Arbeitsrecht

5 Fakten zur Arbeitszeit

Veröffentlicht: 16.01.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 07.06.2023
Geschäftsmann, der in einer Zeitmaschine fliegt

Für viel Furore sorgte gegen Ende des vergangenen Jahres die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Unternehmen grundsätzlich verpflichtet sind, die Arbeitszeiten ihrer Angestellten zu erfassen. Da kommt doch direkt die ganz praktische Frage auf, was denn alles zur Arbeitszeit gehört. Wir haben uns die fünf häufigsten Situationen angeschaut, in denen sich diese Frage wohl stellt und diese einer arbeitsrechtlichen Betrachtung unterzogen.

Die Rüstzeit: Was muss, das muss

Fangen wir mit dem Arbeitsbeginn an: Je nach Branche müssen hier PCs hochgefahren oder eine Schutzausrüstung angelegt werden. In manchen Bereichen muss auch zunächst ein Sicherheitsprozedere abgewickelt werden, bevor es dann endlich mit der Arbeit losgehen kann. Das alles kostet Zeit – und die muss von arbeitgebenden Unternehmen vergütet werden. Zeiterfassungssysteme, die erst die Zeit buchen, wenn sich die Angestellten am hochgefahrenen PC einloggen, werden diesem Umstand daher in aller Regel nicht gerecht, da sie die notwendige Rüstzeit nicht erfassen. 

Zur bezahlten Rüstzeit gehört dabei alles, was unternommen werden muss, um mit der täglichen Arbeit beginnen zu können. Nicht dazu gehören hingegen die Hin- und Rückwege zur Arbeit. Diese sind Privatsache. 

Dienstreisen: Auf das Transportmittel kommt es auch an

Während der Weg zur Arbeit bzw. von der Arbeit nach Hause Freizeit ist, kann das bei einer Dienstreisezeit schon anders aussehen. Schicken Unternehmen ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beispielsweise auf eine Messe, so kann der Weg dorthin Teil der Arbeitszeit sein. Ob der Fahrweg zur Arbeitszeit zählt und entsprechend vergütet werden muss, hängt dabei von mehreren Faktoren ab. Handelt es sich bei dem Reisenden um einen Außendienstmitarbeiter, bei dem das Unterwegssein vertragliche Leistung ist, dann muss die Reisezeit immer vergütet werden. Anders sieht es bei Mitarbeitenden aus, deren Haupttätigkeit eben nicht das Verreisen ist. 

Grundsätzlich gilt erst einmal, dass Dienstreisezeit immer Arbeitszeit ist, wenn sie während der regulären Arbeitszeit erfolgt. Dabei ist es komplett irrelevant, ob der Reisende während der An- und Abreise arbeitet oder nicht.

 

Außerhalb der Arbeitszeit kommt es ganz darauf an, was die Führungskraft anordnet: Soll während der Reisezeit gearbeitet werden und sei es, dass lediglich E-Mails mit dem Diensthandy beantwortet und Telefonate geführt werden, so gilt die Reisezeit als Arbeitszeit. Wird angeordnet, dass ein Auto genutzt werden soll, dann gilt die Fahrt auch als Arbeitszeit. Immerhin kann man hinter dem Steuer auch kaum etwas anderes machen, als zu fahren. Etwas anderes gilt, wenn sich der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin eigenständig für die Anreise mit dem PKW entscheidet. 

Andersherum gelten Fahrtwege dann nicht als Arbeitszeit, wenn nicht vorgegeben wird, dass die Reisezeit zur Arbeit genutzt werden soll.

Das kann in der Praxis zu der Situation führen, dass die Fahrerin des Dienstwagens für die Fahrt bezahlt wird, während das beim Kollegen auf dem Beifahrersitz schon wieder anders aussehen kann. Also es sei denn, beide unterhalten sich über Arbeitsthemen … oder der Beifahrer navigiert bzw. achtet mit auf den Verkehr. Dann ist es wieder Arbeitszeit. Klar, so weit?

Wenn die Natur ruft: der Toilettengang

Kurze Arbeitsunterbrechungen sind normal. Immerhin ruft bei den meisten irgendwann die Natur und ein Gang auf die Toilette. Ob diese Zeit zur Arbeitszeit gehört, ist deswegen umstritten, da Pausenzeiten grundsätzlich nicht vergütet werden.

In Sachen Toilettengang ist die Lage aber eindeutig: Es handelt sich lediglich um kurze Unterbrechungen der Arbeitszeit und somit keine Pause. Rein rechtlich gesehen gehört der Toilettengang damit zwar nicht zur Arbeitszeit, darf aber auch nicht von dieser abgezogen werden. Das hat vor allem versicherungstechnische Folgen: Passiert auf dem Klo ein Unfall, so greift nicht die Unfallversicherung, da es sich bei dem Gang um eine reine Privatsache handelt (VG München, Urteil vom 08.08.2013 - M 12 K 13.1024). 

Anders sieht es übrigens beim typischen Streitfall „Raucherpause“ aus. Diese Unterbrechungen müssen grundsätzlich nicht vergütet werden.

Bildschirmpausen: eine Frage der Gesundheit am Arbeitsplatz

Ein besonderer Fall der Unterbrechung sind die sogenannten Bildschirmpausen. In der Arbeitsstättenverordnung heißt es zum Thema Bildschirmarbeitsplätze:

„Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die Tätigkeiten der Beschäftigten an Bildschirmgeräten, insbesondere durch andere Tätigkeiten oder regelmäßige Erholungszeiten, unterbrochen werden.“

Konkrete Werte, wie etwa die Dauer der Bildschirmpause, werden allerdings nicht vorgeschrieben. Hier sollte man sich an den Empfehlungen von Arbeitsmedizinern orientieren: Nach etwa 50 Minuten Arbeitszeit am Bildschirm sollte eine Pause von fünf bis zehn Minuten eingelegt werden. Bei einer Arbeitszeit von 100 Minuten sind es etwa 20 Minuten. Allerdings sind mehrere kurze Pausen effektiver als wenige lange. 

Solche Unterbrechungen müssen ähnlich wie der Gang zur Toilette vergütet werden. 

Der kurze Blick aufs Diensthandy nach Feierabend

Während der Pandemie mit ihren zahlreichen Lockdowns hat sich das Homeoffice immer mehr etabliert und wird in vielen Unternehmen auch bleiben. Das hat allerdings nicht nur positive Konsequenzen: Es besteht das Risiko, dass Privat- und Berufsleben ineinander verschwimmen. Abends in der Werbepause noch mal kurz checken, ob die Kollegin doch noch auf die E-Mail geantwortet hat, die man zum Feierabend abgesendet hat? Hat sich vielleicht doch noch was am morgigen Arbeitspensum geändert? Und was ist eigentlich aus dem Problem des Kunden geworden?

Tja, das ist Arbeitszeit und damit auch eine Unterbrechung der Ruhezeit. Zwischen dem Ende einer täglichen Arbeitszeit und dem Beginn einer neuen täglichen Arbeitszeit müssen mindestens 11 Stunden ununterbrochen Ruhezeit liegen. Wird diese unterbrochen, beginnt die Zeit von 0 zu laufen. 

Übrigens: Team-Mitglieder sind grundsätzlich nicht verpflichtet, dienstliche Telefonate in ihrer Freizeit anzunehmen. Das gilt auch dann, wenn die Führungskräfte eine Änderung im Dienstplan kommunizieren wollen (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.09.2022 - 1 Sa 39 öD/22). 

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Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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