Rechtsschutz gegen negative Bewertungen

Veröffentlicht: 09.07.2014 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 09.07.2014

Händler gewinnen häufig den Eindruck, dass Kunden ihren ganzen Frust in einer negativen Bewertung loswerden wollen. Verdient haben es die meisten Verkäufer nach eigener Auffassung in den wenigsten Fällen nicht. Was können Verkäufer tun, die mit einer negativen Bewertung konfrontiert werden und dadurch nicht selten finanzielle Einbußen erleiden und mit einem Imageverlust kämpfen müssen?

Themenreihe 7Wie weit darf eine negative Bewertung gehen?

Zunächst einmal vorweg: Die Abgabe von negativen Bewertungen ist grundsätzlich erlaubt und Online-Händler müssen sich somit negative Bewertungen gefallen lassen. Dies ist ein Ausfluss der Meinungsfreiheit, die jedem zusteht. Doch auch Online-Händler brauchen sich negative Bewertungen nur begrenzt gefallen lassen, solange

die Bewertung keine unwahren Tatsachen enthält

und/oder

die Bewertung keine „Schmähkritik“ enthält, also Kritik, die gezielt herabwürdigen soll (z.B. Beleidigungen).

Weder eine unwahre Tatsachenbehauptung noch eine Schmähkritik sind, unabhängig vom konkreten Inhalt, noch durch die Meinungsfreiheit gedeckt und somit letztlich unzulässig. Freilich ist eine Abgrenzung im Einzelfall nicht immer leicht.

Negative Bewertung entfernen lassen – aber wie?

Eine negative Bewertung ist besonders ärgerlich, wenn sie ungerechtfertigt ist. Gerade wenn der Status des Händlers auf dem Online-Marktplatz von der Anzahl der positiven bzw. negativen Bewertungen abhängt. Doch viele Händler reagieren in diesen Fällen – ob verständlich oder nicht - zu unbedacht. Hier gilt zunächst: „Ruhe bewahren.“. Empfehlenswert ist, sich direkt und sachlich mit dem Käufer in Verbindung zu setzen und persönlich mit ihm eine Konfliktlösung zu suchen. Wie kam es zu der negativen Bewertung? Warum war der Kunde unzufrieden? Ist der Kunde mit seiner Bewertung über das Ziel hinausgeschossen, sollte im ersten Schritt der Kunde selbst zur Löschung der Bewertung aufgefordert werden.

Problematisch ist dies besonders, wenn es sich um einen anonymen oder pseudonymen Eintrag handelt. Ohne Kenntnis über die Kontaktdaten des Verfassers können keine weiteren Schritte gegen diesen eingeleitet werden. Der Bundesgerichtshof hatte vergangene Woche den Auskunftsanspruch eines Arztes gegen eine Internetplattform zurückgewiesen und die Anonymität der Verfasser gestärkt (Urteil vom 1.07.2014, Az.: VI ZR 345/13). Betroffene Händler müssen also bei anonymen oder pseudonymen Bewertungen den Umweg über eine Strafanzeige gehen, um so den Autor der negativen Bewertung ausfindig zu machen. Sind die Fronten zu verhärtet, kann im nächsten Schritt der Betreiber des Online-Marktplatzes zur Entfernung der konkreten Bewertung aufgefordert werden. Händler müssen dazu in Abhängigkeit vom jeweiligen Online-Marktplatz bestimmte Voraussetzungen (z.B. die Beachtung einer Frist) einhalten. So z.B. bei eBay hier.

Ist auch hier keine Hilfe in Sicht, beispielsweise weil der Online-Marktplatz keine Notwendigkeit zur Entfernung der Bewertung sieht, muss über weitere rechtliche Schritte nachgedacht werden. Den betroffenen Online-Händlern kann beispielsweise ein Unterlassungsanspruch gegen den Anbieter des Online-Marktplatzes zustehen, wenn dieser persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalte auf seiner Internetseite zur Verfügung stellt. Freilich kommt man hier nicht (mehr) ohne anwaltliche oder gar gerichtliche Hilfe aus. Schlägt die negative Bewertung derart um, dass der Händler letztlich einer Straftat verdächtigt wird (z.B. des Betruges), handelt es sich hierbei sogar um den Straftatbestand der üblen Nachrede, wenn die negative Bewertung geeignet ist, den Online-Händler „in der öffentlichen Meinung herabzusetzen“. Hier ist daher zusätzlich der Gang zur Polizei zu überlegen. Sogar Schadensersatzansprüche kommen in Betracht wie ein aktueller Rechtsstreit zeigt.

