
Ab dem 1. Juli gelten die neuen Regelungen der EU-Umsatzsteuerreform. Viele kleine und mittelständische Online-Händler werden dann plötzlich umsatzsteuerpflichtig im EU-Ausland. Denn die bisher geltenden Lieferschwellen, die je nach EU-Mitgliedstaat zwischen 25.000 Euro und 100.000 Euro lagen, werden abgeschafft und mit einer einzigen EU-weiten Lieferschwelle ersetzt – und die liegt nur bei 10.000 Euro.
So werden sich also ab Juli viele Händler damit auseinandersetzen müssen, dass sie die Lieferschwelle übertreten und dann in den EU-Staaten umsatzsteuerpflichtig werden, in die sie ihre Sendungen verschicken. Vereinfacht werden soll die Meldung und Begleichung der Steuerschulden durch das One-Stop-Shop-Verfahren, durch das etwa ein deutscher Händler seine Steuerschulden in Frankreich, Österreich und Dänemark zentral über das deutsche Bundeszentralamt für Steuern erklären und bezahlen kann.
Doch viele Online-Händler sind noch unsicher. Wie wird die Lieferschwelle überhaupt berechnet? Zählen Versandkosten, Verkäufe in EU-Drittstaaten oder innerdeutsche Verkäufe dazu? Gilt die Lieferschwelle nur pro Kalenderjahr oder jahresübergreifend? Diese Fragen haben in den letzten Tagen die Redaktion erreicht. Wir wollen darauf im Folgenden antworten. Für alle weiteren Fragen empfehlen wir auch das ausführliche FAQ zur Umsatzsteuerreform und zum One-Stop-Shop.
Nur grenzüberschreitende EU-Verkäufe sind relevant
Für die Lieferschwelle sind nur solche Verkäufe wichtig, die innerhalb der EU getätigt werden und die grenzüberschreitend sind. Inlandsumsätze werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt, schließlich geht es bei der Grenze von 10.000 Euro um die Umsatzsteuerpflicht im EU-Ausland. Außerdem fallen nur B2C-Verkäufe – also an Verbraucher – unter die Regelung. Verkäufe in EU-Drittstaaten, wie etwa die USA, sind für die Berechnung der Lieferschwelle nicht relevant und fallen nicht unter die neuen Regelungen.
EU-weite Verkäufe werden zusammengerechnet
Allerdings werden alle EU-weiten Verkäufe zusammengerechnet, es gibt keine 10.000-Euro-Lieferschwelle pro EU-Land. Ein deutscher Online-Händler, der also für 4.000 Euro Waren nach Österreich, für 3.000 Euro nach Belgien und für 5.000 Euro nach Polen verschickt, hat die Lieferschwelle überschritten. Er wird ab der Sendung, die die 10.000-Euro-Marke überschreitet, ab dem ersten Cent in allen EU-Staaten umsatzsteuerpflichtig, in die er nur eine weitere Warensendung verschickt.
Nettokosten und die relevanten Kalenderjahre
Der Schwellenwert von 10.000 Euro berechnet sich nach dem Nettoumsatz. Entscheidend ist also der Nettowarenwert der Sendungen, die ins EU-Ausland an Verbraucher geschickt wurden.
Außerdem gilt die Lieferschwelle immer nur für ein Kalenderjahr. Es werden nicht die Umsätze aus verschiedenen Jahren zusammengerechnet. Wer etwa im Jahr 2020 Waren für 5.000 Euro im EU-Ausland vertrieben hat und im Jahr 2021 auf 7.000 Euro Nettoumsatz kommt, hat den Schwellenwert nicht überschritten.
Aber Achtung: Hat man den 10.000-Euro-Schwellenwert im Jahr 2020 überschritten, wird man 2021 in jedem EU-Staat umsatzsteuerpflichtig, in das man eine Warensendung liefert. Die neue Regelung sieht nämlich vor, dass zur Beurteilung der Lieferschwelle immer auch das Kalendervorjahr und das laufende Kalenderjahr herangezogen werden.
