Zeugnisaktion - Zulässigkeit einer an Kinder gerichteten Werbung

Veröffentlicht: 10.04.2014 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 28.05.2015

Werbung erzielt besonders bei Kindern einen bleibenden Eindruck. Das hat die Werbeindustrie schon lange erkannt und gezielte Marketingmaßnahmen speziell auf die kleinen Kunden von morgen ausgerichtet. Auch die Zeugnisaktion eines Elektronik-Marktes war in den Fokus der Verbraucherschützer gerückt, welche die angesprochenen Kinder in ihrer Unerfahrenheit in unzulässiger Weise ausgenutzt sahen.

 Zulässigkeit von Werbung, die sich an Kinder richtet

Auch Kinder sind eine begehrte Zielgruppe, deren Kaufverhalten mit „verführerischen“ Werbemaßnahmen ausgetrickst werden soll. Damit die kleinen Kunden ihr Taschengeld beim eigenen Unternehmen ausgeben, werden ausgeklügelte Marketingstrategien entwickelt.

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat vergangene Woche über die Zulässigkeit einer an Kinder gerichteten Werbung entschieden (Urteil vom 3. April 2014, Az.: I ZR 96/13).

Kaufpreisermäßigung von 2 € für jede Eins im Zeugnis

Ein Elektronik-Fachmarkt warb in einer Zeitungsanzeige mit einer Aktion, bei der Schüler eine Kaufpreisermäßigung von 2 € für jede Eins im Zeugnis erhielten. In der Anzeige wurde darauf hingewiesen, dass die Ermäßigung für alle vom Elektronikmarkt angebotenen Warenbereiche gelten sollte.

Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen hält diese Werbung für unlauter, da sie die angesprochenen Schüler in unzulässiger Weise zum Kauf auffordere und deren geschäftliche Unerfahrenheit ausnutze.

Vorinstanz: Werbung nicht unlauter

Die erste Instanz hat den auf Unterlassung gerichteten Antrag abgewiesen. Auch die anschließende Berufung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Berufungsgerichts enthält die Werbung zwar eine an Kinder gerichtete Aufforderung zum Kauf. Sie verstoße aber nicht gegen eine Verbotsnorm, weil sich der allgemeine Kaufappell nicht auf konkrete Produkte, sondern auf das gesamte Sortiment des Marktes beziehe.

Die schwarze Liste des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Die im Anhang zu § 3 Absatz 3 UWG aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig. So ist auch eine unmittelbare Kaufaufforderung an Kinder verboten:

Nr. 28: „Eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 Abs. 3 UWG ist die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen.

Diese Vorschrift bezweckt den Schutz der Kinder sowie deren Eltern vor einer Manipulation, weil Kinder aufgrund ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit leichter beeinflussbar sind.

Die Werbung im konkreten Fall übe keinen unangemessenen unsachlichen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Schulkinder aus und nutze auch nicht deren geschäftliche Unerfahrenheit aus.

Keine Ausnutzung der Unerfahrenheit

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen nun zurückgewiesen. Er hat ebenfalls angenommen, dass es an einem hinreichenden Produktbezug im Sinne von Nummer 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG fehlt. Diese Bestimmung setzt voraus, dass ein auf bestimmte Produkte gerichteter Kaufappell vorliegt. Eine allgemein auf das gesamte Warensortiment bezogene Kaufaufforderung genügt nicht.

Der Bundesgerichtshof hat - wie das Berufungsgericht - auch einen Wettbewerbsverstoß verneint. Bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung dieser Vorschriften kann weder ein unangemessener, unsachlicher Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit noch eine Ausnutzung der Unerfahrenheit der von der Werbung angesprochenen Schulkinder angenommen werden.

Kinder dürfen nicht zum Kauf von Spielzubehör animiert werden

Der Bundesgerichtshof untersagte hingegen im vergangenen Jahr eine an Kinder gerichtete Werbung für kostenpflichtiges Zubehör für ein Computerspiel (Urteil vom 17. Juli 2013, Az.: I ZR 34/12). Wir haben hier darüber berichtet. Im Rechtsstreit ging es um die Frage, ob Kinder im Internetspiel „Runes of Magic“ zum Kauf von Zubehörangeboten und virtuellen Gegenständen animiert werden dürfen.

Fazit

An Kinder gerichtete Werbung ist ein sensibles Thema. So ist die Werbung für Kinder nicht grundsätzlich unzulässig, eine unmittelbare Aufforderung gegenüber Kindern jedoch schon. Der Grat zwischen (noch) zulässiger Werbung und direkter Kaufaufforderung ist schmal. Ob eine unmittelbare Aufforderung vorliegt, beurteilt sich wie so oft im Einzelfall. Wichtiges Kriterium kann die Verwendung von Umgangssprache sein, die einen konkreten Kaufappell enthalten muss (z.B. „Hol dir …“).

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