Wir wurden gefragt

Welche Rechte bestehen, wenn zu viel geliefert wurde?

Veröffentlicht: 20.04.2020 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 28.02.2023
Junge schaut überrascht in Paket

Ein EDV-Fehler an der Schnittstelle, Unaufmerksamkeit beim Versandmitarbeiter oder Missverständnisse beim Dropshipping: Gründe, warum es beim Verpacken der Waren zu Mengenfehlern kommen kann, gibt es viele. Wenn Händler den Fehler bemerken, muss der Kunden aufgefordert werden, die überschüssige Ware zurückzuschicken oder diese Ware nachträglich zu bezahlen. Zu recht?

Vertrag ist Vertrag

Zunächst muss man einen Schritt zurückgehen und sich die bestellte Menge anschauen. Hat der Kunde nur ein Paar Schuhe bestellt, dann hat er auch nur über dieses eine Paar Schuhe einen Vertrag geschlossen. Wird ihm etwas zu viel geliefert, beispielsweise ein doppeltes Paar Schuhe oder eine gänzlich andere Ware, hat er darüber keine Bestellung ausgelöst und auch keinen Kaufvertrag geschlossen. Wird dem Besteller daher etwas zu viel übersendet, sollte das Eigentum daran wegen des Fehlers oder der Unaufmerksamkeit gar nicht übertragen werden.

Auch von einer Schenkung ist natürlich nicht auszugehen, denn anders als etwa bei einer Gummibärchentüte handelt es sich gerade nicht um eine Gratisbeigabe.

Wiederholen ist gestohlen?

Einige Kunden geben in solchen Fällen zu, dass sie zu viel erhalten haben. Das ist für den Händler zunächst schon einmal erfreulich. Einige Kunden weigern sich aber dann trotzdem, die Ware zurückzuschicken. Tatsächlich lässt sich hinterfragen, ob die Lieferung „+ 1” wie eine Falschlieferung, oder der Lieferung von zuwenig oder von mangelhaften Gütern gleichzustellen ist. Die Zuviellieferung oder Mehrlieferung ist gesetzlich jedoch nicht geregelt.

Bislang geht die überwiegende Meinung der Rechtsprechung deshalb davon aus, dass für die Zuviellieferung nur das Recht bzw. die Pflicht zur Herausgabe besteht. Auch wenn sich die Ware nun im Besitz des Kunden befindet, hat er keinen Anspruch darauf, sie auch zu behalten. Der Händler hat einen Herausgabeanspruch gegenüber dem Kunden, nach § 812 BGB. Dieser sollte vom Händler schriftlich geltend gemacht werden und hierfür eine realistische Frist von mindestens sieben bis vierzehn Tagen zur Rücksendung gesetzt werden.

„Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt?”

Sie sind der Meinung, dass es der Fehler des Händlers ist und er deswegen auch die Ware auf eigene Kosten zurücknehmen muss? Zunächst: Sendet der Kunde die Ware zurück, müssen die Händler die Versandkosten dafür übernehmen. Ideal wäre es, dem Kunden außerdem die entsprechenden Rücksendelabels zur Verfügung stellen, damit diese die Ware nur bei dem Versanddienstleister abgeben müssen.

Einige Kunden sind sogar so forsch und fordern den Händler auf, die Überschuss-Lieferung selbst abzuholen oder mit der Abholung zu beauftragen. Hier befinden wir uns jedoch wie so oft in einer Grauzone. Für das Zurückschicken der Ware darf man vom Kunden wohl eine gewisse Mitwirkungspflicht erwarten. Natürlich kommt es immer auf den Einzelfall an und von der Rentnerin in Oer-Erkenschwick wird man wohl kaum erwarten, die doppelte Matratze wieder in der 30 Kilometer entfernten Postfiliale abzugeben. Es ist jedoch ein Leichtes und erfordert nur wenig Courage, wenn der Berliner Student die Sneaker „zu viel“ an der nächsten Packstation einwirft.

Oder doch lieber zur Kasse bitten?

