Datenschutzkonferenz

Online-Händler müssen Gastbestellungen ermöglichen

Veröffentlicht: 27.04.2022 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 05.07.2022
Draufsicht von Person, die neben Kartons auf dem Boden sitzt und mit dem Notebook auf dem Schoß shoppt

Kundenkontos erleichtern die Bestellungen im Online-Handel ungemein, können aber auch ganz schön nerven. Nur mal schnell was in einem bisher unbekannten Shop bestellen – das ist nicht bei jedem Online-Händler möglich. Die Datenschutzkonferenz hat nun beschlossen, dass Online-Shops grundsätzlich die Möglichkeit schaffen müssen, auch ohne Kundenkonto Bestellungen abgeben zu können.

Grundsatz der Datenminimierung

Ihren Beschluss stützt die Datenschutzkonferenz auf den in der DSGVO verankerten Grundsatz der Datenminimierung. Dieser besagt, dass nur die personenbezogenen Daten verarbeitet werden dürfen, die für die Vertragserfüllung notwendig sind. Für eine Bestellung im Online-Shop sind das also klassischerweise der Name, die Lieferanschrift, Rechnungsadresse und die E-Mail-Adresse. 

Wo genau liegt jetzt aber genau der Unterschied zwischen einer Gastbestellung und einem Kundenkonto? In einem Kundenkonto werden in der Regel immerhin auch genau diese notwendigen Daten gespeichert. Der Unterschied ist einfach der, dass die Daten bei einem Kundenkonto auf Vorrat gespeichert werden, um mögliche, künftige Bestellungen zu erleichtern. Im Beschluss der Datenschutzkonferenz heißt es dazu: „Bei einer erstmaligen Bestellung kann der Verantwortliche nicht per se unterstellen, dass er Daten von Kund*innen für mögliche, aber ungewisse zukünftige Geschäfte auf Vorrat vorhalten darf. Für die Einrichtung eines fortlaufenden Kund*innenkontos ist eine entsprechende bewusste Willenserklärung der Kund*innen erforderlich.“

Unfreiwilliges Kundenkonto?

Damit wirft die Datenschutzkonferenz nicht nur das Problem der Datenminimierung in den Raum, sondern auch die Frage nach der Freiwilligkeit. Da es sich bei der Anlegung eines Kundenkontos um keine erforderliche Datenverarbeitung handelt, muss der Kunde seine Einwilligung geben. Eine Einwilligung muss laut DSGVO freiwillig erfolgen. Es darf also kein Druck auf die betroffene Person ausgeübt werden. 

Damit die Freiwilligkeit gewährleistet ist, müssen Online-Shops Bestellmöglichkeiten einrichten, die gleichwertig zu denen mit Kundenkonto sind. Laut Konferenz sei eine Bestellmöglichkeit dann gleichwertig, „wenn keinerlei Nachteile entstehen, also Bestellaufwand und Zugang zu diesen Möglichkeiten, wie bei einem Gastzugang, denen eines laufenden Kund*innenkontos entsprechen und technisch organisatorische Maßnahmen getroffen werden, die ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleisten.“

Wird keine gleichwertige Bestellmöglichkeit über einen Gastzugang geschaffen, so könnte die Einwilligung in das Anlegen eines Kundenkontos nicht mehr freiwillig sein. 

Löschung von Kundenkonten bei Inaktivität

Allerdings bestehen auch Ausnahmen: So kann es für Fachhändler bei bestimmten Berufsgruppen für die Vertragserfüllung erforderlich sein, Bestellungen nur über Kundenkontos zuzulassen. Der Grundsatz der Datenminimierung muss natürlich dennoch beachtet werden. So sollten Kundenkonten nach einer kurzen Frist bei Inaktivität automatisch gelöscht werden. 

Werbung nach Benutzerverhalten einwilligungsbedürftig

Neben der Pflicht zur Schaffung von Gastbestellungen hat sich die Datenschutzkonferenz außerdem zum Thema Werbung geäußert. Dabei ging es darum, dass Online-Händler durch die fortlaufenden Kundenkontos grundsätzlich die Möglichkeit haben, das Verhalten der Kontobesitzer auszuwerten und zielgerichtete Werbung zu versenden. Diese Form der Datenverarbeitung benötige laut des Beschlusses einer Einwilligung. „Da dies eine Verarbeitung ist, die über die bloße Einrichtung und Führung eines fortlaufenden Kund*innenkontos hinausgeht, ist diese nicht bereits durch eine Einwilligung zur Einrichtung und Führung des fortlaufenden Kund*innenkontos abgedeckt“, heißt es in der Begründung. 

