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Darf die Kundschaft den Widerruf vor der Lieferung der Ware erklären?

Veröffentlicht: 17.03.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 17.03.2023
Ein Corgi hat Fragen und liest dazu Bücher

Mit dem Widerrufsrecht soll die Kundschaft, sofern diese denn als Verbraucher handelt, die Ware auf ihre Beschaffenheit prüfen können. Was ist aber, wenn die Kundschaft den Widerruf erklärt, bevor die Ware überhaupt versendet wurde? Geht das? Hier gibt es die Antwort.

Widerrufsfrist an die Lieferung geknüpft

Nach § 356 BGB beginnt die Widerrufsfrist dann zu laufen, wenn die Kundschaft die Ware wie bestellt erhält. Daraus könnte nun geschlossen werden, dass der Widerruf selbst auch erst nach der Lieferung erfolgen kann. Das ist allerdings ein Irrtum. Nach den §§ 312g und 355 BGB entsteht das Widerrufsrecht nämlich in dem Moment, in dem die Kundschaft eine Willenserklärung, die auf den Abschluss eines Kaufvertrages gerichtet ist, abgegeben hat. Das ist bereits mit der Abgabe der Bestellung der Fall. 

Der rechtliche Gedanke, der dahinter steht, ist folgender: Mit dem Widerrufsrecht soll zwar eine Beschaffenheitsprüfung möglich sein, allerdings ist der Widerruf auf die Vertragserklärung gerichtet, die die Kundschaft abgegeben hat. Bis zum Ablauf der Widerrufsfrist gilt diese Vertragserklärung als schwebend wirksam.

Verbraucher und Verbraucherinnen dürfen also zwischen der Abgabe der Bestellung und der Lieferung der Ware ohne, dass die Widerrufsfrist bereits zu laufen begonnen hat, ihren Widerruf erklären.

Auch aus praktischer Sicht eine sinnvolle Regelung

Selbst, wenn im Gesetz stehen würde, dass das Recht zum Widerruf erst mit der Lieferung entstünde, wäre es für das Unternehmen, welches den Online-Shop betreibt, wahrscheinlich besser, wenn die sprunghafte Kundschaft ihren Widerruf möglichst vor der Lieferung erklärt. Immerhin geht mit jeder Retoure ein Aufwand einher, der so gespart werden kann. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#7 B. M. 2024-03-15 14:09
Hallo,

eine Bestellung wurde um 18:42 Uhr per Email widerrufen, um 22:31 Uhr kam die Versandbestätig ung an. Kann ich auf eine Übernahme der Rückversandkost en bestehen?

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Antwort der Redaktion

Hallo,

das kommt darauf an, ob bereits mit dem Versand begonnen wurde, als der Widerruf einging. Mehr dazu gibt es in diesem Artikel: onlinehaendler-news.de/.../...

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#6 Leslie 2023-11-06 18:12
wie verhält es sich, wenn der Käufer nach dem Versand widerruft, nämlich deshalb, weil mit CNE aus China gesendet wird. Das war beim Bestellvorgang aber nicht ersichtlich und hätte dazu geführt, dass nie eine Bestellung aufgegeben worden wäre. Nach dem Widerruf wird direkt beim Versanddienstle ister auf deutscher Seite die Annahme verweigert um die Rücksendungsabw icklung zu vereinfachen.
Stellt das einen Vertragsbruch auf Seiten des Käufers dar? Der Verkäufer möchte Schadensersatz.

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Antwort der Redaktion

Hallo Leslie,
wenn Käufer vor dem Versand widerrufen dürfen, dann erst recht auch während des Versandes.

In dem Fall kann noch erschwerend hinzukommen, dass sich der Shop den Vorwurf der Irreführung gefallen lassen muss, wenn beispielsweise die Rücksendeadress e in China liegt und darüber nicht transparent informiert wurde.

Im Allgemeinen kommt es bei der Kostentragung im Falle einer Annahmeverweige rung auch immer darauf an, wie die Kosten für den Widerruf in der Widerrufserklär ung geregelt sind. Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht regelmäßig bei einem ordnungsgemäßen Widerruf nicht.