Update (16.06.2021, 16:11 Uhr): Versandkosten sind relevant für Berechnung der Lieferschwelle
In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass Versandkosten nicht berücksichtigt werden, um zu berechnen, ob die Lieferschwelle überschritten wurde. Korrekt ist aber, dass die Versandkosten sehr wohl herangezogen werden und in den Schwellenwert von 10.000 Euro mit einfließen müssen.
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Kommentare
endlich mal eine Aussage zur Differenzbesteu erung.
Ich habe jetzt eine Frage in den FAQ zu 15. Was ist bei Differenzbesteu erung?
Da steht u.a.für diese Händler bleibt alles beim Alten
Das heißt keine Anmeldung OSS und auch keine Umsatzsteuernum mer beantragen? Auch für Verkäufe in die EU? Was sagt übrigens ebay dazu?
Danke
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Antwort der Redaktion
Hallo Heinz,
bei Differenzbesteu erung findet das OSS-Verfahren keine Anwendung.
Die Umsatzsteuer-ID zu führen ist trotzdem nötig, wenn über Marktplätze gehandelt wird und die Beförderung oder Versendung bei einer Lieferung im Inland beginnt oder endet. Marktplätze sind nach § 22f Abs. 1 Nr. 3 UStG verpflichtet, diese Nummer von den Händlern aufzuzeichnen. Das ist aber unabhängig vom OSS-Verfahren.
Beste Grüße
die Redaktion
ich komme im Jahr über die 10.000 Euro Schwelle.
Nehmen wir an, ich verkaufe einen Artikel bei ebay Deutschland für 100.-Euro Brutto und ein kroatischer B2C-Kunde kauft mit einer Lieferung nach Kroatien. Dann sieht die Rechnung doch folgendermaßen aus:
100.-Euro : 119 x 100 (19% deutscher Mehrwertsteuer- Satz)= 84,03 Euro Netto-Preis.
Die Rechnung nach Kroatien sieht dann aber so aus:
84,03 Euro Netto :100 x 125 (25% Mehrwertsteuer- Satz in Kroatien) = 105,04 Euro Brutto
21,01 Euro erhält der Kroatische-Staa t dann über die OSS-Plattform von mir bezahlt.
1. Der Kunde wundert sich, warum auf der Rechnung 105,04 Euro Brutto steht, da er doch nur 100.-Euro bezahlt hat und ist der ausgewiesene Bruttobetrag nicht eigentlich falsch, da er nie bezahlt wurde - somit eine falsche Rechnungsstellu ng ?
2. Ist das dann auch der Grund, warum man keine Rechnung mehr an einen Endkunden ausstellen muß (am besten soll)?
3. Was ist aber, wenn der kroatische B2C-Kunde eine Rechnung haben möchte. Wie sieht die Rechnung dann mit Netto-und Bruttobetrag aus ?
Danke schon einmal für eine Antwort.
Mein Margen-Fazit:
Wenn also ein kroatischer B2C-Kunde bei mir kauft mit Lieferung nach Kroatien, dann fehlen mir in diesem Beispiel zuerst einmal ca 5.-Euro Marge, da ich ca 5.-Euro mehr Mehrwertsteuer bezahlen muss, als bei einem Kauf von einem deutschen Endkunden. Das ist ja richtig super, wenn meine Endkalkulation bei diesem Artikel nach Abzug der ebay-Gebühren (inzwischen ca 13-17% mit der neuen Zahlungsabwickl ung von ebay)und den Versandkosten bei kostenlosen Versand bei z.B. noch 7.-Euro für einen deutschen Endkunden liegen würde.
Da "rentiert" sich ja ein Auslandsverkauf mit dem hohen Kosten-Risiko bei "Nichtzustellun g des Paketes" noch so richtig.......
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Antwort der Redaktion
Hallo Lydia,
ja das hast du richtig verstanden. Du musst nur etwas unternehmen, wenn du innerhalb der EU bei B2C-Verkäufen über 10.000 Euro im Kalenderjahr kommst.
Beste Grüße
die Redaktion
Aber noch eine konkrete Frage: Gilt die Lieferschwelle nur bei grenzüberschrei tendem Handel an Privatkunden (B-C) bei Online-Umsätzen ? Die Neuregelung der Fernverkaufsreg elung ist Teil eines europäischen E-Commerce-Pake ts. Daher ist das anzunehmen dass nur Online-Shops und Online-Verkaufs plattformen gemeint sind. Nicht unmittelbar online getätigte Verkaufsabschlü sse sind daher nicht gemeint, oder?