Einen Anspruch auf Zahlung gegenüber dem Kunden hat der Händler jedoch nicht. Die Übersendung von Waren „zu viel” stellt, wenn es mit voller Absicht geschieht, höchstens ein neues Angebot auf Abschluss eines Vertrages dar, den der Kunde aber nicht einzugehen braucht. Nimmt der Käufer den zuvielgelieferten Teil in Gebrauch, so kann es ebenfalls zu einer stillschweigenden Vertragserweiterung kommen und der Kunde natürlich auch zur Zahlung verpflichtet werden. In unserem Fall war die Ware jedoch nur aus Versehen mitgesendet worden und der Kunde war daran nicht interessiert. Einen Anspruch auf Zahlung hat der Händler daher nicht.

Problem: Gelegenheit macht Diebe

Nun wittern Kunden vielleicht ihr Chance und rühren sich bei einer Zuviellieferung überhaupt nicht oder sie verleugnen sie auf Nachfrage. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Händler die zu viel übersendete Menge mittels Packprotokoll und bestätigtem Versandgewicht durch den Versanddienstleister belegen können. In solche einem Fall wird empfohlen, den Kunden damit zu konfrontieren. Bleibt der Kunde stur und weigert sich, die Zuviellieferung zu gestehen, kommen außerdem strafrechtliche Schritte in Betracht.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

Sie haben Fragen oder Anregungen?

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Kommentare  

#26 Jasmin Demirbas 2023-05-11 11:10
Guten Tag Ich habe Online einen Schrank bestellt. Der Status der Lieferung wurde zum Lieferzeitraum auf ( in Abklärung Ware wurde nicht geliefert) geändert. Wären dieser Zeit wurde mir der Schrank aber vom Möbelhändler direkt geliefert und ist nicht über den Anbieter gegangen. Heute bekam ich eine E-Mail das der Schrank heute an mich versendet wurde. Was muss ich in diesem Fall machen?
Liebe Grüsse Jasmin Demirbas
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Hallo Jasmin,

wende ich gerne direkt an den Verkäufer. Sollte hierzu keine zeitnahe Rückmeldung eingehen, sollte die Annahme verweigert werden.

Viele Grüße
Die Redaktion
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#25 Sigi wiesheu 2023-05-09 07:05
Guten Morgen, ich habe 1 paar snaekers bestellt und per bankeinzug sofort bezahlt.
Geliefert wurden 2 Pakete mit jeweils den gleichen Schuhen. Jedem Paket lag eine Rechnung bei mit der Mitteilung, dass per Einzug bezahlt wurde.
Jetzt wurde ich per Email zur 2. Zahlung aufgefordert. Ich möchte das 2.(gleiche) paar aber gar nicht haben.
Wie muss ich mich verhalten?
Danke für s antworten
MfG
Sigi wiesheu
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Hallo Sigi,

das ist ja wirklich ärgerlich. Aber tatsächlich besteht über das zweite Paar kein Vertrag und muss, wenn es der Händler möchte, zurückgesendet werden. Hier würden wir den Händler auffordern, ein Retourenlabel zuzusenden.

Viele Grüße
Die Redaktion
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#24 Nina 2023-04-22 19:56
Hallo,

ich habe Gartenmöbel bestellt und leider war eine Palette falsch bestückt. Nun hat der Händler eine neue Palette mit den richtigen Möbeln geschickt, die falschen aber nicht abholen lassen.
Unser carport ist also mit einer Palette blockiert und die Möbel sind in Kartons, die nach und nach durchweichen. Wie lange müssen wir die Möbel auf Palette lagern? Dürfen wir sie nach einer bestimmten Zeit auspacken und nutzen bzw. verkaufen? Es ist ja nichts defekt, es war einfach nur nicht die bestellte Farbe.

