Verbraucherrechte

6 Irrtümer über das Widerrufsrecht

Veröffentlicht: 13.03.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 19.12.2023
Retourenschein auf Tastatur

Das Widerrufsrecht gibt es in seiner jetzigen Form seit Juni 2014. Mindestens genauso alt sind die häufigsten Irrtümer über das Widerrufsrecht. Hier klären wir über die häufigsten auf.

Nr. 1: Rücksendekosten trägt automatisch die Kundschaft

Das Gesetz sieht tatsächlich vor, dass die Kosten für den Widerruf von der Kundschaft zu tragen sind. Allerdings ist die Voraussetzung dafür eine korrekte Widerrufsbelehrung, in der genau über diesen Umstand aufgeklärt wird. Außerdem können Händler und Händlerinnen in der Widerrufsbelehrung auch festlegen, dass sie selbst die Kosten übernehmen.

Nr. 2: Gilt auch im B2B

Hin und wieder schreiben uns Unternehmen, dass ihr Widerruf von einem Online-Shop abgelehnt wurde, da sie keine Verbrauchereigenschaft aufweisen. Das ist auch korrekt: Bei dem Widerrufsrecht handelt es sich um eine verbraucherschützende Norm. Das heißt, dass sich die Kundschaft nur dann darauf berufen kann, wenn der Einkauf als Verbraucher oder Verbraucherin getätigt wurde.

Schwierig kann die Unterscheidung allerdings dann werden, wenn eine Bestellung als Privatperson abgegeben wird; allerdings als Lieferort eine Unternehmensadresse angegeben wird. Hier muss im Zweifel darauf abgestellt werden, welche Angaben bei der Rechnungsanschrift gemacht wurden.

Nr. 3: Kaputte Ware darf abgelehnt werden

Ware defekt, Widerruf abgelehnt – ganz so einfach ist es nicht. Ein Widerruf darf nur unter ganz bestimmten Fällen abgelehnt werden. Eine Ablehnung kommt beispielsweise dann in Frage, wenn das Widerrufsrecht aufgrund des Brechens eines Hygienesiegels erloschen ist. Ist die Ware hingegen kaputt, weil beispielsweise unsachgemäß mit ihr umgegangen wurde, muss die Rücksendung trotzdem akzeptiert werden. Allerdings steht dem verkaufenden Unternehmen dann ein Wertersatz zu. Dieser Wertersatz kann auch 100 Prozent betragen, wenn die Ware unverkäuflich geworden ist.

Nr. 4: Retourenlabel muss verwendet werden

Insbesondere wenn die Rücksendekosten übernommen werden, ist es Gang und Gebe ein Retourenlabel zur Verfügung zu stellen. Der Servicegedanke liegt auf der Hand, allerdings ist die Verwendung des Labels für die Kundschaft nicht verpflichtend. Vielmehr hat die Kundschaft die freie Wahl, welchen Dienstleister sie für die Rücksendung verwendet.

Nr. 5: Rückversand muss versichert sein

Ob die Rücksendung versichert oder unversichert erfolgt, ist Sache der Kundschaft. Wichtig ist allerdings, dass sich die Kundschaft an die AGB des jeweiligen Versanddienstleisters hält. Die Deutsche Post verbietet beispielsweise schon die Versendung von Wertgegenständen in einem normalen Brief. Es gehört aber zu den Pflichten der Kundschaft im Falle eines Widerrufs eine angemessene Versandart zu wählen. Handelt es sich um ein wertvolles Produkt, so muss also zwangsläufig eine versicherte Versandart via Paket verwendet werden. 

