Welche Risiken birgt ein Garagenvertrag?

Veröffentlicht: 26.03.2014 | Geschrieben von: Dominika Cieslak | Letzte Aktualisierung: 15.03.2016

Die Zustellung eines Pakets muss grundsätzlich vom Empfänger quittiert werden. Um auch bei Abwesenheit Pakete empfangen zu können, bieten viele Paketdienstleister eine „Erleichterung“ an: Der Kunde kann eine entsprechende Abstellgenehmigung erteilen, die vielfach auch als sog. „Garagenvertrag“ bezeichnet wird.

 Verlorenes Paket

(Bildquelle Verlorenes Paket: Akos Nagy via Shutterstock)

Die Idee klingt erst einmal ansprechend, insbesondere für werktätige Menschen, die tagsüber schlecht oder gar nicht zu Hause erreichbar sind. Aber wie sehen die rechtlichen Folgen solcher Vereinbarungen aus? Wir haben den Garagenvertrag etwas Näher unter die Lupe genommen.

Was ist ein „Garagenvertrag“?

Der Garagenvertrag stellt eine individuelle Vereinbarung zwischen dem Empfänger und einem Paketdienstleister dar, die diesen ermächtigt, das Paket auch bei Abwesenheit des Kunden an einen vorher durch den Käufer bestimmten Ort abzustellen, z.B. in einer nicht abgeschlossenen Garage. Deshalb wird diese Vereinbarung oftmals auch als „Garagenvertrag“ bezeichnet.

Der Zeitpunkt der Zustellung

Findet der Empfänger das Paket nach der Rückkehr in seiner Garage o.ä., ist dies unproblematisch. Streitigkeiten tauchen erst auf, wenn der Käufer feststellt, dass sich am vereinbarten Ort kein Paket (mehr) befindet. Denn beim Abstellen im Rahmen einer Abstellgenehmigung gilt das Paket als zugestellt, wenn es an der in der Erlaubnis angegebenen Stelle ordnungsgemäß abgestellt worden ist.

Der Gefahrübergang

Weiterhin stellt sich die Frage: Wer soll haften, wenn der Online-Händler zwar behauptet das Paket ordnungsgemäß verschickt zu haben, der Käufer jedoch der Meinung ist, die Ware nie erhalten zu haben?

Bei einem durch den Händler mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrag geht die Gefahr des zufälligen Untergangs (z.B. Verlust) und der zufälligen Verschlechterung (z.B. Beschädigung) stets erst mit Übergabe der Ware auf den Käufer über, s. § 446 BGB. Diese „Übergabe“ erfolgt grundsätzlich mit der Übertragung des unmittelbaren Besitzes an der Sache. Wurde ein Garagenvertrag vereinbart, kommt es aber zu keiner direkten Übergabe vom Verkäufer an den Käufer, weil die Sache schließlich an einem festgelegten Ort abgestellt wird.

Mit der Erteilung einer Abstellgenehmigung durch den Kunden soll das Ablegen der Sache am vereinbarten Ort jedoch als ordnungsgemäße Zustellung gelten (s.o.). Dies führt wiederum dazu, dass mit der Ausführung dieses Vorgangs die Gefahr auf den Käufer übergeht, ohne das er das Paket „in den Händen“ hält.

Beweislast und Rechtsfolgen

Sollte der Käufer nun behaupten, die Ware wurde nie ordnungsgemäß zugestellt, ergibt sich die Frage der Haftung des Online-Händlers für Verlust oder Beschädigung der Ware.

Der Verkäufer muss sicherstellen und beweisen, dass die Sache ordnungsgemäß zugestellt wurde. Aber wie kann bewiesen werden, dass die Ware tatsächlich in einer Garage oder im Garten abgestellt wurde und erst später verloren gegangen ist? Die Antwort lautet: nur schwer.

Da der Verkäufer das Risiko trägt, muss er im Zweifel den bereits beglichenen Kaufpreis zurückerstatten. Soweit der Kunde den Kaufpreis noch nicht bezahlt hat, kann der Händler diesen vom Kunden auch nicht mehr verlangen.

Dem Verkäufer bleibt dann unter Umständen die Geltendmachung von Regressansprüchen gegenüber dem Postdienstleister.

Die eigenhändige Zustellung

Im Endeffekt ist der Verkäufer von dem risikobehafteten Garagenvertrag betroffen, obwohl er gar nicht Partei dieses Vertrages ist und von dessen Abschluss durch den Kunden meistens gar keine Kenntnis hat.

