Kommentar: Grenzüberschreitend online shoppen sollte Selbstverständlichkeit sein

Veröffentlicht: 28.11.2017 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 28.11.2017

Richtlinien und Verordnungen gibt es in der EU massenhaft. An jeder passenden – oder unpassenden – Stelle dieser Gesetzestexte findet man den Hinweis, wie wichtig der grenzüberschreitende Handel und eine Förderung des EU-Binnenmarktes sei. Handelsbarrieren, Rechtszersplitterung, logistische Hürden. Doch auch wenn eine Reihe dieser Maßnahmen zur Vereinheitlichung des Rechtes in der EU sogar schon abgeschlossen sind, ist die Abschaffung des Geoblockings ein verspäteter Schritt.

Grenzüberschreitend shoppen
© A. and I. Kruk / Shutterstock.com

Was ist eigentlich dieses Geoblocking?

Das Wort Geoblocking geistert nun schon seit Jahren durch die Internetwelt. Doch obwohl es so viele Menschen und insbesondere Online-Händler angeht, wissen nicht alle Betroffenen, was Geoblocking wirklich bedeutet. Hier noch einmal die kurze Erklärung: Beim Geoblocking handelt es sich um eine Technik, durch die Internet-Usern aufgrund ihrer Herkunft oder über ihre Zahlungsdaten der Zugang zu bestimmten Websites verwehrt werden kann.

Oft erkennt man die Beschränkung aufgrund der Herkunft schon vor der virtuellen Haustür. Dann wird es dem potenziellen Kunden nicht erlaubt, den Online-Shop in einem anderen Land zu betreten und dort zu kaufen und er wird automatisch auf seine Länder-Webseite weitergeleitet. Immer größere Bedeutung erlangt das Geoblocking auch aufgrund beliebter Streaming-Dienste wie beispielsweise Netflix, Amazon Prime oder Spotify. Verregnete Urlaubstage im schwedischen Ferienhaus können leider derzeit nicht mit Netflix oder Amazon Prime vertrödelt werden.

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Verbot von Geoblocking sollte selbstverständlich sein

Das darf doch in Zeiten des World Wide Web nicht wahr sein, meinen Sie? Und tatsächlich wurde der Fehler im System auch von der EU erkannt und man hat sich auf eine Verordnung geeinigt. Es soll vor allem darum gehen, dass Verbraucher, die Dienstleistungen oder Waren in einem anderen Land der EU online (oder vor Ort) erwerben wollen, nicht mehr durch unterschiedliche Preise, Verkaufs- oder Zahlungsbedingungen (grundlos) diskriminiert werden.

Wie die Meldungen in der vergangenen Woche verlauten ließen, haben sich die EU-Gremien zu einem weitreichenden Verbot des Geoblockings entschieden. Nach den neuen Regeln werden die Europäerinnen und Europäer selbst wählen können, auf welcher Website sie einkaufen wollen, ohne gesperrt oder umgeleitet zu werden. Für EU-Bürger bedeutet dies, dass sie das neueste iPhone, das Ferienhaus oder die Konzertkarten dort kaufen können, wo sie wollen und nicht dort, wo sie müssen. Weihnachten 2018 wird dies Wirklichkeit sein.

Für angestaubte Politiker mag das vielleicht ein Durchbruch sein. Für die Internet-Gemeinde – und darunter erst recht die digital Natives – ist die Meldung jedoch eher verstörend und längst überflüssig. Dass es Dienstleister wie Netflix ihren Nutzern künftig erlauben müssen, auch auf EU-weiten Reisen auf die Dienste zuzugreifen, sollte doch keiner neuen Gesetze bedürfen. Es sollte vielmehr eine Selbstverständlichkeit sein. Shoppen dort, wo es am günstigsten ist, oder streamen da, wo man sich gerade aufhält, gehört für viele – und auch mich – bereits jetzt zum Alltag. Selbst in der EU-Politik hat man erkannt, dass man den EU-Binnenmarkt nun auf den neuesten Stand der digitalen Welt bringen muss.