Danke

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Antwort der Redaktion

Hallo Nina,

in so einem Fall sollest du dem Händler eine Frist setzen und ihn außerdem auf den drohenden Schaden hinweisen.
Setzt dich am besten mit ihm in Verbindung. Einfach entsorgen oder verkaufen darfst du die Sachen jedenfalls nicht, da sie sich juristisch im Eigentum des Verkäufers befinden.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#23 steidl 2023-02-24 18:19
Guten Tag

Habe 2020 ein Fahrrad in einem

Fahrradgeschäft (Deutschland) gekauft habe es auch

bekommen und auch bezahlt, leider war einiges defekt der

Verkäufer wollte es auch abholen lassen auch der betrag

wurde mir

gleich rück überwiesen das Rad wurde bis heute nicht

abgeholt jetzt 2023 fragte der Verkäufer nach ob ich das Rad

noch habe, leider habe ich es verkauft da ich mir eine Neures

Modell zugelegt habe.

Wie soll ich hier vorgehen

Mfg

Steidl Otto
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Hallo,

vielen Dank für die Frage. Tatsächlich hat der Händler einen Anspruch auf Herausgabe und das innerhalb der gesetzlichen Verjährung, also bis Ende 2023. Wir raten hier einfach zu einem Gespräch mit dem Händler, damit sich alles klärt.

Viele Grüße
Die Redaktion
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#22 Sebastian 2022-09-12 23:02
Hallo,

Ich habe Anfang August einen E-Scooter bei Media Markt bestellt und 2 Stück erhalten,
die zweite Lieferung wurde aber der Karton beschädigt und/oder auch noch geöffnet, da bei erhalt des Pakets das Paket mit Klebeband zugeklebt wurde.
Ebenso wurde auf das Klebeband der Name meiner Strasse mit Edding draufgeschrieben.

Der Versender ist aber auch wie bei dem ersten Paket Media Markt.
Den Händler habe Ich darauf per Support-Ticket angeschrieben und in Kenntnis gesetzt, dass 2 Pakete gekommen sind und eben eines schon geöffnet wurde.
Diese haben mich bisher nur mit einer E-Mail geantwortet in der gefragt wurde ob Ich die Bestellung überhaupt getätigt hätte, worauf Ich ebenfalls mit Ja geantwortet hatte.

Seitdem sind jetzt schon über 2 Wochen vergangen und der Riesen Karton steht bei mir nur im Flur rum,
Wie verhalte Ich mich da am besten richtig?
Die Frau eines Freundes hatte zu mir gemeint, den Verkäufer nochmals anzuschreiben und eine Frist zu setzen.
Ist das eine Möglichkeit oder eher Rechtswidrig?

MfG Sebastian

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Antwort der Redaktion

Lieber Sebastian,

leider können wir keine individuelle Rechtsberatung anbieten.

Du kannst dich aber beispielsweise an die Beratung der Verbraucherzent ralen wenden, www.verbraucherzentrale.de/... /

Beste Grüße
die Redaktion
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#21 Helmut Finkenzeller 2022-07-27 13:30
Hallo Zusammen,

ich hatte im Dezember 2020 ein iPad bestellt und es wurden 2 geliefert. Jetzt, Ende Juli 2022 hat mich der Lieferant informiert, dass ihm der Fehler aufgefallen ist. Er bittet um die Rücksendung, oder die Bezahlung des Zuviel gelieferten iPads.

Ab wann setzt die Verjährung ein?

Gruß Helmut

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Antwort der Redaktion

Hallo Helmut,

eine Ersitzung von Eigentum beträgt 10 Jahre, setzt aber voraus, dass der Besitzer gar nicht weis, dass ihm die Sache eigentlich nicht gehört.

In diesem Fall ist der Händler also im Recht ;)

Mit besten Grüßen
die Redaktion
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#20 Frederic 2022-07-01 13:32
Hallo, ich hätte da mal eine Frage.

Habe ein Pavillon zu viel bekommen weil es die Spedition erst verlegt hatte und nach Monaten dann doch an kam. Nach der Aufforderung des Unternehmens gab ich den besitz entsprechend auch zu und man wollte eine Spedtion beauftragen es wieder ab zu holen.
Dieses letzte Telefonat mit dem Unternehmen ist nun 2 Monate her und es ist noch immer nichts passiert.
Nun meine Frage ich bin ja kein kostenloses Lager. Wie lange kann man hier von mir erwarten die Ware zu behalten?