Nr. 6: Auf Downloads gibt es kein Widerrufsrecht

Oftmals liest man, dass es für Download-Produkte per sé kein Widerrufsrecht gibt. Das ist aber falsch. Richtig ist, dass die Kundschaft auf das Widerrufsrecht verzichten kann, damit das Produkt zum sofortigen Download zur Verfügung gestellt werden kann. Ohne diesen Verzicht müsste sich die Kundschaft mit dem Download nämlich bis zum Ablauf der Widerrufsfrist gedulden. Der rechtliche Hintergrund ist der, dass bei Download-Produkten die Beschaffenheitsprüfung gleichbedeutend mit dem Konsum wäre, weswegen Unternehmen hier mit der Zurverfügungstellung des Produktes warten dürfen, bis die Widerrufsfrist abgelaufen ist.

Da das aber alles andere als kundenfreundlich wäre und auch nicht dem Zeitgeist entspräche, räumt das Gesetz hier eine Lösung ein: Die Kundschaft darf auf das Widerrufsrecht zugunsten eines frühen Downloads verzichten. Allerdings muss der Verzicht erklärt werden und es muss über die Folgen aufgeklärt werden. 

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Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Sandra May

Kommentare  

#14 N. 2023-10-12 19:42
Hallo,
Wie schaut es aus wenn ein Kunde ein Gliederarmband für seine SmartWatch in einem Onlineshop kauft, dieses nach Erhalt kürzt und dabei einen bolzen der zwischen den Gliedern zur Befestigung sitzt aufgrund unsachgemäßer Benutzung kaputt macht und das Armand anschließend innerhalb der Widerrufsfrist retourniert?

Das Armband ist für den Webshop unbrauchbar und unverkäuflich geworden. Darf der webshop die Rücksendung in diesem Fall ablehnen und eine Rückerstattung verweigern?

Viele Grüße,
Verzweifelter Kundenservice Mitarbeiter

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Antwort der Redajtion

Hallo,

vielen Dank für die Nachricht.

Grundsätzlich darf die Ware nur in ganz wenigen Fällen abgelehnt werden. Selbst Ware, die außerhalb der Beschaffenheits prüfung beschädigt wurde, darf in der Regel nicht abgelehnt werden. ABER: Unternehmen haben einen Anspruch auf Wertersatz. Dieser kann auch 100 Prozent betragen. Im Einzelfall kann dieser Anspruch auf Wertersatz also dazu führen, dass die Kundschaft am Ende weder Geld noch Produkt hat, weil dieses in einem unverkäuflichen Zustand zurückgegeben wurde. Hier haben wir uns näher damit beschäftigt: onlinehaendler-news.de/.../...

Ob die Voraussetzungen in Ihrem Fall vorliegen, müsste individuell geprüft werden.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#13 Denk, Jens 2023-08-18 07:16
Hallo,
Bitte um Info, wie es sich bei einem selbst zu montierenden Sachwert verhält.
Habe ein Gewächshaus als Bausatz bestellt, teilweise montiert und festgestellt, dass das Haus sehr instabil ist, Windgeräusche macht und offensichtlich nicht lange halten wird.
Lt. Vertrag 30 Tage Widerrufsrecht. Verpackung nicht mehr benutzbar.
Wie stellt sich die Sachlage für einen Widerruf dar?
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Hallo Jens,

du kannst, soweit die Frist noch läuft, ohne Angaben von Gründen widerrufen. Das Testen ist dir ohne Abzug eines Wertersatzes gestattet:

Der Verbraucher hat Wertersatz für einen Wertverlust der Ware nur zu leisten, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war. Das Aufbauen sehen wir hier als Prüfen.

Wir hoffen, du findest eine schnelle und einfache Lösung mit dem Händler, den Kauf rückabzuwickeln.

Viele Grüße
Die Redaktion
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#12 Sascha Toepper 2023-07-30 08:06
Hallo, wie ist es mit Eintrittskarten , zum Beispiel für einen Freizeitpark? Kann hier der zwischenverkäuf er (Groupon) den Widerruf ablehnen?

