Marken-Mobbing

Wenn sich beliebte Marken aus der Schulzeit in die Haare kriegen

Veröffentlicht: 08.09.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 08.09.2020
Holzschreibtisch mit Stiften, Büchern und Tafel mit Zeichnungen

An die Schulzeit hat so mancher schlechte Erinnerungen. Da gab es die Rowdys, die einem irgendwie das Leben schwer gemacht haben, Lehrer, die einen irgendwie nicht riechen konnten und natürlich das fragwürdige Kantinenessen. 

Woran sich allerdings mancher gern erinnert, sich die zahlreichen Marken, die einen durch den Schulalltag begleitet haben. Dabei hat es die eine oder andere Marke dem Konkurrenten auch nicht gerade leicht gemacht. Mobbing unter Marken – ja, das gibt es und hier kommt sie: Eine kleine Reise durch den Schulalltag.

Aufstehen mit dem Lieblings-Kuscheltier 

Zumindest für die jüngeren Schüler gehört das Aufstehen mit dem Lieblings-Kuscheltier zum festen Bestandteil des Alltags. Als beliebt stellen sich dabei die Kuscheltiere von Steiff dar. Und woran erkennt man die? Richtig: Am Knopf im Ohr. Um der einzige Anbieter auf dem Markt zu sein, der seinen Kuscheltieren ein Piercing in Form eines Knopfes verpasst, versuchte Steiff dieses Kennzeichen im Jahr 2010 im Gemeinschaftsmarkenamt (HABM) schützen zu lassen.

Erfolg hatte der Kuscheltierhersteller damit aber nicht. Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 16.01.2014, Aktenzeichen: T-433/12 und T-434/12) stellte im Jahr 2014 fest, dass der berühmte Knopf im Ohr nicht zur Unterscheidung von anderen Herstellern taugt. Angenähte Knöpfe und Fähnchen stellen vielmehr ein übliches Gestaltungselement bei Stofftieren dar. Für den Verbraucher seien Fähnchen und Knopf im Ohr eher gewöhnlich und nichts, womit der Hersteller aus der Masse hervorsteche. 

Klamotten sind zum Dazugehören da

So manches Elternteil wird die Diskussion mit den vor allem pubertierenden Kindern kennen: Es darf nicht irgendeine Hose sein, es muss genau diese Hose einer bestimmten Marke sein, sonst ist das Leben vorbei und die Zukunft im A… Eimer. Wer gewisse Marken nicht trägt, oder gar in No-Name-Kleidung zur Schule kommt, riskiert unschöne Kommentare. Noch heute dürften Puma und Adidas nicht nur in Sachen Sportbekleidung beliebt sein. 

Des Pudels Kern: Puma zeigt die Krallen

Wer das mit den Marken schon in der Jugend eher lächerlich findet, greift daher vielleicht auch gern zu Produkten, die eine gerade beliebte Marke auf die Schippe nehmen. Ein beliebtes Ziel ist dabei der springende Puma: So gibt es zum Beispiel Shirts, wo das Warzenschwein, der Sidekick aus dem Disney-Klassiker „Der König der Löwen“ über den Schriftzug „Pumba“ springt. Doch Vorsicht: Puma versteht hier eher keinen Spaß und schützt die eigene Marke vor jeder Verwässerung. Das musste auch 2015 der Inhaber der Wort-Bild-Marke „Pudel“ feststellen.

Wie der Name schon vermuten lässt, sprang hier ein Pudel über den entsprechenden Schriftzug. Gegen die Markeneintragung ging Puma gerichtlich vor und gewann vor dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 02.04.2015, Aktenzeichen: I ZR 59/13). Die Richter erkannten zwar an, dass die Marke Pudel deutliche Unterschiede zur Raubkatze aufweist; stellten aber gleichzeitig fest, dass der Pudel – wenn er auch eine offensichtliche Parodie zur ursprünglichen Marke war – ganz offensichtlich die Bekanntheit von Puma für die eigenen Zwecke ausnutzen möchte. 

EuGH macht Adidas einen Strich durch die Rechnung

Weniger Erfolg hatte da Adidas im Jahr 2019. Die Marke ist für die drei leicht schräg angeordneten Streifen bekannt. Allerdings hat es Adidas mit der Markenanmeldung etwas übertrieben: Das Unternehmen wollte sich kurzerhand jede mögliche Verlaufsrichtung von Streifen auf weißem Grund schützen lassen, also beispielsweise

so:

adidas quer

oder so:

adidas längs

oder, vielleicht mal etwas ausgefallener, so:

adidas schräg

Das Ganze endete mit einer Niederlage für Adidas vor dem Europäischen Gericht (EuG, Urteil vom 19.06.2019, Aktenzeichen: T-307/17). Schwarzen Streifen auf weißem Grund in jeder beliebigen Anordnung fehlt es schlicht an Unterscheidungskraft

„Sit down, please!“

Eines durfte im Englischunterricht natürlich nicht fehlen: Der Langenscheidt. Wer die Vokabelliste nicht gelernt hat, hat auch gern mal die Mini-Version des Wörterbuches in der Federmappe versteckt. 

