von Artikeln bei Amazon. Wegen der Mithaftung für die Konkurrenten ist es nur allzu verständlich, dass Händler nach Mitteln und Wegen suchen, einen eigenen Artikel anzulegen. Das doppelte Anlegen von Artikeln kann jedoch nach hinten losgehen. Sie können wiederum abgemahnt werden.

Kundenbewertungen im Online-Handel

Kundenbewertungen: Sind sie positiv, freut sich jeder Händler. Werden sie jedoch haarig und Kunden schimpfen auf Produkt, Händler oder Lieferant, stehen viele Händler vor der Frage, ob und wie sie reagieren können und sollen. Tatsache ist, dass die Bewertungen zum Boomerang werden können. Wenn Kunden Produkte auf der eigenen Webseite positiv, aber unrichtig bewerten, kann dem Händler diese Bewertung sogar als eigene angerechnet werden. Noch kritischer wird es, wenn man sich die Bewertung als Händler zu eigen macht. Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat. Weil Ebay-Bewertungen so ein großes Maß an Relevanz zukommt, sei auch die inhaltliche Richtigkeit so wichtig. Wer einen Kaufvertrag schließt, verpflichtet sich zu einer wahrheitsgetreuen Bewertung des Händlers.

Übrigens darf sich auch keiner beleidigend äußern, auch nicht in einer geschlossenen Gruppe oder einem geschlossenen Forum eines sozialen Netzwerkes. 

Bio-Lebensmittel nur von zertifizierten Händlern

Händler, die im Online-Handel Bio-Produkte anbieten, müssen auch eine entsprechende Zertifizierung vorweisen können. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Demnach kommt die in Deutschland geltende Ausnahme aus dem stationären Handel nicht im Online-Handel zu tragen. Dort gilt aufgrund des direkten Verkaufs diese strenge Vorgabe nicht. Das bedeutet für den Online-Handel, dass der Code der zuständigen Bio-Kontrollstelle im Internet genannt werden muss. Die Codenummer der Kontrollstelle ist in unmittelbar räumlicher Nähe zu den Begriffen „Bio“ und/oder „Öko“ bzw. im selben Sichtfeld wie das Bio-Logo abzubilden.

Für 2018 werden zwei neue richtungsweisende Entscheidungen aus Luxemburg erwartet: Dazu zählt zum einen der Matratzenkauf im Internet. Der BGH war sich nicht sicher, ob auch für Matratzen aufgrund des hygienischen Aspekts überhaupt ein Widerrufsrecht gilt. Außerdem soll der EuGH die klärende Antwort liefern, wann und wie Cookies auf Webseiten noch zum Einsatz kommen.

Verkauf auf Plattformen darf verboten werden

Nicht nur Lebensmittelhändler, sondern auch Händler von Markenprodukten, z. B. Parfüm, wurden vom EuGH wachgerüttelt. Händlern eines Vertriebssystems darf der Verkauf über Drittplattformen wie Amazon verboten werden. Voraussetzung ist lediglich, dass das Verbot das Luxusimage wahren soll und das Verkaufsverbot objektiv und einheitlich auf alle autorisierten Vertragshändler angewendet wird.

Schleichwerbung durch Influencer

Stellt der berühmte Sportler seine neuesten Adidas-Turnschuhe vor und schwärmt von ihnen, ist das nicht immer ganz ernst gemeint. Meist erhalten Promis und/oder sog. Influencer die Produkte gratis oder sogar Geld für deren positive Erwähnung in Blogbeiträgen oder in sozialen Medien. Bezahlte Werbung muss jedoch immer gekennzeichnet werden, damit der Leser deutlich auf den kommerziellen Einfluss aufmerksam gemacht wird. Viele Firmen, Blogger und Influencer verstoßen gegen dieses Gebot. Doch 2017 scheint sich einiges in Bewegung gesetzt zu haben. Die Drogeriekette Rossmann hat es 2017 eiskalt erwischt. Bezahlte Werbung in einem Instagram-Post ist nur mit entsprechender und eindeutiger Kennzeichnung als Werbung erlaubt. 

Elektroschrott: Seit 1. Juni gibt es Bußgelder

Seit Oktober 2015, spätestens seit Juli 2016, mussten betroffene Händler für eine eigene Rücknahmestelle sorgen, an der sie Elektroaltgeräte zurücknehmen können. Bisher kamen die Sünder jedoch glimpflich davon. Abmahnungen waren zwar denkbar, jedoch keine Bußgelder. Das änderte sich zum 01.06.2017. Seitdem sind drastische Bußgelder möglich.

Seit August 2017 gilt außerdem eine neue Energieverbrauchskennzeichnung, die folgende Neuerungen einführt:

  • Es wird eine Produktdatenbank eingeführt, wo Händler sich Etiketten und Produktdatenblätter herunterladen können.
  • Es werden neue Anforderungen an die Werbung für Elektroprodukte festgelegt.
  • Die unterschiedlichen Energie-Skalen werden wieder abgeschafft und auf die einheitliche Skala von A bis G reduziert.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Yvonne Bachmann

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.