Pläne zum Geoblocking noch verbesserungswürdig

Auch wenn das Geoblocking-Paket schon ein richtig guter Anfang ist, so ist er dennoch verbesserungswürdig. Dass ein Verbot von Geoblocking nicht einer Lieferpflicht für alle europäischen Online-Händler an alle europäischen Kunden gleichkommen darf, versteht sich von selbst. Vielmehr will das Geoblocking nur die Diskriminierung beim Zugang zu Waren und Dienstleistungen verhindern, wenn dieser nicht objektiv gerechtfertigt ist (z. B. aufgrund von nationalen Mehrwertsteuerregelungen). Die Vertragsfreiheit der Händler muss und wird unangetastet bleiben.

Ist es zeitgemäß, wenn der schwedische Kunde sein iPhone in Polen bestellen möchte, es aber trotzdem selbst holen oder die Lieferung selbst organisieren muss? Ernsthaft?

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Ergo befinden wir uns wieder beim Geoblocking, nur auf eine andere Ebene verlagert.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kommentare  

#2 EU müde 2017-12-23 07:56
Ist es zeitgemäß, wenn der schwedische Kunde sein iPhone in Polen bestellen möchte, es aber trotzdem selbst holen oder die Lieferung selbst organisieren muss? Ernsthaft?
----Aha. Dann als Einstieg bleiben wir mal bei Polemik.
Ist es zeitgemäß, dass ich als Händler beim 1. Euro in einem EU-Land oder einem anderen Land, in diesem Steuern zahlen soll? Sorry, diese Frage knallt einem gleich in den Frontallappen wenn ich Ihre Haltung einer zeitgemäßeren Lieferpflicht lese.
Warum soll ich als Händler einem Kunden aus einem Land das zu gerne mal Zahlungsausfall und mysteriöse schwarze Löcher in denen dann ausgerechnet das Paket verschwindet oder in ein Land verschicken, bei dem ich gleich noch ein Bankkonto eröffnen, plus einem Bürgpflichtigen bestellen muss?

Ich habe nichts gegen Steuern zahlen. Ich habe was gegen Zwang. Netflix, Amazon Prime TV und Co. sind nun kaum mit den physischen Handel vergleichbar.

Die EU-Kommission/- Gremien und das Ganze Gekröse ist weder für den mündigen EU-Bürger, noch für den Handel da.
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#1 Jeske 2017-11-29 17:17
Dabei wird verkannt, daß es bei Inhalten auch um Urheberrecht geht. Und solange das nicht weltweit harmonisiert ist, sind alle urheberrechtsre levanten Dienste notwendigerweis e zu blocken.
Anders gestaltet es sich beim Einkaufen. Jedoch auch da sollte kein Gesetzgeber irgendeinen Händler zwingen, wohin der seine Waren verkaufen will oder nicht. Denn eins ist nun einmal leider bei gut über 15 Jahren Online-Verkauf klar geworden, es gibt auf Verbraucherseit e teilweise extrem dubiose Meinungen, was Einkaufen und Zahlen zu bedeuten hat. Gerade die südlichen Länder haben eine äußerst laxe Einstellung zu dem Thema und deutsches/nordi sches Verständnis von ehrbar zählen für die oftmals nicht. Ich konnte auch beobachten, wie ein südlicher Händler vor Jahren auf einer Börse seinen "Sicherheitsdie nst" mitgenommen hat. Er hat anscheinend das erste Mal außerhalb verkauft und wunderte sich, daß dieser nicht benötigt wird. In seinem Herkunftsland hat jeder Verkäufer seines Schlages mehr oder weniger viele Sicherheitsleut e, die einen Schirm um den Stand bilden, um die von "Kunden" ohne wissen des Händlers ausgeborgten Waren wieder einzusammeln.
Leute, die im Elfenbeinturm sitzen und keine Ahnung von nichts haben, sollten nicht ständig hirnlose Gesetze inszenieren, um sich danach arrogant und selbstverliebt auf die Schultern zu klopfen.
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