Das Schöne an diesen Wörterbüchern ist: Man muss sie im Buchladen nicht lange suchen. Das typische Gelb strahlt einen bereits von weitem an – und ist mittlerweile so bekannt, dass es markenrechtlichen Schutz genießt. Das bestätigte auch zuletzt der BGH (Urteil vom 18.09.2014, Aktenzeichen: I ZR 228/12). Der Streit drehte sich dabei um den Anbieter einer Sprachlernsoftware. Dieser verkaufte die Software in einem gelben Karton. Auch im Fernsehen und im Internet wurde die Software in einem gelben Farbton beworben. Langenscheidt ging hier als klarer Sieger hervor, was bemerkenswert ist. Farben genießen nur in sehr seltenen Fällen markenrechtlichen Schutz. Das ist auch ganz richtig so, denn Farben sind vereinfacht gesagt für jeden da. Damit ein Unternehmen eine Farbe markenrechtlich schützen lassen kann, muss ein bestimmter Farbton einen ausgesprochen hohen Wiedererkennungswert haben. Dies ist beispielsweise beim Magenta-Ton der Telekom der Fall. Auch das Gold der Lindt-Goldhasen genießt seit kurzem diesen ganz besonderen Schutz

Nervennahrung im Prüfungsstress

Was in der Klassenarbeit und später in Klausuren nicht fehlen durfte, war Nervennahrung, und das reichlich!

Für mehr Energie im Kopf: Dextro Energy

Was auf fast keinem Arbeitsplatz gefehlt hat, ist eine Packung Dextro Energy. Der Traubenzucker kommt in acht quaderförmigen Täfelchen daher, die übereinander gestapelt sind, eine V-förmige Einkerbung aufweisen und über abgerundete Ecken verfügen. Diese Form ist wichtig und dazu noch markenrechtlich geschützt. Erst vor wenigen Jahren musste das Unternehmen seinen Markenschutz verteidigen (BGH, Urteil vom 18.10.2017, Aktenzeichen: I ZB 3/17 und I ZB 4/17).

In der Theorie können dreidimensionale Formmarken, auch kurz 3D-Marken genannt, geschützt werden. Grundvoraussetzung hierfür ist allerdings, dass die gewählte Form nicht nur einen technischen Zweck erfüllt. Das Bundespatentgericht ging in der vorherigen Instanz davon aus, dass beispielsweise das Aufeinanderstapeln der Täfelchen die naheliegendste Art der möglichen Anordnung sei. Rein technische Lösungen können aber gerade nicht markenrechtlich geschützt werden, damit eben kein Monopol auf bestimmte technische Lösungen entsteht.

Der Bundesgerichtshof stellte sich auf die Seite des Unternehmens: Bei der Formgestaltung geht es eben nicht nur um den technischen Aspekt, wie zum Beispiel das leichte Teilen der Täfelchen an der V-förmigen Sollbruchstelle. Insbesondere die abgerundeten Kanten seien so gestaltet worden, um dem Konsumenten ein angenehmeres Mundgefühl zu bescheren. Damit erfülle die Form eben nicht nur einen technischen, sondern auch einen sensorischen Zweck. 

Rittersport und Milka: Über die Quadratur der Schokolade

Wer keinen Traubenzucker auf der Schulbank liegen hatte, hatte zumindest einen Schokoriegel dabei, der als Nervennahrung diente. Erst kürzlich haben sich zwei beliebte Marken, nämlich Ritter Sport und Milka, über den markenrechtlichen Schutz gestritten. Ganz konkret ging es um die quadratische Form von Rittersport. Auch in diesem Streit ging es ganz ähnlich wie bei Dextro Energie darum, ob die quadratische Form markenrechtlichen Schutz genießen kann. Offenbar ist die quadratische Form von Schokolade für den BGH (Urteil vom 23.07.2020, Aktenzeichen: I ZB 42/19 u. I ZB 43/19) eben keine naheliegende, rein technische Lösung. Die Kunden kaufen die quadratische Schokolade eben nicht nur, weil sich die Tafeln aufgrund der Form besonders gut verpacken, verstauen oder gar essen lassen. Die Form dient als Herkunftsmerkmal. Anhand der Form erkennt der Verbraucher, welche Marke er kauft.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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