VG Sascha Toepper

______________________________________

Antwort der Redaktion

Hallo Sascha,

das lässt sich gar nicht so einfach beantworten: Groupon spricht zwar oft von Gutscheinen; hin und wieder bekommt man aber auch richtige Eintrittskarten.
Am besten wendest du dich mit deinem spezifischen Fall an eine Verbraucherzentrale.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#11 Andrea Rauscher 2023-04-04 14:57
Hallo,

wie verhält es sich denn mit dem Widerruf bei personalisierte r Ware?

Freundliche Grüße

Andrea

_____________________________

Antwort der Redaktion

Hallo Andrea,

bei personalisierte r Ware kommt es ganz darauf an, ob die Ware noch mal weiterverkauft werden kann. Mehr dazu erfährst du hier: onlinehaendler-news.de/.../...

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#10 K.R. 2023-03-21 15:40
Wie verhält es sich bei Nahrung oder Nahrungsergänzu ngsmitteln? Wenn Kunden die Ware entsiegelt haben , da sie von Hygienesiegel schreiben, senden sie diese trotzdem zurück und bekommen diese meist immer erstattet. Kann man als Händler also Kunde sagen: Halt, wenn entsiegelt, dann kein Widerruf mehr möglich?
__________________

Hallo K.R.

In der Tat: Das Gesetz sieht in § 312 g BGB vor, dass das Widerrufsrecht nicht für „versiegelte Waren“ gilt, die aus Gründen des Gesundheitsschu tzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind (z. B. Kosmetik). Voraussetzung ist jedoch, dass eine vorhandene Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Wichtig: Das Siegel allein macht aus einem Produkt aber noch kein Hygieneprodukt. Für Nahrung wäre das also nicht möglich, für Nahrungsergänzu ngsmittel kann man es diskutieren.

Viele Grüße
Die Redaktion
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#9 Cindy Schuller 2023-03-21 12:46
Hallo,

Sie sprechen oben von beschädigtem Hygienesiegel. Wie verhält sich das ganze bei Software oder Filmen oder anderen Sachen welche versiegelt sind. In wiefern ist hier ein Wiederruf möglich ?
___________

Hallo Cindy,

Das Widerrufsrecht kann zwar bei Software in einer versiegelten Packung erlöschen, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. In den meisten Fällen wird Software lediglich mit einer Cellophanhülle versehen sein. Eine solche Cellophanhülle stellt jedoch kein Siegel dar. Dies wäre nur dann der Fall, wenn mit der Versiegelung ein Hinweis auf den Ausschluss des Widerrufsrechts angebracht wäre. Auf diesen Grund wird man sich daher in den wenigsten Fällen berufen können. Es kann unter Umständen ein Wert-Ersatz verlangt werden.

Viele Grüße
Die Redaktion
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#8 B.S. 2023-03-21 02:00
Der Bericht stimmt entweder nicht, oder Amazon hält sich nicht an die Gesetze.
Amazonverkäufer wurden gezwungen ein kostenloses Rücksendeetiket t von Amazon bereitzustellen , je Rücksendung werden dem Verkäufer 6,49 Euro abgezogen ( obwohl 1. ein Paket 5,49 € kostet und 2. der Artikel auch hätte für 1.60 oder 2.70 als PRIO hätte zurückgesendet werden können...Sch.ss indem Fall übrigens auf Klimaschutz?!).

Das ist ganz toll für den Verkäufer, wenn ein Käufer einen Artikel für 3,90 kauft, sich blos anschaut und dann ohne Kontakt einfach über Amazon zurückschickt! Da wäre ein "Verschenken" ja noch weniger ruinös.

Amazon behält einen kleinen Teil der "Verkaufsprovis ion" auch noch ein, obwohl die ja deswegen schon eine Grundgebühr abbuchen.