Liebe Grüße
Frederic Röder

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Antwort der Redaktion

Hallo Herr Röder,

natürlich sind Sie kein kostenloses Lager. Setzen Sie dem Händler am besten eine angemessene, konkrete Frist und machen Sie deutlich, dass Sie nicht bereit sind, die Ware darüber hinaus einzulagern.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#19 Martina 2022-06-29 18:33
ich habe eine defektes Gerät zwecks Reparatur über den Händler an den Verkäufer gesandt. Nach langem Hin und Her habe ich plötzlich zwei anstatt ein Gerät zurück bekommen. Wie soll ich mich verhalten??

LG Martina

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Antwort der Redaktion

Hallo Martina,

wende dich am besten an den Händler und melde die zu viel gelieferte Ware.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#18 Nikolai W. 2022-06-24 20:41
Hallo,

ich habe ein Tablet bestellt bei dem (Aufgrund einer aktuellen Aktion eine Tastatur kostenlos mit dabei ist).

Während dem Bestellvorgang wurde die Tastatur auf 2x gestellt.

Es wurde mir schlussendlich 1x Tablet + 2x Tastatur (die Tastaturen entsprechend als Kostenlos) bestätigt.

Heute habe ich das Paket erhalten in dem auch tatsächlich 2x die Tastatur dabei war.

Hat der Hersteller hier ein Recht auf Rückforderung es wurde ja bereits so bestätigt und nicht "nur" versehentlich doppelt ungefragt geliefer?

Gruß

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Antwort der Redaktion:

Hallo Nikolai,

wenn der Händler die Bestellung tatsächlich so bestätigt hat und es kein Versehen war, dass eine zweite kostenlose Tastatur dabei ist, dann müssen Sie sich keine Gedanken machen.
Allerdings kann es auch sein, dass die Bestellung nur durch einen Systemfehler so überhaupt erst möglich ist, dann kann der Händler unter Umständen den Vertrag anfechten.

Viele Grüße und alles Gute

die Redaktion
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#17 Thomas 2022-06-21 09:02
Hallo, wir hatten 2020 einen teuren Adventskalender mit Schmuck (149,-) bestellt, der auch geliefert wurde. Ein Jahr später bekamen wir - angeblich wegen eines Softwarefehlers im Lager - erneut einen solchen Kalender geliefert, ohne dass wir erneut bestellt hatten.
Der Lieferant spricht nun von einer Dopplelieferung , nicht vom Zusenden unbestellter Ware. Kann nach einem Jahr noch eine Doppellierfung eintreten? Was ist mit dem Datenschutz? Dürfen meine Adressdaten einfach so gespseichert bleiben, dass ich auch noch nach über einem Jahr eine erneute Liferung eines ursprünglich mal bestellten Artikels erhalten?
Der Händler hat mich dann erst nach über 3 Monaten (im Feb. 22, Lieferung war Ende Nov 21) per Mail kontaktiert und mir einen nachträglichen Kauf zum Vorzugspreis (99,-) oder die kostenlose Rücksendung angeboten.
Die Mail war im Spamordner untergegangen, weshalb der Händler nun durch die damalige Unterlassung einer Reaktion vom nachträglichen Kauf der Sache ausgeht.
Ich vermute eine Verkaufsmasche dahinter. Überproduzierte Ware an frühere Kunden schicken und sie durch eine Wahlentscheidun g in einen nachträglichen Kaufvertrag zu zwingen, wenn nach mehreren Monaten ohne Unterrichtung keine Reaktion erfolgt.
Was kann ich tun?

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Antwort der Redaktion:

Hallo Thomas,

das klingt wirklich nach einem ärgerlichen Fall. Leider dürfen wir in der Redaktion, auch aus Gründen der Haftung, keine individuelle Rechtsberatung geben. Gerade bei einem eher komplizierterem Fall wie Ihrem ist es uns leider nicht möglich eine pauschale Antwort zu geben.
Eine Möglichkeit wäre es, sich an die örtliche Verbraucherzent rale zu wenden, da diese auf solche Fälle spezialisiert sind.

Alles Gute und viele Grüße

die Redaktion
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