Fallbeispiel: Ein österreichische r Kunde frägt per Email für ein Produkt an, das wir nicht in einem Onlineshop anbieten. Er erhält eine Empfehlung und ein Angebot per pdf und bestellt daraufhin.
So genau konnte mir das bisher niemand sagen.
Viele Grüße
wir haben den Schwellenwert bereits überschritten.
Wir stellen nun also ab 01.07. die Rechnungen mit der jeweils für das
Bestimmungsland gültigen Steuer.
Was aber ist mit den Rechnungen die wir im ersten halben Jahr erstellt haben ?
Müssen hier einige nachträglich storniert und mit dem neuen Steuersatz neu geschrieben werden,
sobald die 10.000 erreicht waren ?
Wir haben hier ziemliche Diskussionen deswegen :-)
Liebe Grüße
Verena
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Antwort der Redaktion
Hallo Verena,
mit den Rechnungen aus dem ersten halben Jahr muss nichts mehr gemacht werden. Das erste Halbjahr 2021 zählt nur bei der Ermittlung, ob die Lieferschwelle überschritten wurde, die Regelungen an sich gelten trotzdem erst ab 1. Juli.
Beste Grüße
die Redaktion
danke für den Artikel.
In welcher Währung zahle ich meine Steuern bei Teilnahme am OSS in Ländern, die nicht den Euro haben (z.B. Polen, Skandinavien)? Wenn die Steuer in Euro gezahlt wird, welcher Umrechnungskurs gilt dann - Datum des jeweiligen Verkaufs oder Datum der Meldung?
Bleibt das Bundeszentralam t mein ausschließliche r Ansprechpartner oder kann es passieren, dass ich mal wieder einen Steuerstrafbesc heid von einem polnischen Finanzamt bekomme, wie es (in Polen registrierten) FBA- Händlern regelmäßig passiert?
So gut gemeint die Regelung auch sein mag; ich werde am 1. Juli erst einmal grenzüberschrei tende Verkäufe einstellen und mir das in der Praxis erstmal eine Weile anschauen.
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Antwort der Redaktion
Hallo Kai,
das BZSt sagt dazu: „Die Beträge sind in Euro anzugeben. Bei der Umrechnung von Werten in fremder Währung ist einheitlich der von der Europäischen Zentralbank festgestellte Umrechnungskurs des letzten Tages des Besteuerungszei traums anzuwenden. Falls für diesen Tag kein Umrechnungskurs festgelegt wurde, ist der des nächsten Tages anzuwenden."
Die Umrechnungskurs e der EZB finden sich hier: https://www.ecb.europa.eu/stats/policy_and_exchange_rates/euro_reference_exchange_rates/html/index.en.html
FBA etc. wird ja auch weiterhin über das Finanzamt im jeweiligen Lagerland geklärt, das ist ja einer der Kritikpunkte an der Reform: Das OSS-Verfahren ist für FBA nicht anwendbar.
Beste Grüße
die Redaktion
Da wir auf 3 Marktplätzen vertreten sind, auf Grund unterschiedlich er Gebühren auch unterschiedlich e Verkaufspreise haben, wurde dies Bereist über Kundengruppen organisiert. Nun soll das Ganze noch nach Export unterschieden werden? EU, Schweiz. Macht mal schnell das Dreifache an Kundengruppen.
Wir wurden mehrfach von EBAY angeschrieben, das wir uns bei der OSS registrieren sollen, andern falls werden unsere Artikel nicht mehr EU Weit angeboten, obwohl für uns das nicht verpflichtend ist.
Mal schauen wie sich das entwickelt.
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Antwort der Redaktion
Hallo Dirk,
da du in dem von dir geschilderten Fall nicht nach Österreich, sondern nach Deutschland verkaufst, musst du nichts weiter beachten. Es kommt tatsächlich auf das Land an, in welches du lieferst.
Mit besten Grüßen
die Redaktion
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Antwort der Redaktion
Hallo Michel,
nein, das gilt nur für EU-Staaten.
Beste Grüße
die Redaktion
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