Ama-Zone

Wie politisch darf Amazon sein? Unbedingt!

Veröffentlicht: 25.05.2022 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 22.06.2022
Faust in der Lust: Engagement zeigen

In der Reihe „Ama-Zone“ grübelt Tina Plewinski über die vielfältige Welt von Amazon: über Vor- und Nachteile des Online-Riesen, neue Entwicklungen, trendige Hypes, die unablässigen Machtbestrebungen des Konzerns und – im aktuellen Teil dieser Reihe – über die Ausmaße des politischen Engagements.

In den Vereinigten Staaten brodelt es gewaltig. In immer mehr Bundesstaaten werden die Rechte von Frauen beschnitten – Frauen verlieren ihren gesetzlich verankerten Anspruch auf körperliche Selbstbestimmung. Konkret geht es darum, dass sie nicht mehr frei entscheiden dürfen, ob sie eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen oder nicht. Denn das dürfen sie mancherorts nämlich nicht mehr. Grund sind neue gesetzliche Regelungen in einigen republikanisch geführten Bundesstaaten.

Und diese haben es in sich: Geldbußen in Höhe von bis zu 100.000 Dollar oder sogar eine zehnjährige Haft drohen beispielsweise in Oklahoma als Strafe, wenn das neue Abtreibungsgesetz im Sommer in Kraft treten soll. Dabei drohen die Strafen nicht nur den betroffenen Frauen selbst, sondern auch dem medizinischen Personal, das entsprechende Eingriffe vornimmt. Nicht einmal in Fällen von Vergewaltigungen oder Inzest dürfen Frauen demnach über ihren Körper bestimmen.

Diese politische, reaktionäre Entwicklung wirft Frauen und ihren Kampf um Selbstbestimmung um Jahrzehnte zurück. Sie liegen in Ketten der Fremdbestimmung. Ihr eigener Körper gehört nicht mehr ihnen, da ihnen die Entscheidungsgewalt entrissen wird.

Amazon will betroffenen Frauen helfen   

Nun hat Amazon vor einigen Tagen angekündigt, schwangere Mitarbeiterinnen mit bis zu 4.000 Dollar zu unterstützen, wenn sie politisch bzw. regional-gesetzlich bedingt in andere Bundesstaaten reisen müssen, um einen gewünschten Eingriff vornehmen zu lassen. Kurz gesagt: Amazon unterstützt Frauen finanziell dabei, ihre körperliche Selbstbestimmung durchzusetzen.

Die Frage, die sich dem ein oder anderen nun stellen könnte: Darf Amazon das? Darf Amazon derart politisch Stellung beziehen, dass es der Konzern Mitarbeiterinnen ermöglicht, geltendes Recht in bestimmten Bundesstaaten zu umgehen, indem er sie finanziell unterstützt?

Ja, Amazon darf. Und sollte.

Rückgrat – mehr Pflicht als Kür

Gerade als großes Unternehmen, als global agierender Konzern hat Amazon immensen Einfluss auf Menschen: Gesellschaften, Regierungen und Wirtschaftssysteme ermöglichten es Amazon, eine enorme Größe anzunehmen, nicht selten geschah das Wachstum von Amazon auf dem Rücken vieler kleinerer Händler. Und Amazon wächst unaufhörlich weiter, der Konzern weiß genau, wie Macht und Kapital zu nutzen sind, um die Ausbreitung stetig voranzutreiben.

Angesichts dieser Macht sollte es Amazon und anderen Konzernen eine immanente Pflicht sein, sich für größeres Wohl zu engagieren. Man braucht die Gründe des sozialen oder ökologischen Engagements von Großkonzernen gar nicht romantisieren oder glorifizieren. Ethische oder gar moralische Ziele werden, so darf man mutmaßen, in Großkonzernen nie verfolgt, ohne dabei die Wirtschaftlichkeit und den Profit zu berücksichtigen. Entsprechende Anstrengungen werden jedoch mit Blick auf das Konzernimage, auf den Status und die Bindung von Kunden in Kauf genommen und sind durchaus von Bedeutung. Das macht dieses Engagement letztlich nicht weniger wichtig oder wertvoll.

Frauenrechte, Kriege, Völkermord

Dass sich Amazon im Rahmen der Abtreibungsdebatte für die Rechte von Frauen engagiert, darf gelobt werden. Für jede Betroffene, die von dieser Zuwendung profitiert, ist es wichtig und unter Umständen lebensverändernd. Dabei spielt es zunächst eine untergeordnete Rolle, dass Zyniker an dieser Stelle anbringen könnten, dass Amazon von der Unterstützung selbst profitiert, da Frauen ohne Kinder womöglich seltener ausfallen etc. 

Schaut man sich derzeit auf der Welt um, haben Unternehmen alle Hände voll zu tun – oder sagen wir besser: es stehen ihnen unzählige Möglichkeiten offen –, sich sozial, ökologisch, politisch oder sonst wie geartet zu engagieren. Dabei müssen Konzerne nicht selten Entscheidungen treffen, die medienwirksam beurteilt werden oder das Wohlwollen von Kunden beeinflussen: sei es beispielsweise die Entscheidung, ob sie mit Staaten kooperieren, die das eigene Territorium durch Angriffskriege erweitern wollen, religiöse Minderheiten im eigenen Land mithilfe von Internierungslagern unterdrücken oder in Ländern produzieren, in denen Menschenhandel und Zwangsarbeit an der Tagesordnung sind.

Medienwirksames Engagement großer Konzerne ist gerade bei solchen Gleichberechtigungsfragen enorm wichtig. Es sorgt für Aufmerksamkeit und damit in vielen Fällen auch für weiteres Engagement anderer Akteure. Und diese Aufmerksamkeit in der Wirtschaft und Gesellschaft ist eben oftmals unverzichtbar, um die Welt ein Stück weit besser zu machen.

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Über die Autorin

Tina Plewinski
Tina Plewinski Expertin für: Amazon

Bereits Anfang 2013 verschlug es Tina eher zufällig in die Redaktion von OnlinehändlerNews und damit auch in die Welt des Online-Handels. Ein besonderes Faible hat sie nicht nur für Kaffee und Literatur, sondern auch für Amazon – egal ob neue Services, spannende Technologien oder kuriose Patente: Alles, was mit dem US-Riesen zu tun hat, lässt ihr Herz höherschlagen. Nicht umsonst zeigt sie sich als Redakteurin vom Dienst für den Amazon Watchblog verantwortlich.

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