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Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#16 Ruth B. 2022-06-24 13:06
Als Nutzerin eines Online Portals für gebrauchte Bücher möchte ich sehr gerne wissen wer da bei mir kauft. Es werden schließlich Kontodaten von mir übermittelt und ich habe keine Ahnung an wen. Werden denn auch Gastbesteller verifiziert?
Wie stellt man sich das vor, wenn ich bei angemeldeten Benutzern eine Blacklist anlegen kann um sich selber vor unliebsamen Bestellern zu schützen, dies kann ja dann bei Gastbestellern nicht wirklich nachverfolgen werden. Gibt es dann bei gleichlautenden Daten eines Gastes bei erneuter Bestellung einen Abgleich? Es mag sein, dass die Regelung für online Händler sinnvoll ist, für private Anbieter würde ich das gerne ausschließen. Muss die Plattform das anbieten, kann ich also Gastbestellunge n grundsätzlich für mich ausschließen?

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Antwort der Redaktion

Liebe Ruth,

es geht in der Neuregelung um gewerbliche Händler mit einem eigenen Online-Shop.
Wenn sie als Privatverkäufer in über ein Portal gebrauchte Sachen anbieten, muss das Portal diese Möglichkeit einräumen. Sie selbst müssen nichts weiter beachten.

Beste Grüße
die Redaktion
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#15 Tuvalu 2022-06-23 14:04
Schön bei Bestellungen als Gast ist auch: Dieser "Account" kann nicht gehackt werden und mit neuer Adresse falsche Bestellungen zu Lasten des Kunden aufgegeben werden. Mit Abgabe eines Passworts übernimmt der Kunde ein gewisses Risiko.
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#14 Heiko Glaser 2022-05-24 21:23
Vielleicht wäre es hilfreich zu erwähnen, dass die Daten bei einem Gastkonto zwar vorhanden sind und aufbewahrt werden müssen, aber der Datensatz einer Einschränkung in der Verarbeitung unterliegen muss. Das bedeutet, das in der Regel nie wieder auf den Datensatz zugegriffen werden darf.
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#13 Weindealer 2022-04-28 13:34
Schön, diese rege Diskussion. Ich kann nur denen beipflichten, die erkennen, dass der Kunde nur verdummt wird.
Aufbewahrungsfristen sind das große Übel, so dass 10 Jahre lang nichts weiter mit den Daten passiert, als sie mitzuschleppen. Die ewigen neuen Kundennummern für alte Kunden nerven bei der Buchhlatung, weil es tatsächlich Leute gibt, die im Monat mehrfach als Gast bestellen. Der Hammer war eine Mail von einem Kunden, der sich beschwerte, dass er Mails von mir bekommt, er wolle das nicht. AGB, Auftragsbestäti gung, Versandinfos etc.
Er versteht nicht, dass das halt nötig ist und es da Automatismen gibt.
Macht die Kunden schlauer, besonders wenn sie nach dem Erhalt der Bestellungen fordern, alle Daten zu löschen.
Nervig und dumm.
Also, auf ein Neues, liebe KOllegen. Das nächste Clownspiel wird nicht lange auf sich warten lassen...
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#12 Peter 2022-04-28 11:49
Hallo Redaktion,

der Satz "Der Unterschied ist einfach der, dass die Daten bei einem Kundenkonto auf Vorrat gespeichert werden, um mögliche, künftige Bestellungen zu erleichtern." betrifft aber nur Daten zu bereits getätigten Bestellungen.
Alle anderen (z.B. Adressdaten) Daten sind auch bei einem Gastkonto im Shop gespeichert. Der Kunde hat nur keinen Zugang und muss deshalb alles neu eingeben.
Sorry, die Autorin lässt sich von dem Begriff "Gast" täuschen. "Nervig" ist es doch, wenn ich bei Folgebestellung en alles neu eingeben muss, OBWOHL die Daten im Shop vorhanden sind.
Du musst alles neu eingeben, weil Du beim ersten Mal zu faul warst 8 willkürliche Zeichen in ein EIN zusätzliches Feld "Passwort" einzutragen....?
Wie interessant!
Vielleicht sollte man als Shopbetreiber mal überlegen die Felder "Kundenkonto erstellen" und "Als Gast bestellen" anders zu benennen. Vielleicht könnte man die Kunden so zu mehr Glück bringen?
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#11 Matthias 2022-04-27 18:00
Eigentlich ist die genannte "Freiwilligkeit " doch grundsätzlich gegeben. Der Kunde kann sich frei entscheiden in welchem Onlineshop er bestellt. Genauso wie es jedem von uns freisteht, in welchem stationären Geschäft man einkauft. Wenn einem da etwas stört oder nicht gefällt, geht man eben nicht mehr hin.

