Wir wurden gefragt: Was gibt es beim Werben mit Testimonials zu beachten?

Veröffentlicht: 01.02.2017 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 12.07.2017

Julia Kaiser ist 35, sieht top aus und ist mit dem Service des Online-Shops „super zufrieden“. Sie würde jederzeit wieder kaufen... Positive Feedbacks schaffen Kundenvertrauen und können das Geschäft ankurbeln. Testimonials sind dabei besonders wertvoll, da ihrer Aussage mehr Persönlichkeit zukommt. Ungünstig ist es nur, wenn Julia Kaiser gar nicht existiert.

Testimonial
© Dragon Images / Shutterstock.com

Wo Kunden glücklich sind, da kauft man selbst gerne ein. Schade nur, wenn Unternehmen, obwohl sie wahrscheinlich genug echte zufriedene Kunden haben, weitere hinzu erfinden müssen. Erst Mitte Januar wurde auf Gründerszene exklusiv über einen solchen Fall berichtet: Der Versicherungskonzern Allianz soll mit gefälschten Testimonials gearbeitet haben. Auf den Webseiten Coverion.com und Supersafe.com wurden mehrere Testimonials mit Name, Bild, Alter und Meinung verwendet. Auffällig ist nur, dass einige der Kunden scheinbar einen Zwilling haben – nur leider ist der noch nicht mal gleich alt...

Fotos aus Stockarchiven sind des Rätsels Lösung. Auf Nachfrage durch Gründerszene habe die Allianz X mitgeteilt, es sei aus datenschutzrechtlichen Gründen zu einer Änderung (sprich Anonymisierung) von Namen und Foto gekommen. Eine Täuschung steckt trotzdem dahinter. Was geht und was verstößt gegen das Gesetz?

Was sind Testimonials?

Große Plattformen arbeiten seit jeher mit Kundenbewertungssystemen und auch in Online-Shops sind die Bewertungstools (z.B. Käufersiegel-Kundenbewertung) kaum noch wegzudenken. Zur Intensivierung des positiven Eindrucks können sind jedoch Bewertungen, Erfahrungen und Meinungen anderer fern der anonymen Masse eines Bewertungssystems Gold wert.

Testimonials sind Einzelpersonen, die einer Werbebotschaft für ein Unternehmen oder ein Produkt bzw. einer Dienstleistung zu mehr Glaubwürdigkeit verhelfen sollen. Testimonials können dabei entweder berühmte Personen, nichtprominente Menschen oder sogar frei erfundene Avatare sein. Sie tauchen an verschiedenen Stellen auf: etwa als herausgestellte und personalisierte Kundenaussagen auf der Webseite oder in den sozialen Medien, Blogs und Co.

Testimonials zu Werbezwecken

Während die Handelsbehörde FTC (Federal Trade Commission) in den Vereinigten Staaten sogar „Guides Concerning the Use of Endorsements and Testimonials in Advertising“ (dt. Leitfäden zur Verwendung von Befürwortern und Testimonials in der Werbung) aufgestellt hat, müssen in Deutschland derzeit noch die allgemeinen Grundsätze des Werberechtes herhalten. Hier gilt es zunächst einen Blick auf die Regeln des Wettbewerbs zu werfen.

Die Mutter aller Abmahnungen ist demnach das Verbot irreführender Angaben. Jede geschäftliche Handlung muss wahr sein und darf weder unwahre Angaben noch sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthalten, die einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einem Vertragsschluss veranlasst, die er sonst nicht vorgenommen hätte. Ist Julia Kaiser tatsächlich gar nicht jung und gutaussehend, und so gebildet wie sie auf dem Foto aussieht, hätte sie möglicherweise weniger Kunden zur Bestellung animiert...