Beste Grüße
die Redaktion
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#5 Keramikbrenner 2023-10-20 11:46
Guten Tag,
Ich habe einen Beispielfall.
Bestellbestätigung wurde am Mittwoch um 14:20 Uhr per Mail an Kunden zugestellt. Um 14:29 Uhr erfolgt am gleichen Tag der Widerruf des Kunden. Widerruf wird erst am Folgetag bearbeitet und um 8:41 Uhr wird dem Kunden mitgeteilt, dass Ware bereits versendet ist und Widerruf nun nur noch kostenpflichtig durch Annahmeverweige rung möglich ist.
Kunde ist nicht bereit, die Rücksendekosten zu tragen. Wie stehen die rechtlichen Chancen, dass Kunde die Kosten tragen muss.

Vielen Dank und viele Grüße

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Antwort der Redaktion

Hallo,

wenn die Sendung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht nachweislich auf dem Transportweg oder in der entsprechenden Bearbeitung war, muss der Kunde hat die Kosten im Regelfall nicht tragen.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#4 A.Z. 2023-10-10 07:46
Frage: angenommen die Ware ist noch nicht versendet und auch noch nicht beim Versanddienstle ister angemeldet und man Wiederkunft, kann der Händler dennoch die Ware versenden? Wie verhält es sich wenn der Versand trotzdem passiert ist, wenn die Annahme verweigert wird, das Paket aber immer wieder zurückkommt?

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Antwort der Redaktion

Hallo,

kommt der Widerruf noch vor Versand beim Händler an, sollte dieser die Ware nicht mehr versenden. Tut er es dennoch, kann das für den Händler negative Auswirkungen auf die Übernahme der Versandkosten haben. Immerhin war das Versenden unnötig. In der Praxis kommt es eher seltener vor, dass nach einer Annahmeverweige rung die Ware immer wieder neu versendet wird.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#3 D. C. J. 2023-08-04 09:19
Guten Tag und vielen Dank für die Erklärungen in dieser Sache.

Wie verhält es sich denn im Fall von Online-Auktione n (in diesem Fall nicht eBay sondern Auctionet, Kauf von einem gewerblichen Händler, bzw. Auktionshaus, reine Online-Auktion ohne Sallauktion)? Kann auch hier vor der Lieferung (und Bezahlung) widerrufen werden?

Ich bedanke mich im Voraus für Ihren Rat.

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Antwort der Redaktion

Lieber Leser,

wenn online etwas durch ein Unternehmen beispielsweise über Ebay an Verbraucher versteigert wird, steht diesen grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Dieses darf dann auch vor der Lieferung des ersteigerten Produktes erklärt werden.

Beste Grüße
die Redaktion
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#2 B. Hermann 2023-04-04 15:57
Kunde bestellt Ware und bezahlt mit PayPal. 10 Minuten später schickt er eine E-Mail, dass er
die Bestellung nicht mehr will. PayPal behält eine zwar geringe Gebühr für die Buchung aber
es sind dadurch denoch Kosten entstanden. Darf diese Gebühr vom Rückerstattungs betrag abgezogen werden?

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Antwort der Redaktion

Hallo,

bei einem Widerruf muss der komplette Kaufpreis inkl. Versandkosten erstattet werden.
Die angefallenen Gebühren dürftest du lediglich einbehalten, wenn du dem Käufer nachweisen könntest, dass er beispielsweise eine Schädigungsabsi cht hatte.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#1 Der Hotte 2023-03-17 17:55
Klare Sache, aber der Kunde erwartet bei vorzeitigem Widerruf dass die Ware auch zwingend zurückgehalten, also nicht versendet wird. Beispiel: wenn ein Käufer Sonntag etwas bestellt und am Montag um 11:45 Uhr den Widerruf ausübt, ist die Ware bereits verpackt und wird 12:00 Uhr mit mehreren Hundert weiteren Sendungen an DHL übergeben. Ist man als Händler verpflichtet, diese bereits verpackte Ware rauszusuchen?


Antwort der Redaktion:

Hallo der Hotte,

in diesem Fall ist es, wie so oft, eine Abwägungsfrage. Wenn es noch ohne großen Aufwand möglich ist, das Paket zurückzuholen, wäre es für alle Seiten klüger, das Paket nicht zu versenden.
Wäre der Aufwand allerdings unverhältnismäß ig groß und das Paket ist nicht mehr im Machtbereich des Verkäufers, dann wird es versendet und der Kunde muss ggf. für die Rückversandkost en aufkommen.

Viele Grüße
die Redaktion
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