Gesetzesentwurf

Bundesregierung will überlange Verbraucherverträge verhindern [Update]

Veröffentlicht: 20.04.2021 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 16.08.2021
PC auf blauem Hintergrund

Wer vergisst seinen Handyvertrag rechtzeitig zu kündigen, den kann sein Versäumnis ein weiteres Jahr an seinen Mobilfunkanbieter binden. So sieht bisher die gängige Praxis aus. Besonders während der noch immer andauernden Coronakrise sieht die SPD auch darin eine enorme finanzielle Belastung für Verbraucher. Die Sozialdemokraten versprechen eine stärkere Entlastung der Haushalte, berichtet das Handelsblatt, und wollen überlange Verbraucherverträge beenden.

Abofallen verhindern und Kündigungen erleichtern

Ziel der SPD ist es, ein Gesetz zu schaffen, das schärfere Regelungen für Verbraucherverträge beinhaltet und damit eine finanzielle Entlastung der Verbraucher erreicht wird. Die seit 2020 geplante Gesetzesänderung soll noch in dieser Wahlperiode finalisiert werden. Noch befindet sich der Entwurf der Bundesregierung im parlamentarischen Durchlauf. Mit dem „Gesetz für faire Verbraucherverträge” werde es den Verbrauchern und Verbraucherinnen möglich sein, Verträge schneller kündigen zu können.

Aktuell gilt bei den sogenannten Dauerschuldverhältnissen eine Vertragslaufzeit von zwei Jahren. Künftig sollen Verbraucherverträge nur noch eine maximale Vertragslaufzeit von einem Jahr haben. Eine automatische stillschweigende Verlängerung des Vertrages um ein Jahr bei Vergessen der rechtzeitigen Kündigung soll abgeschafft und die Kündigungsfristen für Verbraucher auf einen Monat verkürzt werden. In Zukunft soll damit der Ärger über die Kostenfalle Abo verhindert und ein schnellerer Wechsel zu besseren und günstigeren Angeboten ermöglicht werden.

Kritik an der Umsetzung

Sachverständige aus der Rechtswissenschaft und den betroffenen Unternehmen kritisieren indessen die Umsetzung des Regierungsentwurfes. Die geplanten Regelungen zur Durchsetzung der Verbraucherrechte seien nicht einfach genug gestaltet und würden den Verbraucher eher verwirren, als Klarheit zu schaffen. Für die Unternehmen bedeute die Regelung von Einzelfällen und deren Ausnahmen einen größeren Aufwand und einen erheblichen Eingriff in die Vertragsfreiheit.

Verbraucherschützern geht der Entwurf nicht weit genug. Einen Vertrag online abzuschließen gehe schnell und einfach. Schwerer gestaltet sich hingegen diesen Vertrag auch wieder zu kündigen. Ein elektronischer Kündigungsbutton könne dafür die Lösung sein, so ein Vorschlag von Tabea Rößner, Verbraucherschutzexpertin der Grünen. 

Im Online-Handel angekommen

Bei vielen Online-Händlern ist dieser geplante Gesetzesentwurf schon gelebte Praxis. Wie eine Umfrage unter Mitgliedern des Händlerbundes ergab, tendiert die Mehrheit bereits jetzt dazu Vertragslaufzeiten flexibler zu gestalten. Mit dem „Gesetz für faire Verbraucherverträge” passe sich die Gesetzeslage der Praxis und den Kundenbedürfnissen an. 

Gab der Händlerbund zuletzt noch zu bedenken, dass eine stillschweigende Vertragsverlängerung, statt den üblichen 12 Monaten auf nur drei Monate heruntergesetzt, negative Auswirkungen auf Unternehmen haben könne, wurde dieser Punkt inzwischen angepasst. Laut dem aktuellen Gesetzesentwurf kann künftig eine stillschweigende Vertragslaufzeit zwischen drei Monaten und einem Jahr vereinbart werden, wenn das Unternehmen den Kunden rechtzeitig auf sein Kündigungsrecht hinweist. Den Unternehmen bleibe damit eine finanzielle und qualitative Planungssicherheit erhalten.

Update: Gesetz vom Bundestag verabschiedet

Der Bundestag hat das lang diskutierte „Gesetz für faire Verbraucherverträge” verabschiedet. Dabei kam es zu weiteren Änderungen des bisherigen Gesetzesentwurfes. Laut dem nunmehr beschlossenen Gesetz dürfen sich Verträge künftig nur noch dann automatisch verlängern, wenn diese Verlängerung des Vertragsverhältnisses auf unbestimmte Zeit geschieht. Es darf demnach nicht mehr von vornherein eine Verlängerung der Vertragslaufzeit von beispielsweise einem Jahr festgelegt werden. 

Die Beschränkung der Mindestvertragslaufzeit auf ein Jahr findet sich jetzt nicht mehr im Gesetz wieder. Dafür wurde der Vorschlag aufgenommen, einen sogenannten „Kündigungsbutton” einzuführen, da Verträge so beendet werden sollen, wie sie geschlossen wurden. 

Aber noch nicht zu früh freuen: Die Erleichterungen des neuen Gesetzes betreffen nicht die bereits geschlossenen Vertragsverhältnisse. Verträge, die vor dem Inkrafttreten (1. Januar 2022) geschlossen wurden und werden unterliegen weiterhin der bisherigen Rechtslage.

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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