Freiwillig steht das kein kleiner Verkäufer auf Dauer durch

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Antwort der Redaktion

Liebe/r Leser/in,

vielen Dank für deinen Kommentar. Unser Bericht befasst sich mit den Grundzügen der gesetzlichen Lage. Marktplätzen ist es in dieser Hinsicht nicht grundsätzlich verboten, eigene „Hausregeln“ aufzustellen.

Beste Grüße

die Redaktion
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#7 käufer 2023-03-18 10:01
@blum, @redaktion
Ich glaube die Frage zielt darauf hinaus, was ist, wenn die Ware versendet ist und der Kunde diese noch nicht erhalten hat und einen Widerruf ausspricht.
Mein Wissensstand ist, dass lt. §433 Abs. 2 BGB der Käufer verpflichtet ist, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
Nach Prüfung der Ware - den das ist der Grund eines Widerrufsrechts - kann der Käufer einen Widerruf aussprechen.
Sollte der Käufer die Annahme der Ware verweigern hat der Käufer keine Möglichkeit einen Widerruf auszusprechen und die Ware ist weiterhin sein Eigentum.

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Hallo käufer,

vielen Dank für deine Rechtsfrage. Toll, dass du dich so intensiv mit dem Thema auseinandergese tzt hast. Vollkommen richtig, dass man sich mit dem Vertragsschluss zur Lieferung Zug um Zug gegen Zahlung verpflichtet.

Tatsächlich ist der Zweck des Widerrufs ein anderer und sperrt das nicht, denn er soll einen - zB unüberlegten - Kauf im Netz rückgängig machen können. Das Widerrufsrecht allein hängt also nicht von der Lieferung ab, lediglich die Frist beginnt mit der Lieferung, was nachvollziehbar und praxisgerecht ist. Die Widerrufserklär ung ist also jederzeit (bis zum Ablauf der Widerrufsfrist) möglich

Die Verweigerung der Annahme ist möglich, setzt aber trotzdem eine gesonderte, ausdrückliche Widerrufserklär ung voraus. Mit der Verweigerung der Annahme beginnt die Widerrufsfrist zu laufen.

Viele Grüße
Die Redaktion
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#6 R.H 2023-03-16 12:49
Mich würde folgender Punkt interessieren.
"Die Kundschaft muss sich an die AGB des jeweiligen Versanddienstle isters halten"

Bei Hermes sind zum Beispiel Valoren ( Schmuck )nicht versichert.
Kunde verschickt aber damit weil meint ist ja " versichert".

Was passiert im Falle des Verlustes?

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Antwort der Redaktion

Hallo R.H.,

danke für deine Nachricht.

Solche Fälle wurden leider noch nicht vor Gericht verhandelt. Grundsätzlich treffen die Kundschaft aber auch Pflichten und dazu gehört natürlich ein angemessener Rückversand. Kommt die Ware abhanden, könnte der Händler möglicherweise auf Grundlage der Verletzung von Nebenpflichten Schadensersatz von der Kundschaft fordern.

Mehr dazu kannst du hier lesen: onlinehaendler-news.de/.../...

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#5 Peter Blum 2023-03-15 20:33
Ein Puntk der fehlt ist, ab wann das Widerrufsrecht greift bzw. der Kunde davon Gebrauch machen kann.
Viele Kunden meinen Sie hätten bereits bei Auftragsersteil ung ein Anrecht darauf.
Meiner Ansicht nach jedoch erst mit Erhalt der Ware.
Grüße
Peter Blum

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Antwort der Redaktion

Hallo,

das ist so nicht korrekt:

Die Widerrufsfrist beginnt mit der Lieferung der Ware. Allerdings kann bereits vorher der Widerruf erklärt werden. Das Gesetz knüpft die Frage, ob ein Widerrufsrecht besteht nämlich daran, dass die Kundschaft eine Willenserklärun g, die auf den Abschluss eines Kaufvertrages gerichtet ist, abgegeben hat. Das Recht zur Ausübung des Widerrufsrechts entsteht also bereits mit der Abgabe der Bestellung.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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