Kommentar: Jeff Bezos interessieren eure Proteste nicht

Veröffentlicht: 25.04.2018 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 25.04.2018

Jeff Bezos hat den Axel-Springer-Award für sein visionäres Unternehmertum erhalten und wurde von lauten Protesten empfangen. Bezos, der sowohl für Axel Springer als auch für die Demonstranten lediglich als werbewirksame Projektionsfläche herhalten muss, dürfte das ziemlich egal sein.

Jeff Bezos
© Axel Springer

Was ist das wieder für ein Gezeter. Jeff Bezos, der aktuell reichste Mann der Welt, ist auf Stippvisite in Deutschland, um sich den Axel-Springer-Award von Springer-Chef Mathias Döpfner übergeben zu lassen – weil er ein Vorbild für Unternehmertum ist, weil er vor fast 25 Jahren das Potenzial des Online-Handels erkannte und auch – Axel Springer ist schließlich ein Medienhaus – weil Bezos es geschafft hat, die Washington Post erfolgreich zu digitalisieren. So weit sind das ja durchaus nachvollziehbare Gründe.

Rampenlicht für Verdi und Nahles

Das Timing dieser Preis-Verleihung könnte allerdings für alle Beteiligten – außer vielleicht für Bezos selbst – kaum besser sein. Amazon-Mitarbeiter in Deutschland werden aktuell von Verdi regelmäßig zum Streik rekrutiert und Andrea Nahles wurde gerade mit „überwältigenden“ 66 Prozent zur SPD-Vorsitzenden gewählt. Sie muss liefern, da kommt der Amazon-Boss gerade recht. Bezos‘ „innovatives Unternehmertum“ zeige sich darin, dass er „Weltmeister im Steuervermeiden“ sei. Dass ein Tarifvertrag verweigert werde, „ist glaube ich nicht hinnehmbar und verdient auch keinen Preis“. Linken-Chef Dietmar Bartsch nennt es gar „Zynismus“.

Das sitzt. Direkt nach ihrer Wahl kann sich die neue Chefin der gebeutelten SPD als Schutzpatronin der armen Amazon-Arbeiter aufspielen und in Einklang mit Verdi vom Chef persönlich fordern, man möge doch vernünftig bezahlen. Da hört der endlich auch mal zu.

Einfach weglächeln, Jeff

Macht er natürlich nicht. Bezos packt die üblichen Phrasen aus, die ihm das PR-Team Deutschland aufgeschrieben hat, ist „stolz auf die Konditionen und Löhne in Deutschland“ und kritisiert seine Kritiker. Aber nur indirekt, man möchte schließlich keinen echten Shitstorm entfachen. Im Grunde aber sitzt Bezos einfach nur seinen PR-Pflicht-Termin ab, menschelt ein bisschen mit dem nicht unbedingt fürs Menscheln bekannten Döpfner und redet viel lieber über den Weltraum, als wirklich auf die halbherzig kritischen Fragen von Döpfner einzugehen, der sich wiederum insgeheim wahrscheinlich diebisch darüber freut, dass SPD und Gewerkschaften kostenlose Publicity für seine Preisverleihung beisteuern.

Seien wir doch mal ehrlich: Jeff Bezos ist der Boss eines der größten Unternehmen auf diesem Erdball, das weltweit 560.000 Mitarbeiter beschäftigt. Eine deutsche Gewerkschaft, die den Beweis des Erfolges ihrer Streiks bei Amazon weiterhin schuldig bleibt und eine SPD-Politikerin, die dringend positive Schlagzeilen braucht, um ihre Partei nicht in die Bedeutungslosigkeit „mitzuregieren“, tangieren diesen Mann nicht einmal peripher, auch wenn er das freilich in der Öffentlichkeit nicht zugeben würde. Ein Axel-Springer-Award im Übrigen ebensowenig. Das Einzige, was dieses Theater wieder einmal beweist, ist die Gier der Deutschen nach internationaler Prominenz, um sich selbst für ein Stück relevanter zu halten. Und das wirkt immer ein bisschen peinlich.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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Kommentare  

#1 Heidemann 2018-04-26 14:23
Jaa - soviel Einsicht und Politisches Verständnis - würde man auch den Händlerbund wünschen - wenn es darum ginge ,seine Mitglieder vor Abmahnungen ,DSGVO ,weitere neue Drangsalierunge n aus Bruxxxellless zu schützen - von den Globaldespoten A und E usw. rede ich schon garnicht mehr.
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