Um wirklich sicher zu gehen, müsste er das Paket mit der Option „Eigenhändig“ verschicken, sodass dieses nur an den Empfänger oder eine von ihm bevollmächtigte Person persönlich ausgehändigt werden darf und mit dessen Unterschrift die Zustellung quittiert wird. Dies ist allerdings für den Verkäufer mit erhöhten Kosten verbunden.

Besonderheiten im B2B-Bereich

Anders stellt sich die Situation bei Verträgen zwischen zwei Unternehmern (B2B) dar. In diesen Fällen geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur oder dem Frachtführer übergeben hat. Geht die Sache in diesen Fällen nach der Übergabe der Ware an das Transportunternehmen verloren, verliert der Verkäufer seinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung nicht und der Verkäufer könnte den bereits bezahlten Kaufpreis behalten. Im B2B-Bereich wird der Verkäufer von dem Garagenvertrag nicht nachteilig betroffen.

Fazit

Ein Garagenvertrag kann eine Entlastung für den Kunden sein, weil er bei einer erwarteten Paketzustellung nicht unbedingt anwesend sein muss - vorausgesetzt, dass alles wie geplant läuft.

Der Garagenvertrag kann aber anstatt einer Erleichterung mehr Kummer und Ärger für den Händler bedeuten, wenn die Beweisbarkeit der Zustellung der Ware in Streit steht. Um eine für den Verkäufer günstige Beweislage zu schaffen, könnte der Verkäufer bei der Versendung die Zusatzoption „Eigenhändig“ anbieten. In der Praxis ist diese Methode jedoch mit zusätzlichen Kosten verbunden. Ob und für wen der Garagenvertrag am Ende tatsächlich eine „Erleichterung“ schafft, zeigt sich - wie so häufig - je nach Einzelfall sehr unterschiedlich.

Kommentare  

#9 Martin Gathmann 2020-11-09 17:19
Könnte ein Händler den Gefahrübergang durch den Garagenvertrag eventuell in den AGB erzwingen, indem er den Fall eines Garagenvertrags (den er ja nicht beeinflussen kann) explizit regelt?

"Wird die Lieferung gemäss einer Vereinbarung des Kunden mit dem Zustellunterneh men an Dritte oder an einen Abstellort ausgeführt, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Spediteur die Sache dem Bevollmächtigte n übergeben oder am vereinbarten Ort abgelegt hat."

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Antwort der Redaktion

Hallo,

eine solche AGB ist überflüssig, da der Gefahrenübergan g bereits im Gesetz geregelt ist. Die Gefahr der zufälligen Verschlechterun g geht dann auf den Verbraucher über, sobald das Paket wie gewünscht zugestellt wurde.

Die Probleme ergeben sich vor allem aus der Beweisbarkeit.

Mit besten Grüßen
die Redaktion
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#8 Redaktion 2014-04-03 16:27
Wenn der Kunde die Beschädigung der Sache behauptet, kann bei einem Vertrag über eine bewegliche Sache mit dem Verbraucher nicht die Regelung vom § 476 BGB vergessen werden.
Sofern sich der Mangel der Ware innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigt, trägt der Verkäufer die Beweislast dafür, dass die Sache mangelfrei im Zeitpunkt der Lieferung war. Diese, obwohl für den Händler frustrierende Regelung, kann nicht umgegangen werden.
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#7 Redaktion 2014-04-03 16:26
Liebe Leser,

vielen Dank für Ihre Fragen. Entscheidend ist hier die Frage wer die Beweislast dafür trägt, dass Paket ordnungsgemäß zugestellt wurde. Diese trägt im Verhältnis zum Verbraucher nach den geltenden Vorschriften der Online-Händler. Dies unabhängig davon ob ein Garagenvertrag vorliegt oder nicht. Auch bei der Ersatzzustellun g beim Nachbarn trägt der Händler die Transportgefahr.
Das bedeutet natürlich nicht, dass Online-Händler die Haftung für den Garagenvertrag trägt. Ihn obliegt es zu beweisen, dass die Ware ordnungsgemäß zugestellt wurde. Um sicher zu gehen, hat der Online-Händler die Wahl die Zusatzoption „Eigenhändig“ auszuwählen.
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#6 Frank Schultz 2014-04-02 19:48
Liebe Redaktion,

gibt es zu diesem - für den gesamten Onlinehandel äußerst brisanten - Thema bereits entsprechende Rechtsprechung? Mein Rechtsempfinden tendiert dazu, dass ein Vertrag (hier Garagenvertrag) des Kunden mit einem Dritten nicht in den Haftungsbereich des Händlers fallen kann. Gleiche Probleme ergeben sich dann ja auch bei der Annahme der Ware durch Nachbarn oder sonstige Personen.

