Dreist oder berechtigt?

Kundin fordert Versandkosten zurück

Veröffentlicht: 19.01.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 20.01.2023
Mann im weißen T-Shirt hält Hand auf
In unserer neuen Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

Dieses mal schilderte eine Händlerin einen besonderen Fall: Wer bei ihr einkauft, muss grundsätzlich Versandkosten in Höhe von 4,50 Euro zahlen. Eine Kundin ist darüber sehr erbost. Das Produkt, welches sie erworben hat, kam nämlich per Warensendung. Die tatsächlichen Portokosten lägen dabei gerade einmal bei 1,95 Euro. Damit habe sie zu viel gezahlt und fordert nun den Differenzbetrag zurück. Zu Recht?

Grundsatz: Versandkosten sind nicht nur das Porto

Ob die Kundschaft zusätzlich zum Warenwert noch Versandkosten zahlen muss oder nicht, hängt ganz vom Online-Shop ab. Unternehmen dürfen frei bestimmen, wie sie die Kostenübernahme für den Versand gestalten dürfen. Grundsätzlich bedeutet das auch, dass sie die Preise frei gestalten dürfen. Das leuchtet auch ein, denn immerhin bestehen die Versandkosten – also die Kosten, die anfallen, wenn eine Ware versandt wird – nicht nur aus den reinen Portokosten, die der Versanddienstleister kassiert.

Hinzu kommt noch das Verpackungsmaterial und natürlich auch die Personalkosten. Es gibt kein Gesetz, welches es Unternehmen verbietet, im Rahmen einer Mischkalkulation die Versandkosten so zu berechnen, dass alles, was über die tatsächlichen Portokosten hinaus anfällt, miteinbezogen wird. Hinzu kommt noch, dass in aller Regel keine besondere Versandart zwischen Kundschaft und Unternehmen ausgehandelt wird, sondern lediglich pauschal ein Versand angeboten wird.

 

Etwas anderes kann insbesondere bei Kaufverträgen zwischen Privatpersonen gelten. Auf Kleinanzeigenportalen handeln die Parteien oft aus, wie die Ware konkret versendet werden soll. Hier könnte die Käuferschaft tatsächlich Versandkosten zurückfordern, wenn eine günstigere Versandart gewählt wird, als abgesprochen war. 

Übrigens: Selbst wenn Shops einen kostenlosen Versand anbieten, werden die angefallenen Kosten irgendwo anders eingepreist. 

Fazit: Natürlich kein Anspruch auf Rückzahlung

Die Kundin hat in diesem Fall keinen Anspruch auf den Ersatz der Differenz zwischen den Versandkosten und dem tatsächlich anfallenden Porto. Bei den Versandkosten handelt es sich oft um eine kostendeckende Berechnung, bei der mehrere Faktoren neben dem Porto eine Rolle spielen. Immerhin würde die Händlerin von jemandem, der eine große Bestellung abgibt, die mehr als 4,50 Euro Porto kostet, auch nicht nachträglich eine Extra-Gebühr verlangen. Die Forderung der Kundin ist damit dreist und muss nicht erfüllt werden.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#4 Lux 2023-01-27 15:48
Selbst bei einer Post BüWa für 1,95€ muß man schon knapp 3€ berechnen, um nach Abzug von 19% MwSt. und 15% Amazon Provision, die ja beide auch auf die Versandkosten anfallen, wirklich die 1,95€ netto rauszubekommen, die man der Post für ihre 1,95€ BüWa zahlen muß.

Dann wären aber noch folgende Kosten einzubeziehen:
- Lohnkosten Pick
- Lohnkosten Pack
- Verpackungsmaterial
- Anteilige Rückstellunge für Erstattungen der Hinversandkoste n in Widerrufsfällen (je nach Warensortiment / Widerrufsquote)
- Wenn kostenlose Rücksendung angeboten wird (oder von Plattform erzwungen wird), entsprechend auch eine anteilige Rückstellung für diese Kosten entsprechend der Quote

Wenn man das dann durchrechnet wird man feststellen, dass man selbst bei 4,90€ Versandkosten bei 1,95€ Transportkosten (je nach Widerrufsquote) schon knapp aufgestellt ist oder sogar über die Ware Quersubventioni eren muss. Hat man hingegen einen Pakettransport mit netto Preisen, die inzwischen weit weg von den einstmals üblichen 3,0x€ gewandert sind, wird die Versandkostenka lkulation absurd.

Um so niedrigpreisige r die Ware ist, desto so kritischer wird es. Dummerweise sind aber auch die Kunden bei niedrigen Warenwerten sensibler, als bei großen ... (was ja auch verständlich ist...)
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#3 Andree 2023-01-25 14:32
Ich liebe die Leute, von nichts ne Ahnung.
Immer großartig wenn die kostenlosen Versand wollen, bzw wenn dieser einkalkuliert ist und die Kunden mehrere Artikel kaufen und glauben der Versand war kostenlos.
Obwohl sie eigentlich mehrfach Versand bezahlt haben....
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#2 gunnar 2023-01-25 14:19
leider gibt es von solchen dreisten ignoranten ( oder völlig am realleben vorbei ) personen immer mehr.
vor allem erpressen sie die verkäufer meist mit schlechter bewertung, wenn sowas nicht erfüllt wird.
machen die verkäufer das, wird es dann immer verwendet.
schlechte feedbacks bekommen die verkäufer dann meist aber trotzdem, da es nicht kostenlos war.
am besten bei 50cent artikel.
leider haben die oberen die die gesetzte machen, das ja noch nicht begriffen wie die letzten entscheidungen gezeigt haben.
die käufer können in den feedbacks ruhig lügen, oder übertreiben.
die feedbacks bleiben.
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#1 Susanne 2023-01-25 14:13
Zu den Versandkosten zählen wir auch die Verpackungsgebü hren (nach Verpackungsvero rdnung), Klebeband und Label, sowie die auf den Versand zu zahlende Provision/ Gebühr für den Marktplatz.

Zusätzlich kommt misch-kalkulato risch noch ein Teil hinzu für
1.) Widerrufe (Hin-Versand trägt Verkäufer)
2.) uneinbringbare Retourekosten bei Paketen (z.B. Paket nicht abgeholt und dann Kaufabbruch) und
3.) "Warensendung nicht erhalten"
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