Werden Prominente (oder „Influencer“) als Testimonials eingesetzt, ist ihre Tätigkeit mir gekauften Bewertungen vergleichbar. Die Prominenten erhalten eine Vergütung oder Vergünstigung für ihren Einsatz. Sie werden also in jedem Fall geneigt sein, das Produkt, Unternehmen oder eine Dienstleistung in einem positiven Licht dastehen zu lassen. Ohne entsprechende Aufklärung (Hinweis „Werbung“ oder „unterstützt durch Produktplazierung“) steht hier schnell der Vorwurf der Schleichwerbung im Raum, der auch auf das Unternehmen dahinter zurückgeführt werden kann.

Gegen einen Avatar, der erkennbar nur virtuell existiert und bei der Einrichtung des Kundenkontos behilflich ist, sollte jedoch nichts sprechen.

Eigene Mitarbeiter als Testimonials

Testimonials müssen nicht teuer sein. Angestellte, die mit Leidenschaft bei der Arbeit sind, können ebenso gut als Fürsprecher für eine Ware oder Dienstleistung eingesetzt werden.

Bildnisse (z.B. Fotos oder Videos) von Arbeitnehmern dürfen grundsätzlich nur mit ihrer schriftlichen Einwilligung veröffentlicht werden. Eine ohne Einschränkung erteilte Einwilligung des Arbeitnehmers erlischt auch nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Sie kann aber widerrufen werden, wenn dafür ein plausibler Grund angegeben wird oder sich „die innere Einstellung des Betroffenen geändert hat“.

Bereits das Bundesarbeitsgericht entschied, dass ein Image-Video eines Unternehmens mit verschiedenen Mitarbeitern weiterverwendet werden darf, auch wenn einer der gezeigten Mitarbeiter nicht mehr im Unternehmen tätig ist (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2016, Az.: 8 AZR 1011/13). Hat der Mitarbeiter einmal die Erlaubnis zur Veröffentlichung der betreffenden Filmaufnahmen erteilt, wird sie mit dem Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht gegenstandslos. Erst recht nicht, wenn die Filmaufnahmen keinen individuellen Bezug zu der betreffenden Person haben und die Persönlichkeit eines Mitarbeiters in den Vordergrund rücken, sondern er lediglich zu Illustrationszwecken gezeigt wird.

Dienen die Aufnahmen der Darstellung von Arbeitsabläufen und der Präsentation des Betriebes kann man nicht von einem individuellen Bezug sprechen. Es müssen jedem Arbeitnehmer klar sein, dass solche Filmaufnahmen sehr kostenaufwändig sind und daher nicht im Rahmen einer üblichen Personalfluktuation ständig geändert bzw. neu erstellt werden können.

Ein Einverständnis des Arbeitnehmers damit, dass der Arbeitgeber auf seiner  Homepage ein Bild des Arbeitnehmers veröffentlicht, erlischt auch nicht aus sonstigen Gründen ohne Weiteres automatisch im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sofern der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich Gegenteiliges erklärt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Bild bzw. der Film reinen Illustrationszwecken dient und keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt transportiert (u.a. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.06.2010, Az.: 3 Sa 72/10).

Antwort: 

Ganz schön viel. Die Werbung mit Testimonials ist ein sehr weites Feld und bietet viel Sprengstoff für rechtlichen Ärger. Daneben kann ein noch viel größerer Schaden drohen: der des Imageverlustes, wenn die Testimonials erfunden sind.

Fakt ist: Menschen legen Wert auf die Urteile, Meinungen und Einschätzungen anderer Menschen. Sie wollen dabei jedoch nicht (mehr) an der Nase herumgeführt werden. Offene und ehrliche Kundenbewertungen und Kundenerfahrungen sind viel mehr wert als eine überzogene und realitätsferne Darstellung einer Idealperson oder gar eines Prominenten.

 

Kommentare  

#1 Patrick 2017-08-16 16:56
Wie immer ein sehr informativer Beitrag. Eine super Hilfestellung für unsere Testimonials auf famybox.de.
Zitieren

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.