Eine Regelung in den AGB dürfte auch problematisch sein, da der Händler sicherlich nicht festlegen kann, dass der Kunde Verträge mit Dritten schließt. Eine weitergehende Berichterstattu ng zu diesem Thema ist sicherlich wünschenswert.
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#5 Jan S. 2014-04-02 17:52
Auch für "Eigenhändig" gibt es eine (Extra-) Vollmacht!
Genauso können benachrichtigte Pakete von einem Bevollmächtigte n abgeholt werden.

Für Händler (Absender) ist es doch einfach, die ordnungsgemäße Zustellung zu beweisen.
Jeder Absender kann bei DHL, und Co. die Auslieferungssc hritte einsehen, und ggf. ausdrucken. Somit kann er beweisen, der Lieferdienst hat es per Ablagevertrag am vereinbarten Ort zugestellt.
Wenn jemand einen anderen bevollmächtigt, Sendungen annehmen zu dürfen, dann müsste die Haftung bei Verlust oder Beschädigung nicht mehr beim Händler/Absende r liegen.
Durch Vollmachten (egal ob in Steuer-, Pflege-, Rechts- und sonstigen Bereichen) werden die Aussteller vertreten.
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#4 Sigrid B. aus K. 2014-04-02 17:43
Vielen Dank für Ihre prompte Antwort!
Wie in dem Artikel jedoch deutlich zu lesen ist, kostet dieser Zusatz "Eigenhändig" mehr Geld beim Versand. Diese Mehrkosten mag weder der Kunde, noch der Händler tragen.
Außerdem ist es so, dass man als Händler nicht jeden Kunden vor dem Versand noch fragen kann, ob er einen Garagenvertrag mit "meinem" Versanddienstle ister abgeschlossen hat.
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#3 Redaktion 2014-04-02 16:36
Liebe Leser,

vielen Dank für Ihre Fragen. Wir verstehen, dass es für viele Online-Händler frustrierend sein kann. Als Online-Händler tragen Sie jedoch im Verhältnis zum Verbraucher dieses Risiko, was jedoch nicht bedeutet, dass Sie „für Nebenabreden zwischen Empfänger und Paketdienstleis ter haftbar gemacht werden“.
Sie könnten beim Versand die Zusatzoption „Eigenhändig“ auswählen, damit schaffen Sie für sich eine günstige Beweislage.

Die Redaktion
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#2 Sigrid B. aus K. 2014-04-02 16:21
Demnach sind wir als Händler gleich doppelt dumm dran.
Schickt mir mein Lieferant Ware, so bin ich derjenige, den es trifft, wenn die Ware entweder beschädigt oder gar nicht ankommt. Und andererseits würde ich dafür bestraft, wenn mein Kunde seine Ware nicht ordnungsgemäß bekommt, weil z.B. der Paketdienstleis ter Mist baut oder aber ein "böser Bube" sich an der abgestellten Ware bereichert.

Die Frage an den Händlerbund ist: Wie können wir als Händler uns dagegen schützen, nicht haftbar gemacht zu werden, wenn Kunden einen Garagenvertrag abgeschlossen hat und Ware entweder beschädigt oder gestohlen wurde?
Kann man dafür einen Passus in die AGB einbauen, welche auch vor Gericht Stand hält und welche nicht abmahnfähig ist???
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#1 Burkhard , Worms 2014-04-02 15:11
Es kann doch nicht sein, dass der Verkäufer für Nebenabreden zwischen Empfänger und Paketdienstleis ter haftbar gemacht wird. Zumal der Versender keine Möglichkeit hat dies im voraus festzustellen. Es betrifft ja auch Pakete, die auf diesem Weg beschädigt werden.

Wie sieht es mit einer Ergänzung der AGBs etwa so aus:
Für Nebenabreden zwischen Empfänger und Paketdienstleis ter kann der Versender nicht haftbar gemacht werden. Die Gefahr für Beschädigung und Verlust geht entsprechend der Nebenabreden auf den Empfänger über.
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