Sollen wir nun mündige und selbstständig denkende Bürger sein oder nur eine bunte Truppe 3-jähriger, die stets und ständig an die Hand genommen werden müssen?

Im Übrigen bieten wir selber immer beide Kontovarianten an, selbst wenn dadurch manche Kunden zig Kundennummern bekommen, da sie nur das Gastkonto nutzen selbst wenn sie regelmäßig etwas bestellen...
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#10 Raymond 2022-04-27 16:50
Sofern eine Dauer (Tage, Wochen, Monate, Jahre) schon genannt worde, wäre es toll diese zu ergänzen bei: "So sollten Kundenkonten nach einer kurzen Frist bei Inaktivität automatisch gelöscht werden."
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#9 Raymond 2022-04-27 16:45
Vielen Dank für Ihren Beitrag. Vielleicht kann man noch ergänzen: sind diese Vorschriften für B2C und B2B oder nur für B2C? D.h. wenn die Gastbestellung nur für B2C verpflichtend ist, wäre es in Ordnung wenn in einem Shop bei denen man als B2C und als B2B Kunde kaufen kann man nur für den B2C Kauf man Gastbestellunge n zulässt?

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Antwort der Redaktion

Hallo,

B2B-Shops könnten unter die genannte Ausnahme fallen, da der Händler die Unternehmereige nschaft prüfen muss. Eine allgemeingültig e Antwort ist allerdings nicht möglich, da es im Einzelfall darauf ankommt, wie der Händler die Unternehmereige nschaft prüft.

Mit besten Grüßen
die Redaktion
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#8 Max Sommer 2022-04-27 15:56
"Kund*innenkont os" Na wenigstens macht Ihr den Blödsinn nicht mit, sondern zitiert nur. :)

Der Zwang zum Anlegen eines solchen Kundenkontos nervt mich auch immer bei Onlinebestellun gen, allerdings weckt diese Diskussion auch falsche Hoffnungen bei den Kunden. Die Daten, welche in einem Kundenkonto üblicherweise gespeichert werden, werden auch ohne Kundenkonto gespeichert, allein schon wegen der Aufbewahrungsfr isten. Der einzige Unterschied ist also, dass der Kunde bei einer Gastbestellung nicht mehr auf seine gespeicherten Daten zugreifen kann. Hier wäre es m.M.n. deutlich sinnvoller, Kundenkonten mit einer Lebensdauer zu versehen, d.h. der Händler muß das Kundenkonto löschen, wenn der Kunde nicht mehr aktiv und die Aufbewahrungsfr ist abgelaufen ist. Dann gäbe es auch nicht so viele Karteileichen.
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#7 Erik 2022-04-27 15:43
Hallo Sandra und danke für die wie immer hochwertigen Infos.

Für mich als ESD-Anbieter (z.B. Audiodateien zum Download) besteht das Problem, dass die Auslieferung meiner Produkte technisch lediglich innerhalb eines Kundenkontos wiederholbar und prozesssicher realisiert werden kann. Den Aufwand, Reklamationen bei download-Einkäu fen ohne Kundenkonto zu bearbeiten (die es aktuell nicht gibt, aber DANN definitiv), halte ich für nicht zumutbar. Gab es Aussagen der Konferenz in dieser Richtung?

Danke für das Datenschutz-Upd ate! Diese Konferenz hat uns online-Händlern ja noch gefehlt dieser Tage, inmitten all der knisternden rechtlichen Stille ;)

Erik

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Antwort der Redakteurin

Hallo Erik,

vielen Dank für dein Feedback.

Shops, wie der von dir beschriebene, könnten tatsächlich unter die Ausnahme fallen. Wir werden dazu aber hier bald mit Sicherheit mehr berichten, sobald wir den Beschluss näher analysiert haben ;)

Mit besten Grüßen
Sandra
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