Chefsache!?

Wer haftet in der GmbH im Falle einer Abmahnung?

Veröffentlicht: 23.11.2022 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 23.11.2022
Hände zeigen auf Geschäftsmann

Sobald das Unternehmen mehr als nur einen Mitarbeiter hat, ist der Inhaber oder Geschäftsführer nicht mehr in sämtliche Geschäftsprozesse involviert. Anders als der Einzelkämpfer haben der Geschäftsführer oder die Inhaber größerer Unternehmen erst recht wenig bis gar keine Kenntnis mehr von Dingen wie Google Ads, Newslettern oder Produktbeschreibungen. Wer haftet daher für Verstöße, beispielsweise durch einzelne Führungskräfte oder Mitarbeiter? Nur die GmbH, der Mitarbeiter oder der Geschäftsführer? Spoiler: Es kommt darauf an.

Grundsatz: Haftung des Unternehmens 

Wer eine durch das Wettbewerbsrecht als unzulässig eingestufte geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und Unterlassung in Anspruch genommen werden, so der Grundsatz im Wettbewerbsrecht, der über die klassische Abmahnung umgesetzt wird. Nun ist es im Falle einer GmbH aber so, dass diese als juristische Person nicht selbst handeln kann, sondern nur durch ihre Organe agiert. 

Im Gesellschaftsrecht gilt daher folgender Grundsatz: Die GmbH muss sich das wettbewerbswidrige Handeln ihres Organs (z. B. des Geschäftsführers) zurechnen lassen. Hat ein Organ eines Unternehmens einen Wettbewerbsverstoß begangen, so ist das dahinterstehende Unternehmen immer dann in der Haftung, wenn der Geschäftsführer in Ausführung der ihm zustehenden Aufgaben gehandelt hat. Selbst wenn der Geschäftsführer gar nicht in das operative Geschäft des Unternehmens eingebunden ist oder beispielsweise seinen eigenen Account für einen unlauteren Post in den sozialen Medien verwendet hat, kann es zu einer Zurechnung zum Unternehmen kommen und die GmbH dafür haften (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.09.2019 - 15 U 48/19). Grund: Für einen Außenstehenden nimmt er die Belange des Unternehmens wahr, und die Zielgruppe des Posts versteht die Äußerung als Kommunikation durch das Unternehmen selbst.

Ergo: Hat ein Organ den Wettbewerbsverstoß bei der Ausführung der ihm zustehenden Aufgaben begangen, so ist die dahinterstehende GmbH dafür verantwortlich (sogenannte Organhaftung). Demzufolge haftet für den Wettbewerbsverstoß mit seinen Folgen, also der Unterlassungsverpflichtung sowie für die Kosten der Abmahnung, zunächst die GmbH mit ihrem Gesellschaftsvermögen gegenüber dem Abmahner (Gläubiger). 

Persönliche Haftung des Geschäftsführers eingeschränkt

In der Praxis kommt jedoch oft auch die wechselseitige Zurechnung von Verstößen hinzu, die zu weiteren rechtlichen Streitigkeiten führt. Wie im Beispiel zuvor muss auch eine persönliche Haftung des Geschäftsführers geprüft werden.

Der Geschäftsführer einer GmbH ist nach dem GmbH-Gesetz bei der Erfüllung seiner Pflichten an „die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ gebunden. Der Geschäftsführer haftet aber nur persönlich, wenn er diese Sorgfaltspflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt hat. Wie man das nun auslegen mag, hat die Rechtsprechung oftmals diskutiert und letztendlich eine klare Richtung eingeschlagen. 

Lange war der Vertreter einer juristischen Person auch ohne eigenes Zutun für Wettbewerbsverstöße des Unternehmens persönlich haftbar. Das waren die Fälle, in denen er Kenntnis von dem Wettbewerbsverstoß hatte und diesen nicht verhindert hatte. In dem Zuge war beispielsweise der Geschäftsführer in der Pflicht, sich ebenfalls zur Unterlassung zu verpflichten. Das hat der Bundesgerichtshof jedoch 2014 beschränkt: Vertretungsorgane von juristischen Personen (z.B. Geschäftsführer einer GmbH) haften für Wettbewerbsverstöße des Unternehmens nur noch eingeschränkt persönlich (BGH, Urteil vom 18.06.2014, Az. I ZR 242/12). 

Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers kann beispielsweise dann vorliegen, wenn der Geschäftsführer bewusst ein unlauteres Geschäftsmodell verfolgt. Auch muss er für alle Maßnahmen, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden werden, persönlich mithaften. Dazu zählt das Konzept der Kundenwerbung eines Unternehmens, der Inhalt einer Presseerklärung eines Unternehmens, in der der Geschäftsführer selbst zu Wort kommt und der allgemeine Internetauftritt der GmbH. Kommt es hier zu Verstößen, liegt ein persönliche Mithaftung des Unternehmens nahe und er muss sich selbst persönlich zur Unterlassung verpflichten. Nach wie vor bleibt es auch dabei: Für jede Äußerung im Alleingang ist er persönlich haftbar.

Haftung des Arbeitgebers für Wettbewerbsverstöße eines Mitarbeiters

Auch die Handlungen von Mitarbeitern können, müssen aber nicht, dem Unternehmen zugerechnet werden. Selbstredend kann, besonders von größeren Unternehmen, nicht jeder Facebook-Post seiner Mitarbeiter im Alleingang kontrolliert werden. Handelt der Angestellte im Eigeninteresse und aus Spaß und ohne betriebsbezogene Befugnisse, wirken sich entsprechende Verstöße nicht auf das Unternehmen aus.

Werden die Wettbewerberstöße oder andere Verfehlungen (z. B. Bilderklau) in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter begangen, so kann die Abmahnung im Grundsatz aber auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet sein. Die Handlung des Mitarbeiters muss dann aber einen betrieblichen Bezug aufweisen und zum anderen muss der Erfolg zumindest auch dem Betriebsinhaber zugutekommen und ihm dahingehend ein gewisser Einfluss eingeräumt werden. 

Ein Beispiel lieferte der Mitarbeiter eines Autohauses, der Werbung unter Angabe seiner Diensttelefonnummer in seinem privaten Account veröffentlicht hatte, ohne die gesetzlichen Kennzeichnungspflichten einzuhalten (LG Freiburg, Entscheidung vom 04.11.2013, Az.: 12 O 83/13). Die Werbung war dem Unternehmen zuzurechnen.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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