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Müssen Kunden die Sendungsverfolgung nutzen?

Veröffentlicht: 05.02.2020 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 09.04.2021
Paket-Tracking mit Tablet

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser 

Wer online bestellt, erwartet eine schnellstmögliche Zustellung des Paketes. Schon seit der Einführung der digitalen Sendungsverfolgung lieben Kunden dieses Feature. Google will den sehnsüchtig Wartenden die Verfolgung sogar noch einfacher machen und den Paketstatus offenbar direkt in die Suchmaschine integrieren. Aus dem praktischen Feature können aber auch rechtliche Probleme entstehen…

Ein Online-Händler teilte kürzlich auf Facebook seinen Unmut über einen Kunden. Nachdem der Kunde vom Zusteller zu Hause nicht angetroffen wurde, habe man das Paket zur Abholung in die Filiale gebracht. Weil die Lagerfrist überschritten wurde, sei die Bestellung aber schließlich zurück an den Händler gesendet wurden und es kam zum Streit zwischen Käufer und Verkäufer. Seine Frage an die Community war, ob der Versanddienstleister eigentlich dazu verpflichtet ist, eine Benachrichtigungskarte abzugeben und – besonders spannend – muss der Kunde die angebotene Sendungsverfolgung auch nutzen, um das Paket ausfindig zu machen? Schlußendlich geht es auch um die Frage: Wer zahlt? Hier kommen die Antworten...

Selbstverpflichtung durch Transportunternehmen

Für die erste Frage, ob der Versanddienstleister eine Benachrichtigungskarte ausstellen muss, hilft ein Blick ins Gesetz nicht weiter. Eine Pflicht gibt es dort natürlich nicht. Aber die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Transportunternehmen geben Auskunft. DHL führt beispielsweise aus, dass man an sog. „Ersatzempfänger“ zustellen darf. Das können Hausbewohner oder Nachbarn sein, sofern DHL dem Empfänger durch Mitteilung (z. B. Benachrichtigungskarte) in den Hausbriefkarten über die Sendung und den Ersatzempfänger informiert. Hermes hat Ähnliches in seine Bedingungen aufgenommen: „Wird eine Nachbarschaftsabgabe oder die Ablage am Wunsch-Ablageort durchgeführt, erhält der Empfänger eine Benachrichtigung in Textform oder in Form einer Benachrichtigungskarte mit einem qualifizierten Hinweis zu Zeitpunkt und Ort der Übergabe“.

Obwohl derartige Klauseln immer wieder bemängelt werden, verpflichten sich die Transportunternehmen in ihren Geschäftsbedingungen selbst, eine Benachrichtigung an den ursprünglich geplanten Empfänger abzugeben. Händler könnten sich im Streitfall also durchaus darauf berufen. Fraglich ist aber in der Praxis, wer einen Streit mit einem großen Versandunternehmen aufnehmen will, ob die Benachrichtigung erfolgt ist oder nicht.

Sendungsverfolgung: Wahrheit oder Pflicht?

Wie der Händler in seiner Frage andeutet, wäre die Nichtabholung und anschließende Rücksendung wohl verhindert worden, wenn der Kunde die ihm zur Verfügung gestellte Sendungsverfolgung genutzt hätte. Denn dann hätte er rechtzeitig zur Filiale gehen und das Paket abholen können. Obwohl die Sendungsverfolgung, wie eingangs erwähnt, äußerst beliebt ist und von den Kunden auch gerne genutzt wird, gibt es aber weder die Pflicht für Händler, eine Sendungsverfolgung anzubieten, noch die Pflicht für den Empfänger, sie auch zu nutzen. Es ist dem Händler aus rechtlicher Sicht derzeit nicht möglich, den Kunden zu einer Sendungsverfolgung zu verpflichten.

Nichtabholung des Paketes = Widerruf?

Ein weiteres Problem machte dem Händler zu schaffen: Wer zahlt nun die Rücksendekosten? Das hängt zunächst davon ab, ob es sich um einen Widerruf des Kunden gehandelt hat. Bis Mitte 2014 mussten Online-Händler Rätselraten, wenn sie ein Paket eines Kunden (zurück)erhalten haben. Wollte der Kunde den Artikel nicht mehr haben oder ist er defekt? Allein die Rücksendung genügte, um wirksam vom Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Weil dies für Händler aber bisweilen sehr aufwändig und praxisfern war, hat man schließlich eine Gesetzesänderung herbeigeführt: Der Widerruf durch den Verbraucher muss durch eine Erklärung gegenüber dem Händler erfolgen, aus der der Widerruf „eindeutig” hervorgehen muss.

Das Gesetz macht also deutlich, dass ein Widerruf alleine durch kommentarlose Rücksendung der Ware ohne entsprechende Erklärung nicht mehr zulässig ist. Die Verweigerung der Annahme der Ware soll übrigens ebenfalls keine eindeutige Widerrufserklärung sein (vgl. Amtsgericht Dieburg, Urteil v. 04.11.2015, Aktenzeichen 20 C 218/15). Auch die Nichtabholung in der Postfiliale, wie in unserem Fall, ist wenig eindeutig, denn die Nichtabholung kann diverse Gründe haben und lässt nicht eindeutig auf den Widerruf schließen. Aus einem möglichen Widerruf kann man dem Kunden also hier nicht die Rücksendekosten auferlegen. Auf den Kosten für die Rücksendung wird der Händler also sitzen bleiben. Der Händler muss außerdem bereits erhaltene Beträge an den Verbraucher zurückerstatten – in voller Höhe.

Pflicht zur Annahme?!

Natürlich ist der Besteller verpflichtet, seine gekaufte Ware auch anzunehmen und dabei mitzuwirken, dass die Ware ihm zugestellt wird. Tut er dies nicht, kommt er in einen sog. Annahmeverzug und müsste dem Verkäufer sogar seine Mehraufwendungen ersetzen, die er für das erfolglose Angebot sowie die Aufbewahrung des Gegenstands (z. B. Einlagerungskosten) machen muss. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Verkäufer dem Kunden die bestellte Ware tatsächlich „angeboten" hat, sprich: deren Zustellung versucht hat. Dies wird in der Praxis eine Beweisfrage sein. Ob das unterlassene Nachforschen durch den Kunden unter die Mitwirkungspflicht des Kunden fallen soll, werden wohl erst die Gerichte herausfinden müssen. Bei den meist geringen Streitwerten und der Verbraucherfreundlichkeit der Richter wird man leider noch lange auf eine Gerichtsentscheidung warten müssen.

Exkurs: Service contra Datenschutz

Viele Händler machen sich im Übrigen wenig Gedanken und geben die Mail-Adressen ihrer Empfänger unbedarft an die Transportunternehmen weiter. Diese können die Kunden dann direkt anschreiben und über den Status des Paketes informieren. Eine Weitergabe der E-Mail-Adresse an den Paketdienstleister ist zwar grundsätzlich auch zulässig. Jedoch nur unter der Voraussetzung der expliziten Einwilligung des Kunden.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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