Lieferservice: Amazon stellt Pakete jetzt selbst zu

Veröffentlicht: 20.10.2015 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 22.06.2022

Amazon bedrängt in Deutschland nun auch die Paketdienste: Das Unternehmen hat gestern damit begonnen, im Großraum München selbst Lieferungen auszufahren. Diese Entwicklung betrifft schlussendlich auch den Online-Handel insgesamt.

 Paket-Zustellung

(Bildquelle Zustellung: Sean Locke Photography via Shutterstock)

Amazon wird zum Paketboten: Das US-Unternehmen stellt seit gestern Pakete im Großraum München selbst zu. Das habe Bernd Schwenger, Geschäftsführer von Amazon Deutschland Transport, laut VerkehrsRundschau bestätigt. Bereits im September wurde bekannt, dass das Unternehmen verstärkt in die Standorte München und Olching investieren wolle. Es wurde spekuliert, dass ab nächstem Jahr der Dienst Prime Now in der bayrischen Hauptstadt verfügbar sein könnte.

Die 6.000 Quadratmeter große Halle im Gewerbegebiet Geiselbullach (Olching) im Landkreis Fürstenfeldbruck, die Amazon angemietet hat, dient nun aber als Knotenpunkt für die Auslieferung der eigenen Ware. Laut VerkehrsRundschau sollen täglich Waren aus Graben dort angeliefert und anschließend von rund 200 Fahrern an die Kunden ausgeliefert werden. Eine eigene Lieferflotte will das Unternehmen aber nicht aufbauen. Schwenger zufolge arbeite man stattdessen mit regionalen Diensten wie Interkep, Liefery, Rico Logistics, Systemlogistik, Krae Transport und AZ Logistik zusammen.

Amazon schaut sich bereits weiter um

Amazon im Liefergeschäft – das ist eine Kampfansage an die bisherigen Logistik-Partner DHL und Hermes, über die das Unternehmen die Bestellungen ausliefern ließ. „Wir wollen wir ein regulärer Paketdienst arbeiten und bieten nun den gleichen Next-Day- und Same-Day-Delivery-Service, den DHL und Hermes heute schon für Amazon erbringen“, erklärt Schwenger ganz unverhohlen. In München-Ost soll Mitte 2016 ein weiteres Verteilzentrum eröffnet werden. Auch in Hamburg und Berlin schaue das Unternehmen sich bereits um.

Für die Paketbranche dürfte der Einstieg von Amazon beunruhigend sein. „Für die namhaften Paketdienste in Deutschland sind die Amazon-Ambitionen, als eigener Lieferdienst mitspielen zu wollen, sehr gefährlich“, meint Michael Lierow, Partner der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Jährlich werden rund drei Milliarden Pakete in Deutschland zugestellt und rund 500 bis 700 Millionen kommen allein von Amazon. Das entspricht einem Anteil von gut 16 bis 23 Prozent. Zudem rückt das Unternehmen mit der Position der Verteilzentren näher an den Endkunden, kann also schneller die Bestellungen zustellen – und hat bis zur Übergabe an den Kunden die Kontrolle, die das Unternehmen bisher an die Logistik-Partner abgegeben hat.

Auch Online-Händler betroffen

Das ist eine Entwicklung, die sich schließlich auch auf die anderen Online-Händler auswirkt: Wenn Amazon näher am Kunden sitzt und die Kontrolle nicht abgibt, kann das Unternehmen seinen Service schneller ausbauen und die Qualität besser sicherstellen. Amazon bedrängt damit also nicht nur die Logistik-Unternehmen in Deutschland, sondern verschärft wieder einmal die Konkurrenz zu den übrigen Online-Händlern, die nun auch bei der Service-Qualität in Sachen Logistik stärker gefordert sein werden. Und der Start von Amazon Fresh, Prime Now und Amazon Flex stehen hierzulande auch noch aus.

 

Update, 21.10.2015 10:35 Uhr

Eine Amazon-Sprecher erklärte OnlinehändlerNews gegenüber, dass das Unternehmen mit diesem Projekt nicht die Dienste der DHL, Hermes und anderer Logistik-Anbieter ersetzen wolle. Das könne Amazon Deutschland auch nicht stemmen, der neue Service sei vielmehr ein ergänzender Service zum bisherigen Liefer-Angebot.

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.