Beispiele aus der Rechtsprechung

Dass Händler nicht in jedem Fall Glück mit einem Vorgehen gegen eine negative Bewertung haben, belegt das Urteil des Landgerichts Köln. Die Aussage „miserabler Service“ in einem Bewertungsportal sei gewöhnlich von der Meinungsfreiheit gedeckt (Urteil vom 08.05.2013, Az.: 28 O 452/12). Freilich dürfen die Käufer mit ihren Aussagen nicht das Maß überspannen: Die Bewertung "VORSICHT!!!! beide Steuergeräte defekt Vorsicht lieber woanders kaufen!"  ist hingegen unzulässig (Amtsgericht Bonn, Urteil vom 09.01.2013, Az.: 113 C 28/12). Zwar dürfe der Käufer niederschreiben, dass die Ware defekt sei. Die Warnung ("Vorsicht") erwecke aber den Anschein, der Verkäufer habe absichtlich schadhafte Artikel geliefert und einen Umtausch verweigert. Dies sei jedoch hier nicht der Fall gewesen. Damit sei insgesamt eine unzulässige Äußerung anzunehmen. 

Diese Fälle zeigen, dass eine rechtliche Bewertung stets im Einzelfall getroffen werden muss.

Fazit:

Die Durchsetzung der Löschung der Bewertung gestaltet sich in der Praxis meist schwierig. So ist es erfahrungsgemäß schwer möglich, die Unwahrheit einer Behauptung zu beweisen. Die Online-Marktplätze haben strenge Standards und entfernen (negative) Bewertungen nur in Ausnahmefällen bzw. in besonders schwerwiegenden Fällen (z. B. strafbare Beleidigung). Erschwert wird die Durchsetzung der Löschung außerdem, wenn sich die Sitze der Betreiber von Bewertungsplattformen im Ausland befinden und auf die Hinweise der Online-Händler keine Reaktion erfolgt.

 

Erfahren sie mehr über das Handeln auf Online-Marktplätzen in unserer Themenreihe:

Teil 1 - Der Handel über Online-Marktplätze als Vorteil zum eigenen Online-Shop?

Teil 2 - Die Beachtung von Grundsätzen und Nutzungsbedingungen der Marktplätze

Teil 3 - Der Vertragsschluss auf einem Marktplatz

Teil 4 - Welche Rechtstexte sind beim Handel auf einem Marktplatz erforderlich?

Teil 5 - Was tun gegen die Vertriebsbeschränkungen der Markenhersteller?

Teil 6 - (Mit)Haftung der Online-Marktplätze für Rechtsverstöße der Nutzer

Teil 7 - Rechtsschutz gegen negative Bewertungen

Kommentare  

#4 Redaktion 2014-07-11 10:02
Liebe Frau Ehlert,

es muss dazu gesagt werden, dass jeder Marktplatz unterschiedlich mit negativen Bewertungen umgeht und letztendlich jeder Händler selbst über den eigenen Handlungsbedarf entscheiden muss. Wir bleuchten in diesem Artikel lediglich die rechtliche Seite und Marktplätze im Allgemeinen, nicht nur Amazon speziell. Die Ausganssituatio n sind zudem auch oft unterschiedlich und es muss für jeden Fall einzeln abgewogen werden, wie man sich verhalten sollte.

Die Redaktion
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#3 Redaktion 2014-07-10 14:47
Lieber Herr Kropp,

vielen Dank für die Anregung. Wir werden uns die Problematik auf jeden Fall genauer ansehen und sollte es das Thema hergeben auch bei Gelegenheit einen Artikel dazu veröffentlichen.

Die Redaktion
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#2 Caroline Ehlert 2014-07-09 16:53
Ich finde diesen Artikel extrem gefährlich und auch falsch. Es hat doch grade ein Amazonhändler sein Konto bei Amazon verloren, weil er rechtliche Schritte gegen einen Kunden vorgenommen hat. 30 Mitarbeiter mussten entlassen werden und von den Gerichts- und Anwaltskosten ganz zu schweigen.
Es ist überhaupt nicht so schwer sich gegen negative Kommentare zu wehren. Ist die Verkäuferbewert ung eine Produktbewertun g, braucht man nur das Portal mit der Löschung aufgrund eines Formfehlers beauftragen.
Grundsätzlich würde ich nicht selbst beliefern (nur FBA), weil alle negativen Verkäuferbewert ungen aufgrund fehlerhafter Versendung gelöscht werden.
Wenn dann doch mal eine negative Produktrezensio n verfasst wird, sollte man schauen ob man beim Bewerter ein Muster erkennen kann, das heißt er Jagd auf Konkurenz macht. Diese Verkäufer oder Rezensenten werden sofor gesperrt und die Produktbewertun gen gelöscht. Blos nicht zum Anwalt laufen!!
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#1 Klaus Kropp 2014-07-09 14:36
Hallo, es wäre ganz nett wenn der Händlerbund die Qype/ yelp Problematik aufgreifen würde. Hier ist es gelungen, Urteile gegen yelp zu gewinnen.
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